Fremdunterbringung von Kindern als letztes Mittel

Parlamentarische Enquete im Bundesrat zeigt Probleme in Kinder- und Jugendhilfe auf, kritische Anmerkungen zur geplanten "Verländerung"

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In der heutigen Parlamentarischen Enquete des Bundesrats „Kinder- und Jugendhilfe quo vadis? Rechte.Chancen.Perspektiven“ wiesen Experten auf Herausforderungen hin, die mit der Übernahme der Kinder- und Jugendhilfekompetenzen durch die Länder entstehen.

Alarmierende Personalsituation

Reinhard Klaushofer von der Universität Salzburg sieht die „Verländerung“ dieser Agenden kritisch. Er befürchtet trotz einer „15a-Vereinbarung“ den Verlust von Standards. Es sei schon bisher schwierig gewesen, halbwegs einheitliche Standards aufrechtzuerhalten. Künftig werde das noch schwieriger.

Er sprach von einer „alarmierenden Personalsituation“ in der Kinder- und Jugendhilfe; künftig werde sie sich auf Grund finanzieller Umstände verschärfen. Er halte eine Aufstockung des Kinder- und Jugendhilfepersonals für notwendig und fürchtet, die zuständigen Behörden würden das künftig nicht bewerkstelligen können.

„Das betrifft vor allem auch die Prävention“, sagte Klaushofer. „Dabei muss man bedenken, dass man sich durch jeden Euro, den man in die Prävention von Problemen investiert, drei bis dreieinhalb Euro bei der Bewältigung dieser Probleme erspart, wenn sie auftreten.“ Auch die Gewährleistung ausreichender Forschung und das Führen einheitlicher Statistiken sieht Klaushofer in Gefahr.

In der sozialpädagogischen Ausbildung sieht Reinhard Klaushofer ebenso „die Felle davonschwimmen“. In der Enquete sprach er von einem „Wildwuchs in der Bildungslandschaft schon jetzt“. Das sei mit Orientierungsschwierigkeiten verbunden. Zudem sei es nötig, österreichweit festzustellen, welchen Bedarf es in der Kinder- und Jugendhilfe gebe. „Das ist jetzt schon ein Problem“, erklärte er.

„Künftig wird es noch schwieriger – vor allem bei Sonderbedürfnissen.“ Wenn es hier keine Planung gibt, befürchtet Klaushofer, dass es zu vielen Fehlplatzierungen kommt. Der Experte warnte vor „Drehtüreffekten“, weil Kinder auf Grund spezifischer Bedürfnisse, etwa in der Kinder- und Jugendpsychiatrie, herumgeschoben werden könnten. Zuständigkeitsstreitigkeiten seien vorprogrammiert. Zusätzliche Schwierigkeiten könnten auf Kinder mit Behinderungen zukommen.

Auch die Schaffung einer nationalen Strategie zur Sensibilisierung für Anliegen von Kindern und Jugendlichen werde durch die Wanderung der Gesetzgebungskompetenzen zu den Bundesländern erschwert.  Klaushofer sieht auch in der Absicherung der Kinder- und Jugendanwaltschaften ein Problem.

Kinder- und Jugendanwaltschaften als Stimme der Kinder und Jugendlichen

Mit der Einrichtung von Kinder- und Jugendanwaltschaften wurde in Österreich vor 29 Jahren begonnen. Die Basis dafür bildete die UN-Kinderrechtskonvention. Andrea Holz-Dahrenstaedt von der Kinder- und Jugendanwaltschaft Salzburg sieht die Aufgaben ihrer Einrichtung in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen direkt und darin, ihnen als Interessensvertreter eine Stimme zu verleihen. Auch sie befürchtet Einschnitte durch die „Verländerung“ der Kinder- und Jugendhilfekompetenzen.

„Wir werden es nur schwer verhindern können, dass ein Fleckerlteppich entsteht“, sagte Holz-Dahrenstaedt. Sie wies darauf hin, dass es bereits jetzt drei Systeme für Kinder gebe: die Kinder- und Jugendhilfe, die Grundversorgung vor allem bei unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen und die Behindertenhilfe für Kinder mit Behinderungen.

Laut Holz-Dahrenstaedt besteht die Gefahr, dass sich diese drei Systeme in dreimal neun Systeme aufsplitten.

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