Feed zum Tweet

"In der Kürze liegt die Würze", heißt ein beliebtes Sprichwort. Bis vor kurzem wäre ich nie auf die Idee gekommen, diese Allerwelts-Weisheit gerade auf Twitter anzuwenden. Dabei ist es doch so naheliegend.

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Twitter

Kurz gezwitschert steht die Aussage dieses Beitrags im Titel, wenn dieser auch nur die beiden letzten Stationen einer langen Entwicklung ansprechen. Aber Twitter bietet ja 140 Zeichen, also erweitere ich die Aussage:

Vom gedruckten zum digitalen Text > zum Online-Artikel > zum Blog-Eintrag > zum Kommentar > zum RSS-Feed > zum Tweet.

Ist Ihnen das zu kurz und zu wenig verständlich? Dann lesen Sie weiter.

Am Anfang war das Buch

Es ist schon eine ganze Weile her, aber es gab einmal eine Zeit ohne Internet. Mein Lesestoff bestand damals nahezu ausschließlich aus Büchern: Büchern in Blindenschrift und solchen auf Tonträgern.

Dann kam die Zeit meines ersten PCs und damit die ersten digitalen Texte – meist wenig spannende Handbücher irgendwelcher PC-Programme und ganz sicher kaum etwas für pures Vergnügen oder Freizeit.

Der Einstieg ins WWW

Noch unter DOS mit Lynx und dem Nettamer durchstöberte ich Anfang der 90er Jahre die Beginne des Webs. Da gab es wenig Text, aber bereits viel Verlinkung.

Später wurden die Texte länger, ja sogar viel länger, und die Publikationen vervielfachten sich. Eine schiere Text-Flut brach über mich herein, während ich bisher unter akuten Zugangsproblemen zu Gedrucktem zu leiden hatte. Da die Texte oft schwer zu finden und obendrein kaum strukturiert waren, war eine Selektion für mich und meine Screen Reader äußerst schwierig, manchmal auch frustrierend.

Auf dem Weg zur Reduktion

Wenn auch nicht immer übersichtlich und optimal zugänglich, so bot die beginnende Ära der Blogs doch eine Art einheitliches Erscheinungsbild – zumindest hinsichtlich Struktur.

Eine weitere Gemeinsamkeit der meisten Blogs (auch hier gab und gibt es natürlich Ausnahmen) ist die Kürze vieler Einträge und die Präsentation nur eines Gedankens. Also eine Art Reduktion oder Komprimierung, vielleicht auch nur Separierung. Denn während ausführliche Abhandlungen viele Gedankengänge beinhalten und in großen Zeitabständen veröffentlicht werden, erscheinen Blog-Einträge in kurzem zeitlichen Abstand und mit nur jeweils einem Hauptgedanken, was eine gute Themenübersicht ergibt: Information häppchenweise.

Es geht noch knapper

Ebenfalls aus der Blogger-Szene kommt der RSS Feed, bei dem nur noch die Schlagzeilen ausgeliefert werden und es dem Leser überlassen bleibt, ob er mehr lesen möchte. Ich frage mich heute oft, wie ich in der Prä-Feed-Ära mein Leseverhalten organisiert habe – ich kann mich nicht erinnern.

Und was – bitte – ist das Gezwitscher denn anderes als eine Anhäufung von Schlagzeilen im ursprünglichsten Sinn des Wortes, nämlich Schlag auf Schlag?

Reduktion bis zum Exzess

Mit den Feeds erhielt ich eine auf meine Interessen zugeschnittene Möglichkeit, Webseiten nach Themen zu selektieren. Meine Interessen sind vielseitig und die Zeit, die ich dem Lesen widme, natürlich limitiert.

Seit ich das Gezwitscher zumindest überfliege, bin ich unerwartet auf etliche „Perlen“ gestoßen, die mir ganz sicher entgangen wären, würde ich mich auf meine bisherigen Möglichkeiten beschränken. Hier ein paar Beispiele, die vielleicht auch Sie lesenswert finden:

Auf Verknappung umgestiegen?

Nein, ich werde künftig nicht alle meine Informationen aus dem Gezwitscher herausknobeln. Ich bin ein Freund der deutschen Sprache und mein Bedürfnis nach wohl formulierten Sätzen, die sich harmonisch aneinander reihen, ist einfach zu groß, um auf Dauer mit der Gewalt leben zu können, die man unserer schönen Sprache antun muss, um ihr ein Korsett von 140 Zeichen anzulegen und dennoch genügend auszusagen.

Aber auch ich habe nach gründlicher Prüfung erkannt, dass ich gerne ein paar Rosinen in meinem Kuchen haben möchte. Und die liefert mir Twitter ins Haus. Welche Nutzungsmöglichkeiten ich mit einem Screen Reader habe und wie ich aus dem Schwarm die für mich wichtigen Singvögel und das schönste Gezwitscher heraussuchen kann, erzähle ich ein anderes Mal.

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