Fußgänger*innen kommen unter die Räder

Kennen Sie das Gefühl? Sie sind in einem Gehbereich unterwegs, Fahrräder sowie E-Scooter rauschen an Ihnen vorbei. Keine Spur von Absteigen und Schieben. Keine Spur von Schrittgeschwindigkeit oder Abstand. Ein Bericht von Emil Benesch

E-Scooter liegt quer am Blindenleitstreifen
BIZEPS

So schnell wie sie auftauchen, sind sie wieder weg.

Was bleibt, ist ein Unbehagen und immer öfter das Gefühl, einem Unfall um Haaresbreite entgangen zu sein.

E-Scooter auf Autobahn und Gehsteig

Für E-Scooter scheint es keine Grenzen zu geben. Schlagzeilen in den Medien berichten von haarsträubendem Verhalten. Da heißt es: „Zu zweit auf einem E-Scooter auf der A 23 unterwegs“ und „Scooter-Rowdys rammen Sechsjährigen“ in Leonding oder „zu zweit mit einem E-Roller mit 73 km/h unterwegs“. Der Ö3 Verkehrsdienst wiederum warnt vor zwei E-Scooter-Fahrern im Wiener Kaisermühlentunnel.

Grenzüberschreitungen

Bei der Nutzung von E-Scootern sind Grenzüberschreitungen keine Ausnahme, sondern die Regel. Ein Bericht des Kuratoriums für Verkehrssicherheit vom November 2020 hält fest: „Ein Drittel aller 573 an mehreren Wiener Standorten beobachteten E-Scooter-FahrerInnen fuhr verbotenerweise auf dem Gehsteig (34 %).

Auch bei Vorhandensein eines Radwegs bevorzugten 23 % der E-Scooter-Fahrer*innen den Gehsteig. War nur ein Radfahr- oder Mehrzweckstreifen vorhanden, fuhren 46 % auf dem Gehsteig. Gab es keinerlei Radinfrastruktur, rollten 49 % gesetzeswidrig auf dem Gehsteig.“

Wien fördert E-Scooter

Die Wiener Stadtregierung fördert die Nutzung von E-Scootern seit Jahren. Bereits am 21. September 2018 hieß es in einer Presseaussendung: „Stadt Wien begrüßt Leih-Scooter mit klarer Regelung“. Seither vermieten private Firmen tausende E-Scooter, die bis zu 25 km/h schnell fahren.

Jahrelang jedoch haben weder die Stadt Wien noch die Verleihfirmen sichergestellt, dass sich die Nutzer*innen von E-Scootern an die Straßenverkehrsordnung halten.

Die Regeln sind klar

Das Fahren mit E-Scootern auf Gehsteigen, Gehwegen und Schutzwegen ist verboten. Benützer*innen von Elektro-Scootern müssen alle für Radfahrer*innen geltenden Verhaltensvorschriften beachten. Sie müssen Radwege nutzen oder, wenn es gerade keine gibt, die Straße.

Die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben wurde nicht sichergestellt. Das Fehlen von Kontrollen und Strafen hat die Missstände gefördert und die Menschen in den Gehbereichen gestresst, gefährdet und behindert.

Zumutung für Menschen mit Behinderungen

E-Scooter liegt quer am Gehsteig
BIZEPS

E-Scooter stellen aufgrund der hohen Geschwindigkeit und Geräuschlosigkeit bei gleichzeitiger Nichtbeachtung der gesetzlichen Vorgaben eine große Gefahr für alle Fußgänger*innen dar. Insbesondere aber für blinde und sehbehinderte Menschen.

Hinzu kommt, dass Leih-Scooter nach ihrer Verwendung an Ort und Stelle regelrecht fallen gelassen werden. Abgestellt oder umgeworfen blockieren sie Gehwege. Für die Nutzer*innen von Rollstühlen können sie so zu unüberwindbaren Barrieren werden. Für blinde Menschen sind sie ein tagtägliches und permanentes Unfallrisiko, weil E-Scooter häufig an Orten zurückgelassen werden, die blinde Menschen zur Orientierung mit dem Langstock verwenden.

Auf taktilen Leitsystemen, entlang von Hausmauern und selbst vor Akustikampeln. Personen mit Sehbehinderungen wiederum stolpern über E-Scooter, wo immer sie im Weg liegen. Tagtäglich, seit vielen Jahren.

Durch die illegalen, rücksichtslosen Nutzungen von E-Scootern wurde ein hohes Verletzungspotential für Menschen mit Behinderungen geschaffen.

Organisationen von und für blinde und sehbehinderte Menschen, BIZEPS und die Behindertenanwaltschaft fordern seit langen Verbesserungen. Sie rufen die Politik auf, endlich zu handeln.

Paris handelt

Wie viele Städte weltweit hatte auch Paris mit den Auswüchsen der Zweirad-Mobilität zu kämpfen. Es ereigneten sich mehrere Todesfälle durch E-Scooter. Nach dem Tod einer jungen Italienerin, die von einem E-Scooter in einem Gehbereich angefahren worden war, wurden in der französischen Hauptstadt Schritte gesetzt, um das gefährliche Chaos zu beenden.

Unter anderem wird das Tempo auf 10 km/h gedrosselt: bei touristischen Attraktionen, Parks, Schulen und Plätzen. Die Tempodrosselung erfolgt automatisch, sobald der Scooter in eine der ausgewiesenen Zonen fährt.

Forderungen zum Umgang mit E-Scootern in Österreich

gekennzeichneter E-Scooter Abstellplatz in Wien. Eine grüne Umrahmung und in der Mitte ein blaues Parken Symbol mit einem Scooter. Links und rechts Fahrradständer. Es stehen 2 gelbe Scooter und 2 Fahrräder darauf.
BIZEPS
  • Verbannung von E-Scootern aus bestimmten Bereichen, z.B. durch automatisches Abschalten der Fahrfunktion
  • Automatische Tempodrosselung in ausgewiesenen Zonen
  • Abstellen von E-Scootern nur noch an festen und gekennzeichneten Sammelparkplätzen
  • Verleihgebühr für Nutzer*innen läuft so lange weiter, bis der elektrische Roller an einem offiziellen Parkplatz abgestellt worden ist
  • Ende der Straflosigkeit – Einführung von Kontrollen und Verhängen von Geldstrafen bei Missachtung der Regeln

Unser Anliegen: Der Österreichische Behindertenrat fordert sichere, barrierefreie Mobilität für alle Menschen!

E-Scooter auf dem Blindenleitsystem vor der Kreuzung
Wolfgang Kremser
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Ein Kommentar

  • Bin auch schon mal vor 2 Jahren über e-scooter mitten am Gehsteig gestürzt und hab mich ziemlich arg am Knie verletzt. Mit dem betroffenem Knie hab ich heute noch gelegentlich Probleme…