Ein Bericht von Francoise Letroite für kobinet.
Die französische Nationalversammlung verabschiedete am 3. Februar 2005 ein Gleichstellungsgesetz, dessen Entwurf zusammen mit den Verbänden der Betroffenen im Europäischen Jahr der Menschen mit Behinderungen erarbeitet worden war. Die zuständige Staatssekretärin Marie-Anne Montchamp, die das Amt vom Madame Boisseau und damit die Verantwortung für den Gesetzgebungsprozess (siehe auch einen Bericht aus dem Jahr 2004) übernommen hat, ist mit dem Ergebnis zufrieden.
Inwieweit die behinderten Franzosen selbst mit dem Gesetz zufrieden sind, wird seine Umsetzung zeigen. Bei ihrer Benachteiligung im Berufsleben sind nunmehr stärkere Sanktionen beschlossen. Drei Mal so hoch wie im Bevölkerungsschnitt ist die Arbeitslosigkeit behinderter Menschen. Für Menschen, die nicht arbeiten können, ist nun ein Einkommen von 728 Euro gewährleistet, was 80 Prozent des staatlich garantierten Mindesteinkommens ausmacht.
Im Gesetz über gleiche Rechte und Chancen, die Teilhabe und die Bürgerrechte behinderter Menschen werden der Zugang für Verkehrsmittel und öffentliche Gebäude nach dem Prinzip „Alles für alle“ festgeschrieben. Innerhalb von zehn Jahren sollen öffentliche Transportmittel und Gebäude in Frankreich zum Beispiel für Rollstuhlfahrer keine Barrieren mehr bieten.
Wer die Pariser Metro kennt, wird sofort einwänden, dass dies wohl kaum zu schaffen ist. Im Gesetzeskommentar aus dem Haus der Staatssekretärin werden dann auch schon Ausnahmen angeführt. Wenn die Metro nicht innerhalb dieses Zeitraums umgestaltet werden kann, dann muss entsprechender Ersatzverkehr mit Bus oder Straßenbahn geschaffen werden. Wenn ein kleiner Lebensmittelladen (die gibt es zum Glück noch in Paris) nicht in der Lage zum barrierefreien Umbau ist, soll er das mit einem Hauslieferdienst kompensieren (was vielfach schon geschieht).
Madame Montchamp sieht mit dem Gesetz einen Paradigmenwechsel in der französischen Behindertenpolitik eingeleitet, die zu einer Politik der Partnerschaft mit den behinderten Menschen geworden sei. Sie betonte, dass behinderte Kinder und Jugendliche nun einen Rechtsanspruch erhalten, an den staatlichen Schulen ihres Wohnbezirks unterrichtet zu werden.
Die Anerkennung der Gebärdensprache und die freie Wahl der Ausbildung sei ebenso ein Fortschritt wie das nun festgeschriebene Prinzip der allgemeinen Zugänglichkeit innerhalb von zehn Jahren. Internet-Seiten müssten bereits in den nächsten drei Jahren für alle zugänglich gemacht werden.