Gewalt und Missbrauch

Teil 8 - Die UN-Staatenprüfung: Wie setzt Österreich die UN-Behindertenrechtskonvention um?

Staatenprüfung : Österreich
BIZEPS

In Österreich gibt es keine aussagekräftigen empirischen Studien über Gewalt und Missbrauch an Menschen mit Behinderungen. Die Erfahrungen beweisen aber, dass besonders Kinder und Mädchen mit Behinderungen häufig Opfer von Gewalt und auch sexuellem Missbrauch werden.

Verschiedene Formen der Gewalt

Frauen mit Behinderungen sind erwiesenermaßen in allen Phasen ihres Lebens der Gefahr ausgesetzt, in ihrer körperlichen Integrität verletzt zu werden. Hauptsächlich Frauen und Mädchen mit Lernschwierigkeiten sind ungefähr doppelt so oft von sexueller Gewalt betroffen wie Frauen ohne Behinderungen. Dies liegt sowohl an der Stereotypisierung als „Asexuelle“, die verhindert, dass Menschen mit Behinderungen über Sexualität aufgeklärt werden; als auch an Wohnformen, wie beispielsweise Heimen, die Gewalt strukturell begünstigen. Frauen und Mädchen mit Behinderungen, die für ihre Lebensführung etwa bei der Körperpflege auf umfassende persönliche Assistenz angewiesen sind, geraten sehr oft in Abhängigkeitsverhältnisse, die potentiell von sexualisierter Gewalt begleitet sind.

Psychische Gewalt äußert sich bei Menschen mit Behinderungen häufig in Form von Geringschätzung, Einschüchterung und Missachtung der Persönlichkeit, was besonders für Kinder und Jugendliche in den Entwicklungsjahren schwerwiegende Folgen hat, aber auch ältere Menschen betrifft. TäterInnen sind vor allem Eltern, Angehörige und Betreuungspersonen: Aufgrund der starken Abhängigkeiten, in denen Menschen mit Behinderungen vielfach stehen, sind sie besonders gefährdet, Opfer von Drohungen und Gewalt zu werden.

Da noch immer viele Menschen mit Behinderungen in Betreuungseinrichtungen leben, ist die Gefahr, Opfer von institutioneller Gewalt zu werden, sehr groß. Die Rahmenbedingungen und die Starrheit dieser Einrichtungen, das extreme Machtgefälle zwischen dem Pflege- bzw. Betreuungspersonal und die soziale Isolation der Institutionen gelten als besondere Risikofaktoren, die Gewalt begünstigen. Trotz Bedenken gegen derartige Großeinrichtungen, die die Wahlfreiheit und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen in allen Bereichen des täglichen Lebens extrem einschränken, sind bisher keine Vorkehrungen zur deren Auflösung bekannt. Immer wieder tauchen Berichte über schwere und zum Teil langjährige Fälle von Gewalt und Missbrauch an Kindern und Erwachsenen mit Behinderungen in Heimen auf.

Das sogenannte OPCAT-Durchführungsgesetz hat der Volksanwaltschaft mit Wirkung vom 1. Juli 2012 die Einrichtung von mindestens sechs interdisziplinären Kommissionen übertragen, um die über 4.000 Einrichtungen, in denen österreichweit Menschen angehalten werden, bezüglich der Einhaltung von menschenrechtlichen Bestimmungen zu überwachen. Hierzu zählen auch alle Einrichtungen und Programme, die für Menschen mit Behinderungen bestimmt sind. Die Volksanwaltschaft ist verpflichtet, jährlich einen Bericht zu veröffentlichen und dem UN-Unterausschuss zur Verhütung von Folter übermitteln.

Die Praxis der Kommissionen und des Menschenrechtsbeirats kann aufgrund der kurzen Tätigkeitsdauer derzeit noch nicht im Detail bewertet werden. Allerdings muss hierzu kritisch angemerkt werden, dass in den Kommissionen Menschen mit Behinderungen nur mangelhaft vertreten sind.

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