Falter deckt auf: Chat-Protokolle der ÖVP-nahen Aktionsgemeinschaft schockieren

In „geheimen“ Chatgruppen posten sie rassistische, sexistische und behindertenfeindliche Bilder und Kommentare.

Ausschnitt Falter: Spott gegen Behinderte, Frauen und Juden
Falter

Wenn man den ausführlichen Falter Artikel von Nina Horaczek für die Ausgabe Nr. 19 (Seite 16-18) vom 10. Mai 2017 über das Chatverhalten einiger Funktionäre der Aktionsgemeinschaft am Wiener Juridicum liest, könnte man meinen, es handele sich um einen Bericht über die Neo-Nazi Szene.

Tatsächlich handelt es sich aber um Mitglieder der ÖVP-nahen Aktionsgemeinschaft. In „geheimen“ Chatgruppen posten sie rassistische, sexistische und behindertenfeindliche Bilder und Kommentare.

Eine Entgleisung auf allen Ebenen, die kaum zu überbieten ist

Das sind die in der geschlossenen Facebook-Gruppe „FVJUS Männerkollektiv“ und in What´s App geposteten Bilder und Nachrichten. Eines der Bilder zeigt zum Beispiel einen Aschehaufen daneben eine Rose, darüber steht die Überschrift „Leaked Anne Frank Nudel “ –  zu deutsch „durchgesickert Anne Frank nackt“.

Ein anderes zeigt ein manipuliertes Hitlerbild mit dem Kopf eines Studenten darunter der Aufruf „Wollt ihr die totale Studienplanreform?“ – eine Anspielung auf Goebels Aufruf zum totalen Krieg.

Dieser schamlose Umgang mit dem Nationalsozialismus und seinen Opfern ist nicht das einzige, was sich die Studenten herausnehmen, auch Menschen mit Behinderungen werden mit Spott und geschmacklosen Witzen bedacht. So sieht man auf einem Bild einen Mann mit Lernschwierigkeiten. Darunter steht „Poseidown“, eine Anspielung auf die Bezeichnung Down Syndrom. Die Liste der menschenverachtenden Posts und Kommentare ließe sich leider noch fortsetzen. Das waren nur einige der extremsten Beispiele.

So etwas darf nicht geduldet werden

Martin Ladstätter, Obmann von BIZEPS, ist empört und fordert: „Diese Menschenverachtung und verbalen Gewaltakte sind für mich kaum zu glauben. Dass sich ÖVP nahe ÖH-Funktionäre so verhalten, darf nicht geduldet werden. Hier muss ein klares Zeichen von Seiten der ÖH und auch der ÖVP gesetzt werden. Das Internet ist kein rechtsfreier Raum, auch hier gelten Menschenrechte und Diskriminierungsverbot.“

Die Beteiligten schweigen, die Rest distanziert sich

Die Chatprotokolle, die dem Falter kurz vor den ÖH-Wahlen zugespielt wurden, könnten bei der Hochschülerschaft für große Unruhe sorgen. Denn laut Falter zählen bekannte Studentenpolitiker zu den Gruppen, die zum Teil hohe Funktionen in der ÖH innehaben. Da es sich um What´s App Nachrichten und eine geschlossene Facebook-Gruppe handelt, dürfen die Namen der Beteiligten nicht offengelegt werden.

Der Falter versuchte mehrmals eine Stellungnahme der beteiligten Personen zu bekommen. Diese aber schwiegen. Einzig und allein ihr Rechtsvertreter meldet sich mit dem Hinweis, dass die Chats privat seien und man sie nicht veröffentlichen dürfe.

Valentin Petritsch, Sprecher der Aktionsgemeinschaft sagte gegenüber dem Falter, dass dieses Verhalten nicht mit den Werten der Aktionsgemeinschaft vereinbar sei und dass man den Austritt aller Beteiligten fordere. Nico Marchetti, Chef der jungen ÖVP Wien, bezeichnet die Postings als widerwärtig. Er grenzt sich aber gleichzeitig ab und meint, dass es sich um einen Skandal der Aktionsgemeinschaft handele.

Update: Die AktionsGemeinschaft verspricht Aufklärung; die ersten Konsequenzen werden gezogen.

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8 Kommentare

  • Hoffen kann man lange, die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Aber sie stirbt auch, das muss gesagt sein.

    Wer will, kann sich ja per Google informieren. Ein Bisschen 2 und 2 zusammenzuzählen schadet auch nicht.
    Natürlich wird kaum jemand schreiben, dass die Uni Wien und insbes die Juristen ein großes Problem mit bestimmten Minderheiten haben. Unter Umständen könnte die Universität dagegen vorgehen.
    Trotzdem lasse ich mich nicht von eindrucksvollen Worten und Ausstellungen beeindrucken. Für mich zählt eben nur, wie sehr die Universität genannte Minderheiten integriert.

    • Jus Studenten ist spätestens ab dem dritten Semester, was Wiederbetätigung ist.

      Ich bin kein Jurist, aber solche Äußerungen gehören in die Hand des Staatsanwaltes. Wer hier die Initiative ergreifen müsste, weiß ich nicht, auch wenn ich wieder auf Facebook noch sonst einen sogenannten „sozialen“ Netzwerk, weil ich weitgehend nur schlechtes und dummes höre darüber, wer immer Zugang zu diesen Äußerungen hat, möge das zur Anzeige bringen. Mehr kann ich dazu nicht sagen.

      Oder doch: mir graust, graust, graust vor solchen Mitbürgern. Mir graust vor einer Partei, die solchen Nachwuchs hervorbringt.

  • Ich finde das einfach widerlich, diese Menschenverachtung auf allen Ebenen!
    Wenn man bedenkt, dass solche Leute vielleicht einmal Recht sprechen werden, das macht mir wirklich große Angst. Tatsache ist, dass es am Juridicum eine vergleichsweise hohe Zahl von Studierenden mit Behinderungen gibt, was offenbar bestimmte Personengruppen so sehr zu stören scheint, dass das zu so massiver Behindertenfeindlichkeit führt.

    Ich hoffe sehr, das nicht nur die Hochschüler_innenschaft sondern auch die Universitätsleitung dieser Sache wirklich auf den Grund geht. Die Universität Wien deshalb unter Generalverdacht zu stellen, wie das in manchen Kommentaren anklingt, zeigt auch nicht gerade von besonderer Differenziertheit.

  • @Kornelia
    Ja, das Juridicum ist konservativ und teilweise rechts gefärbt, ja. Aber das Juridicum ist ein eigener Bereich innerhalb der UNi Wien: der Großteil der Studenten sehen das Juricidum nur von außen, ergo studieren etwas anderes und haben auch einen anderen politischen Hintergrund. Deswegen kann man das Juridicum nicht mit der gesamten Uni Wien gleichsetzen, wie Yasemin implizit andeutete.
    @Yasemin Das mit den behinderten Mitarbeitern gilt für alle Unis in Österreich. Ad Antisemitismus und Uni Wien – siehe hier: http://geschichte.univie.ac.at/de/artikel/denk-mal-marpe-lanefesch

  • @Sehr geehrter Herr Müllner,
    wenn man etwas nicht sehen möchte, ist klar, daß solche Antwort. wie die Ihre kommen. Ich war jahrelang am Juridicum, und habe immer wieder einschlägige Tendenzen beobachten können.

  • Tatsache ist, dass die Uni Wien eine Hochburg des Antisemitismus war und es mit der Aufklärung nicht eilig hatte.
    Mittlerweile gibt es die eine und andere Prunkvolle veranstaltung, aber leider, zumindestens am Juridicum, kaum wissenschaftliche Mitarbeiter mit Behinderung.
    Die Situation der Juden kann ich nicht beurteilen.
    Blinde Richter sind zurecht ein Thema. Aber könnten blinde auch Professoren am Juridicum werden?

  • Wer die Uni Wien kennt, wird darin nur die Spitze des berühmtberüchtigten Eisbergs sehen. Alle anderen können weiterhin an einen bedauerlichen Einzelfall glauben.

    • Was für unfundierter Kommentar. Ich weiß nicht, ob Sie an der Uni Wien studiert haben. Ich kenn die Uni Wien, als Student und Absolvent: was immer Sie da behaupten mögen, ist völlig absurd.