Finanzministerium verhindert Barrierefreiheit

Im Arbeits- und Sozialgericht (ASG) in Wien werden im Jahr 21.000 Verfahren durchgeführt. Zwei Drittel davon sind Sozialrechtsfälle wie beispielsweise Pflegegeldverfahren. Doch das Gericht ist nicht barrierefrei - den Beteiligten ist das bekannt.

Arbeits- und Sozialgericht Wien
Frey, Mag. Volker

Pepo Meia berichtete Mitte August von einem Vorfall im ASG, bei dem ein Rollstuhlfahrer durch die fehlende Barrierefreiheit des Gerichts diskriminiert wurde.

Trotz Gleichstellungsgesetz aus dem Jahr 2006 sind keine grundlegenden Verbesserungen durchgeführt worden, weil zwischen Justiz- und Finanzministerium keine Einigung über die weitere Vorgangsweise getroffen werden konnte.

Diskrimierung unbestritten

Die fehlende Barrierefreiheit des ASG ist allen Beteiligten bekannt. „Es gibt leider immer wieder Probleme in diesem Zusammenhang“, hält die Rechtsanwältin von Pepo Meia in der ORF-Sendung „Bürgeranwalt“ vom 11. September 2010 fest.

„Wir sind voll geständig. Wir haben eine ganze Anzahl von Sälen, die nicht barrierefrei sind“, gibt Mag. Günter Kegelreiter, Richter und Mediensprecher des Arbeits- und Sozialgerichts, unumwunden zu und erzählt, dass immer wieder Verhandlungen in den Gängen stattfinden müssen, weil gehbehinderte Menschen es nicht in den Gerichtssaal schafften.

Das alte Gebäude hat viele Niveauunterschiede und daher viele Stufen. Es ist kaum zu adaptieren. Daher plante man, in einen Neubau umzuziehen.

Kein Geld vom Finanzministerium bewilligt

Behinderte Menschen stehen daher häufig vor Barrieren. „Dem Justizministerium ist das seit langem bekannt“, erläutert Kegelreiter und berichtet, dass das Ministerium einen Neubau befürwortet, doch das Finanzministerium hatte dies im Frühjahr 2010 abgelehnt.

Daher plane man derzeit eine Generalsanierung und man hoffe, dass dieser „Plan B“ nicht wieder an einer Finanzierung scheitert. Für die Justiz stünden einfach keine Finanzen zur Verfügung, ist dem ORF-Bericht zu entnehmen.

Kleine Adaptierungen geplant

Nun werde man noch heuer einige Räume umbauen, kündigte der Präsident des Oberlandesgerichts Wien, Dr. Anton Sumerauer, im Studiogespräch an. Weiters werde man einen Zeitplan erstellen. Die Untersagung des Umzuges in einen Neubau bedauerte er sehr. Das Finanzministerium habe die jährlichen Mehrkosten für die Miete in der Höhe von 1,3 Millionen Euro abgelehnt.

Laut Behindertengleichstellungsgesetzes muss das Gericht bis spätestens 2016 barrierefrei zugänglich sein. Nicht nur Volksanwältin Dr. Gertrude Brinek befürchtet, dass die Umbaumaßnahmen nicht rechtzeitig fertig werden.

Pepo Meia erinnerte, dass seit 1997 in der österreichischen Bundes-Verfassung in Artikel 7 ein Diskriminierungsverbot steht und im Jahr 2010 noch immer über Barrieren wie jene im ASG diskutiert werden muss.

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0 Kommentare

  • @anonym: Nicht alle „Behindertenvereine“ haben es verabsäumt, in der Gesetzfindungsphase klar Stellung zu beziehen. Leider wird nur eine gehört und das ist die ÖAR. Schon mal den Ausspruch gehört: Die Hand die einem füttert, beißt man nicht. Ich denke, es wäre schon noch ein bisserl was gegangen. Das Bundes-Beh.Gleichstellungsgesetz ist zahnlos und definiert einige Gebiete überhaupt nicht, weil dafür der Bund nicht zuständig ist. JedeR, der andere „anprangert“, hat die Möglichkeit mitzuhelfen, dass Besseres daraus wird. Nur gemeinsam sind wir stark!

  • Das Gesetz hat meiner Meinung nach auf der Bewußtseinsebenen durchaus positive Effekte gehabt und auch im Bereich der Schlichtungen gibt es zum Teil erfreuliche Ergebnisse.
    Allerdings muss man ehrlicherweise sagen, dass die Bauordnungen – vor allem in Wien – sicher der entscheidende Punkt sind, wenn barrierefrei gebaut wird. Das Bundesbehindertengleichstellungsgesetz sollte dramatisch verschärft werden! All die Zähne, welche die WKO dem Gesetz gezogen hat, gehören wieder hinein, damit das Gesetz wirklich flächendeckend umgesetzt wird. Das das Gesetz zuwenig Wirkung erzielt, zieht man auch daran, dass es kaum Klagen gibt.

  • @Martin Ladstätter: Sehe ich genauso! Ich denke, dass Behindertenvereine immer wieder denselben Fehler machen. Um doch ein ein wenig zu bekommen, ist man bereit, sehr großzügige Konzessionen zu machen. Man hofft darauf, dass man sich doch daran halte werde! Wenn dem so wäre, dann könnte man auch in allen anderen Bereichen auf Sanktionen, Beseitigungen und Klagen verzichten. Die Sanktionsbeträge sind dermaßen gering, das schreckt doch keine große Konzerne oder Institutionen. Im Kern geht es aber um die Abhängigkeit von Geldgebern. So lange die Braven finanziell wesentlich besser gestellt werden, wird sich für Betroffenen nichts Wesentliches verändern.

  • @anonym: Ja, sehe das mit dem Gleichstellungsgesetz auch so. Es hat im Baubereich völlig versagt und konnte auch nicht wirklich etwas bewirken. Uns war das schon in den Verhandlungen klar und wir haben das immer angemerkt. Aber die Verhandler vom Sozialministerium und die ÖVP bestritten das immer vehement.

  • Damit werden die Schwächen des Bundes Behindertengleichstellungsgesetz wieder einmal offenbar. Wenn man Fristen nicht einhalten wird, wird genau nichts passieren.

  • Ich erlaube mir an dieser Stelle, die Stellungnahme des Finanzministers gleich vorwegzunehmen: „Die Behinderten müssen halt braver werden, dann brauchen sie nicht so viel Gericht.“