Menschen mit Behinderung stellen klare Forderungen an Politik und Wirtschaft: offener Zugang zur Berufsausbildung, freie Wahlmöglichkeiten am Arbeitsmarkt und bezahlte Arbeit für alle
Wie Inklusion im Arbeitsmarkt funktionieren kann, das zeigten am 23. April 2014 steirische Behindertenorganisationen auf eindrucksvolle Art und Weise: präsentiert wurden vier verschiedene Modelle – von integrativer Berufsausbildung über Begleitung und Mentoring in betrieblichen Arbeitsgruppen bis hin zu verschiedenen Ansätzen unterstützter Beschäftigung.
Die Forderungen der SelbstvertreterInnen sind seit Jahren dieselben und noch immer unerfüllt: Inklusion statt Ausgrenzung vom Arbeitsmarkt, Qualifikation und Arbeit statt Beschäftigungstherapie, Arbeitseinkommen statt Taschengeld.
Diese Forderungen wurden auch von Katrin Poleßnigg, Botschafterin für eine Steiermark ohne Barrieren, auf den Punkt gebracht: „In meinem Behindertenausweis steht: ich bin zu 100% behindert. Demnach könnte ich eigentlich gar nicht arbeiten. Aber ich arbeite und verdiene mein eigenes Geld. Alles andere wäre für mich unvorstellbar. Jeder hat das Recht auf bezahlte Arbeit.“
Die Unterscheidung in „arbeitsfähige“ und „nicht arbeitsfähige“ Menschen widerspricht dem Menschenrecht auf Arbeit
Im Rahmen einer Novelle zum Stmk. Behindertengesetz möchte sich das Land Steiermark in Zukunft von Unterstützungen für die berufliche Integration „arbeitsfähiger“ Menschen mit Behinderung verabschieden. Dafür sei der Bund zuständig.
Marianne Schulze, Vorsitzende der Monitoringausschusses, meinte dazu: „Aus der UN-Behindertenrechtskonvention geht klar hervor: Jeder Mensch hat ein Recht auf existenzsichernde Arbeit, egal wie viel er zu leisten imstande ist. Das Grundrecht auf Arbeit findet in Österreich aber leider wenig Beachtung. Das zeigt sich auch darin, dass es für Menschen mit Behinderungen kaum gewerkschaftliche Vertretungen gibt.“
Der 1. Mai muss auch für Menschen mit Behinderung zum „Tag der Arbeit“ werden!
In einer Woche wird wieder in aller Welt der 1. Mai als internationaler Tag der Arbeit gefeiert. Von der Arbeitswelt bleiben indes viele Menschen mit Behinderung nach wie vor ausgeschlossen – und haben daher wenig Grund zu feiern.
„Es ist höchst an der Zeit, dass der 1. Mai auch von Menschen mit Behinderung als Tag der Arbeit gefeiert werden kann.“, forderte Thomas Driessen, Vorsitzender der Steirischen Behindertenhilfe im Rahmen der Fachkonferenz. „Dafür müssen der Bund und das Land ihre Maßnahmen besser koordinieren, damit alle Menschen mit Behinderung ihr Recht auf Arbeit einlösen können.“
Zahlen und Fakten zur Beschäftigungssituation von Menschen mit Behinderung
- Die Beschäftigungsquote für Menschen mit Behinderung beträgt europaweit nur etwa 45 Prozent, in Österreich auch nur knapp 50%. Das heißt: Nur jeder zweite Mensch mit Behinderung hat eine bezahlte Arbeit;
- Die Arbeitslosigkeit von Menschen mit Behinderungen ist im März 2014 gegenüber dem Vorjahr um fast 30% gestiegen. Menschen mit Behinderungen sind öfter und länger arbeitslos als andere und weit stärker von Armut betroffen;
- Seit Jahren kommt nur rund ein Viertel aller Betriebe seiner Beschäftigungspflicht nach dem Behinderteneinstellungsgesetz nach – Tendenz rückläufig;
- noch immer arbeiten tausende Menschen in Tageswerkstätten ohne Sozialversicherung für ein Taschengeld von 60 pro Monat.