Gehalt statt Taschengeld

Das 20-Jahr-Jubiläum der Chance B Arbeitsvermittlung Oststeiermark war Anlass für die Fachkonferenz "Gehalt statt Taschengeld für alle ArbeitnehmerInnen mit Behinderung", die am 9. Juni 2011 im forumKloster in Gleisdorf stattgefunden hat.

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20 Jahre erfolgreiche Arbeitsvermittlung Oststeiermark der Chance B war Anlass für eine Fachkonferenz zum Thema Arbeitsfähigkeit von Menschen mit Behinderung und für einen Besuch von Arbeits- und Sozialminister Rudolf Hundsdorfer und Behindertenanwalt Buchinger (Ex-Sozialminister).

Die Fakten zum „Europameister in der Arbeitsvermittlung von Menschen mit Behinderung“: In diesen 20 Jahren wurden insgesamt 2.300 Menschen mit Beeinträchtigungen in die Arbeitswelt vermittelt. „Damit können sie selbständig ihren Lebensunterhalt bestreiten und sind nicht abhängig“, meint Geschäftsführer Franz Wolfmayr und ergänzt „trotz dieser Erfolge ist noch Einiges zu tun. In Österreich sind rund 19.000 Menschen mit schweren Behinderungen vom Zugang zum Arbeitsmarkt ausgeschlossen, weil sie als erwerbsunfähig gelten.“ Chance B als Veranstalter und 160 TeilnehmerInnen aus dem regionalen und nationalen Netzwerk der Arbeitsintegration haben zum Thema diskutiert und als Ergebnis die „Erklärung von Gleisdorf zum Thema Gehalt statt Taschengeld“ unterschrieben.

„Dass Menschen als arbeitsunfähig ausgeschlossen werden von einem richtigen Arbeitsverhältnis mit Entlohnung und Sozialversicherung widerspricht der UN-Konvention, zu der sich Österreich verpflichtet hat,“ fand Behindertenanwalt und Ex-Sozialminister Buchinger klare Worte. „Die Bundesebene hat nun das Sozial- und Pensionsrecht zu ändern.“

In Österreich sind Menschen mit einer Behinderung, wenn sie als erwerbsunfähig gelten, im Rahmen eines Dienstverhältnisses nicht sozialversicherbar. „Die Grenze der Erwerbsfähigkeit wird willkürlich mit 50 Prozent Leistungsfähigkeit angesetzt“, erklärt Wolfmayr. Diese Grenze entscheidet darüber, welche Perspektiven eine Person für ihre berufliche Laufbahn hat. Für die Mitarbeit in einem Beschäftigungsbetrieb einer Sozialeinrichtung ist lediglich ein Taschengeld von 50 Euro der Lohn – zusätzlich sichern erhöhte Sozialleistungen das Leben. Ein Arbeitsverhältnis in der freien Wirtschaft hingegen bringt ein branchenübliches Einkommen verbunden mit eigener Sozialversicherung, sowie allen Rechten und Pflichten des Arbeitsrechts.

50 Menschen mit Behinderung traten beeindruckend für sich selbst ein

„Ich arbeite seit 35 Jahren 8 Stunden am Tag und kriege dafür nur 55 € – im Monat“ brachte es ein Teilnehmer auf den Punkt. Respekt und Anerkennung der Arbeit von Menschen mit Behinderung wurde gefordert. Insgesamt 24 ReferentInnen aus Österreich und Deutschland haben in fünf Workshops arbeitsrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Fragen diskutiert und daraus Forderungen an Bund, Länder und Sozialpartner formuliert.

Das grundsätzliche Ziel: für alle Menschen mit Behinderung sollen Möglichkeiten gefunden werden, wie der Übergang von der Beschäftigung in ein Arbeitsverhältnis und umgekehrt flexibler gelingen kann. Die Gleisdorfer Erklärung bringt dazu differenzierte Forderungen an die Entscheidungsträger, beim Bund liegt der nächste Schritt.

Bundesminister Rudolf Hundstorfer gratuliert

Arbeits- und Sozialminister Rudolf Hundstorfer gratulierte und bedankte sich für die langjährige, erfolgreiche Arbeit der Chance B. Zum Abschluss überreichten Eva Skergeth-Lopič und Franz Wolfmayr die Erklärung von Gleisdorf „Gehalt statt Taschengeld“. Auf die an den Bund gerichteten Forderungen gab der Minister bereits erste Antworten: „Zum Thema der fehlenden sozialrechtlichen Unterstützung von beinahe 20.000 Menschen, die in Werkstätten beschäftigt sind, werden die Ergebnisse einer Studie, die wir vor Monaten beauftragt haben, im Herbst vorliegen.“ Vollkommen klar ist auch dem Sozialminister, dass die UN-Konvention Leitplanke der Entwicklung sein muss.

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