Fachtagung „Wege zum selbstbestimmten Leben“

Am 10. November 2017 fand in den Räumlichkeiten des ÖGB im Veranstaltungszentrum Catamaran in Wien eine Fachtagung statt. Veranstalter waren die Länder Steiermark, Oberösterreich und Wien, sowie das Sozialministeriumservice, der Behindertenrat und die Behindertenanwaltschaft.

Fachtagung Wege zum selbstbestimmten Leben
Österreichischer Behindertenrat

Nach einer Begrüßung berichteten Behindertenanwalt Hansjörg Hofer, die Vertreterinnen und Vertreter der drei Bundesländer und Herbert Pichler über ihre Zielsetzungen und die Entwicklungen in diesem Bereich.

Im Mittelpunkt stand die Sichtweise von Selbstvertreterinnen und Selbstvertretern zum Thema. Sie berichteten in Workshops über ihre persönlichen Wege in ein Selbstbestimmtes Leben und tauschten mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern Erfahrungen aus.

Pressekonferenz

Im Rahmen der Fachtagung fand auch eine Pressekonferenz statt. Hansjörg Hofer betonte, es brauche dringend politische Anstrengungen, um das Bild von Menschen mit Behinderungen zu verändern. Es gehe darum, die Fähigkeiten, Fertigkeiten und Stärken zu sehen.

Neben der Bewusstseinsbildung sind Barrierefreiheit und De-Institutionalisierung für ihn zentrale Themen. Menschen mit Behinderungen sollen selbst entscheiden können, wo und in welcher Form sie leben wollen. In diesem Zusammenhang verweist er auf die Tatsache, dass es immer noch Einrichtungen für über 100 Menschen auf der „grünen Wiese“ gebe. Das müsse sich ändern. Er setze sich für einen inklusiven und partizipativen Weg ein.

Regina Geiger von der Fachabteilung Soziales und Arbeit des Landes Steiermark hält fest, dass Inklusion eine Querschnittsmaterie ist. Sie unterstreicht daher, dass nicht nur das Sozialresort zuständig ist. „Man muss der Verschiedenheit gerecht werden“, meint sie und betont: „Flexibel muss nicht teuer sein!“ Aus ihrer Sicht ist die Partizipation von Betroffenen und Angehörigen wichtig. Das Land Steiermark möchte durch eine zentrale Anlaufstelle auch den bürokratischen Aufwand für Menschen mit Behinderungen verringern.

Für das Land Oberösterreich nahm Renate Pilz von der Abteilung Soziales an der Tagung teil. In Oberösterreich ist man gerade dabei, Großheime in kleinere Einheiten umzubauen. Es sei wichtig, „Lernmöglichkeiten für ein Selbstbestimmtes Leben“ zu schaffen. Zum Beispiel habe man „Begleitetes Wohnen“ für einen Übergang von Vollbetreuung in Teilbetreuung eingeführt. Im „Probewohnen“ haben Betroffene die Möglichkeit, nach bis zu vier Wochen in Vollbetreuung zurückzukehren. Diese Leistung sei als Sicherheitsnetz gedacht.

Robert Bacher vom Fonds Soziales Wien berichtet ebenfalls über unterschiedliche Initiativen des Landes. Vollbetreuung wird nicht mehr ausgebaut, für Teilbetreuung sind über 160 neue Plätze geschaffen worden, betont er. Bacher berichtet von Schnupper-WGs und Garconieren-Verbünden, sowie Pilotprojekten in den Bereichen Wohnen und Selbstvertretung.

Wichtig sei auch die Unterstützung, um aus Einrichtungen ausziehen zu können. Robert Bacher hielt fest, dass es um eine Vermischung gehe. Deshalb soll es auch WGs für Menschen mit und ohne Behinderung geben.

Bacher unterstützt die Forderung nach einem Inklusionsfonds und Trainings zur Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel. Wichtig ist ihm die Feststellung, dass eine gute Infrastruktur notwendig ist. Die Wohnungen müssen leicht erreichbar sein.

Aus Sicht von Herbert Pichler ist ein Inklusionsfonds eine kluge Investition. Außerdem betont Pichler die Wichtigkeit einer bedarfsgerechten, bundesweiteinheitlichen Persönlichen Assistenz für alle Menschen mit Behinderung als Voraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe.

Fachtagung Wege zum selbstbestimmten Leben
Österreichischer Behindertenrat

Ermutigende Aufbruchsstimmung und ernüchternde Wortmeldungen

Bei aller positiver, ermutigender Aufbruchsstimmung, die solche Tagungen auslösen, ist auch eine der letzten Wortmeldungen aus dem Publikum erwähnenswert. Sie hielt fest, dass sie schon an vielen positiv stimmenden Veranstaltungen teilgenommen habe. Die Forderungen seien aber über die Jahre nahezu die gleichen geblieben.

Im Rahmen der Pressekonferenz gab es allen Ernstes die Frage: „Was machen wir mit den Schwerstbehinderten, die einfach nicht in die Gesellschaft inkludierbar sind? Ich meine die, die uns am meisten kosten.“ Diese Aussage ließ zum Glück nicht alle Anwesenden sprachlos zurück.

Robert Bacher mahnte ein: „Wir müssen als ersten Schritt unbedingt auf eine sensible, respektvolle Wortwahl im Zusammenhang mit Menschen mit Behinderungen achten!“

Video von der Fachtagung

Hier beginnt der Werbebereich Hier endet der Werbebereich
Hier beginnt der Werbebereich Hier endet der Werbebereich

Hinterlassen Sie einen Kommentar

Die Kommentarfunktion für diesen Artikel ist abgeschalten.

Ein Kommentar

  • ….. auf der „grünen wiese“ 😞 ?