Integration Tirol: "Tirols Sonderschullandschaft ist rekordverdächtig und muss endlich zurückentwickelt werden, damit Gelder für inklusive Bildung frei werden."
Es muss eine Veranstaltung der besonderen Art gewesen sein: Der Tiroler Gemeindeverband kritisierte bei einer Pressekonferenz in Innsbruck am 23. September 2015 die Inklusion behinderter Kinder im Schulbereich.
„Inklusion in Regelschulen tut beiden Seiten nicht gut“, betonte Gemeindeverbandspräsident Mag. Ernst Schöpf. Und man setzt nach: In Zentren für Inklusiv- und Sonderpädagogik, früher Sonderschulen genannt, werden „Kinder so betreut, wie es sich gehört.“
„Zum einen ist die spezielle Betreuung mit Sicherheit die beste und andererseits steht Steuergeld dahinter“, resümiert der Telfer Bürgermeister, Christian Härting.
In Wirklichkeit geht es nur darum wer zahlt
Und plötzlich wird klar, worum sich die Debatte wirklich dreht.
„Der Hauptkritikpunkt drehte sich gestern um das Geld. Denn der Bund ist in finanzieller Hinsicht für Bildung zuständig, auch in Bezug auf das zuständige Personal. Werden Kinder mit erhöhtem Förderbedarf nicht in einer eigens dafür vorgesehenen Einrichtung unterrichtet, sondern in die Regelschule integriert, kommen die Kommunen ins Spiel“, schreibt die Tiroler Tageszeitung (TT).
Laut Gemeindeverbandspräsident Ernst Schöpf – so die Tiroler Tageszeitung weiter – könnten die Kommunen dann zwar auf eine Förderung hoffen, diese sei aber nie einhundert Prozent. „Wir können uns nicht diesen Deckmantel Personalkosten umhängen lassen.“
Schon bei der Staatenprüfung Österreichs auf Einhaltung der UN-Behindertenrechtskonvention im September 2013 in Genf wurde in den Empfehlungen festgehalten: Österreich hat sicherzustellen hat, dass die öffentliche Hand (Bund, Länder) zusammenarbeiten, damit Maßnahmen im Einklang mit der Konvention gesetzt werden.
Menschenrechte werden ignoriert
Beinahe skurril wird es als in der Pressekonferenz die UN-Behindertenrechtskonvention und die darin garantierten Rechte angesprochen werden.
Laut der Tiroler Tageszeitung gab sich Schöpf völlig unwissend: „Davon ist mir nichts bekannt.“
Inklusion
Dieser Bildungslücke begegnet der Tiroler Monitoringausschuss mit einer Presseaussendung, in der es heißt: „Der Monitoringausschuss versteht, dass die Tiroler Gemeinden unter starkem finanziellem Druck stehen. Inklusion bedeutet jedoch eine grundlegende Umverteilung der Kosten.“
Zur Klarstellung wird von der Vorsitzenden des Tiroler Monitoringausschusses und Antidiskriminierungsbeauftragten noch ergänzt: „Österreich ist zur Umsetzung der UN- Behindertenrechtskonvention verpflichtet. Ein Bekenntnis aller Gemeinden zur Inklusion und zur konsequenten Umsetzung ist dabei ein wesentlicher Bestandteil. Der reine Ausbau und die Bündelung aller Ressourcen im Sonderschulbereich entsprechen nicht der UN-Behindertenrechtskonvention.“
Den eigenen Vorteil statt die Rechte von Kindern im Sinn
„Ich fürchte, Sie haben sich als Gemeindeverbandspräsident vor den Karren jener spannen lassen, die weniger das Wohl und die Rechte von Kindern und Menschen mit Behinderung im Sinn haben, sondern vielmehr auf ihren eigenen Vorteil als Sonderschulerhalter aus sind“, so Wolfgang Begus von Integration Tirol in einem offenen Brief an Gemeindeverbandspräsident Ernst Schöpf.
Sinnvoller wäre wohl, die Gemeinden würden konsequent beginnen, mehr Geld in die wohnortortnahe Integration zu investieren und nicht länger teure Sonderschulen finanzieren!
Warum gerade in Tirol dieser Vorstoß kommt, wollte BIZEPS von Wolfgang Begus wissen. Er meint dazu: „Tirols Sonderschullandschaft ist rekordverdächtig und muss endlich zurückentwickelt werden, damit Gelder für inklusive Bildung frei werden.“
Heinz Forcher, Vorsitzender von Integration:Österreich, stellte in 4 seitigen Brief von mit 10 Fakten klar, warum die Haltung des Tiroler Gemeindeverbands inhaltlich unrichtig ist. Weiters hält er auch fest, dass dies nicht nur äußerst unwürdig, sondern von Peinlichkeit kaum zu überbieten!