Fischer an Regierung: "Nicht unüberlegt drauflossparen!"
Katastrophale Auswirkungen auf die Lebenshilfe befürchtet Lebenshilfe-Österreich-Präsident Heinz Fischer durch den Radikalkurs der Bundesregierung. Die Abschaffung des Zeitungstarifes beim Postversand bedeutet eine Kostenexplosion um mindestens das 20fache. Fischer: „Wenn uns jetzt auch keine Zivildiener mehr zugeteilt werden, sind unsere knapp 500 Einrichtungen für mehr als 5000 Menschen mit geistiger Behinderung nicht mehr überlebensfähig!“
In Österreich leben etwa 50.000 Menschen mit geistiger Behinderung. Mehr als 10 Prozent von ihnen nehmen Dienstleistungen der Lebenshilfe-Landesvereine in Anspruch. Die Lebenshilfe ist damit die größte Trägerorganisation für diesen Personenkreis in Österreich.
Heinz Fischer: „Die Minister Schmid und Strasser sind sich offenbar nicht darüber im Klaren, was ihre Sparpläne für diese Menschen bedeuten: Verlust ihrer Wohnplätze und ihrer Beschäftigung. Und: Wenn wir unsere Einrichtungen schließen müssen, hat Österreich mit einem Schlag um mehr als 3.000 hochqualifizierte Arbeitslose mehr, für die es aber keine anderen Arbeitsplätze gibt.“
Ohne Zivildiener keine Behindertenbetreuung
„Zivildienstleistende sind ein unverzichtbarer Bestandteil unserer Organisation“, so Fischer. Mehr als 850 Zivildiener unterstützen das Personal in Werkstätten und Wohneinrichtungen. Die Finanzierung des Personals erfolgt in den Bundesländern über die Landesregierungen und nicht über das Bundesbudget. Fischer: „Die Verhandlungen mit den Ländern werden von Jahr zu Jahr härter. Fehlende Zivildiener müßten durch vollfinanziertes Personal ersetzt werden. Ob die Länder dazu bereit sind, wage ich zu bezweifeln.“
Ohne Zeitungen keine Spenden, keine Bewußtseinsarbeit
Die Lebenshilfe Österreich als Bundesvereinigung der Landesvereine gibt pro Jahr knapp 15.000,- Schilling für den Versand der Zeitung „Menschen brauchen Menschen … und Informationen“ aus. Bei einer Abschaffung des Zeitungstarifes im Postversand würde dieser Betrag auf etwa 300.000,- Schilling steigen. In dieser Rechnung noch nicht berücksichtigt ist der Versand von Landeszeitungen. Fischer: „Das ist absolut unfinanzierbar! Wir hätten überhaupt keine Chance mehr, unseren Spendern mitzuteilen, worin sie ihr Geld investieren.“
Die Zeitungen sind eines der wichtigsten Instrumente, um auf die Anliegen von Menschen mit geistiger Behinderung aufmerksam zu machen. „Wenn uns Schmid dieses Instruments beraubt, steht er im krassen Widerspruch zu seiner Ministerkollegin Sickl, die in ihrer Antrittspressekonferenz noch betont hat, wieviel Bewußtseinsarbeit für Menschen mit Behinderungen in Österreich notwendig ist.“
Weitere finanzielle Einbußen über Umwege befürchtet
„Noch ist nicht klar, was über Umwege alles auf Menschen mit Behinderungen und Trägerorganisationen noch zukommen wird,“ so Fischer. Jede weitere Nicht-Valorisierung des Pflegegeldes schränkt Menschen mit Behinderungen ein, Leistungen zu bezahlen. Auch innovative EU-Projekte im Behindertenbereich könnten gefährdet sein. „Für jeden Euro aus Brüssel brauchen wir eine Co-Finanzierung aus Österreich. Jeder gesparte Regierungsschilling bedeutet auch Euro-Einbußen,“ erläutert Fischer. Die Einsparung bei den Ermessensausgaben könnte die Lebenshilfe Österreich bei der Herstellung von pädagogisch wichtigen Publikationen und bei der Mitarbeiter-Fortbildung und in der Erwachsenenbildung für Menschen mit geistiger Behinderung treffen.
Einladung an die Minister
„Ich lade die Minister Schmid und Strasser und ihre RegierungskollegInnen herzlich zu einer Rundfahrt durch unsere Einrichtungen ein“, meint Fischer. „Die so oft zitierte soziale Treffsicherheit kann doch wohl nicht bedeuten, daß vor allem sozial bedürftige Menschen getroffen werden. Genau das wird aber passieren, wenn die Regierung weiterhin einfach drauflosspart.“