GlBG-Novelle erfüllt Erwartungen nicht

Klagsverband fordert in seiner Stellungnahme die Beendigung der Hierarchisierung und die Möglichkeit einer Verbandsklage.

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Klagsverband

Die geplante Änderung des Gleichbehandlungsgesetzes (GlBG) und des Gesetzes über die Gleichbehandlungskommission und die Gleichbehandlungsanwaltschaft (GBK/GAW-Gesetz) verfolgt laut der Erläuternden Bemerkungen 3 Ziele:

  1. Verbesserung der Einkommenstransparenz
  2. Erhöhung des Schutzniveaus gegen Diskriminierung beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen
  3. Verbesserung des Instrumentariums zur Durchsetzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes

Diese Ziele, die vom Klagsverband unterstützt werden, können jedoch durch die Novelle nicht oder nur zum Teil erreicht werden. Der Entwurf zeichnet sich durch zwei gegensätzliche Tendenzen aus: die ansatzweise Beendigung der Hierarchisierung beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen bei gleichzeitiger Beibehaltung unterschiedlicher – sachlich nicht rechtfertigbarer – Regelungen für gleiche Sachverhalte.

Hierarchisierung

Die Ausweitung des Diskriminierungsverbots außerhalb der Arbeitswelt um die Gründe Religion und Weltanschauung, Alter und sexuelle Orientierung erfüllt eine längjährige Forderung des Klagsverbands und füllt eine tatsächlich bestehende Rechtsschutzlücke für die Betroffenen. Im Detail wird aber die Hierarchisierung fortgeschrieben, nämlich bezüglich des Geltungsbereichs und der Ausnahmebestimmungen.

Weiterhin sollen beim Sozialschutz, einschließlich der sozialen Sicherheit und der Gesundheitsdienste, bei sozialen Vergünstigungen und bei der Bildung Diskriminierungen nur aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit verboten sein. Außer einen Verweis auf die Antirassismus-Richtlinie beantworten die Erläuternden Bemerkungen nicht, warum Benachteiligungen aufgrund des Geschlechts, der sexuellen Orientierung, des Alters sowie der Religion und Weltanschauung nicht gleich behandelt werden.

Der Klagsverband fordert in seiner Stellungnahme eine einheitliche Regelung des Geltungsbereichs hinsichtlich des Diskriminierungsverbots „in sonstigen Bereichen“ für alle Gründe.

Verbandsklage

Das Diskriminierungsverbot für Bereiche außerhalb der Arbeitswelt gilt seit dem Jahr 2004 für den Diskriminierungsgrund der ethnischen Zugehörigkeit und wurde 2008 auf Benachteiligungen aufgrund des Geschlechts ausgeweitet. Im Behindertengleichstellungsgesetz (BGStG) existiert seit 1. Januar 2006 ebenfalls ein Diskriminierungsverbot aufgrund der Behinderung. Mit der vorliegenden Novelle soll der Diskriminierungschutz auch auf das Alter, die Religion und Weltanschauung und die sexuelle Orientierung ausgedehnt werden.

Obwohl die Bestimmungen nicht ausdrücklich auf VerbraucherInnen im Sinne des § 1 Abs 1 Z 2 Konsumentenschutzgesetz (KSchG) eingeschränkt sind, zeigt die inzwischen mehrjährige Beratungspraxis des Klagsverbands und seiner Mitgliedsvereine, dass sich ausschließlich VerbraucherInnen auf diese Bestimmungen berufen. Andererseits zeigt sich, dass Beschwerden wegen Diskriminierung fast ausschließlich gegen UnternehmerInnen im Sinne des GlBG gerichtet werden. Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) werden auch praktisch ausschließlich von Unternehmen verwendet.

Erschwerend kommt hinzu, dass weder das GlBG noch das BGStG einen Kontrahierungszwang kennen. Im Fall einer Diskriminierung kann zwar die betroffene Person Schadenersatz verlangen, erhält aber – wie alle anderen Personen, die TrägerInnen desselben Merkmals sind – keinen Zugang bzw. einen Zugang zu schlechteren Bedingungen.

Eine effektive Klauselkontrolle braucht das Verbandsverfahren, da

  • nur in diesem die Klauseln objektiv, also in ihrer kundenfeindlichsten Auslegung, zu überprüfen sind,
  • das Gericht im Verbandsprozess auch keine geltungserhaltende Reduktion vorzunehmen hat und
  • bereits das Angebot eines Vertragsabschlusses auf der Basis der gesetz- oder sittenwidrigen AGB ausreicht, die Klausel präventiv mit Verbandsklage zu bekämpfen. Nur so kann verhindert werden, dass die gerügte Klausel im Fall des Vertragsabschlusses – nach Beschwerden – individuell verändert oder nicht angewendet wird, generell aber weiter Teil der AGB bleibt.

Nur ein Verbandsverfahren, das auch von der Volksanwaltschaft in ihrer Stellungsnahme zum vorliegenden Gesetzesentwurf gefordert wird, bietet einen effektiven Schutz der Allgemeinheit vor diskriminierenden Klauseln.

Der Klagsverband regt daher an, den § 29 Abs 1 KSchG folgendermaßen zu ergänzen: „… geltend gemacht werden, bei Verstößen gegen das Gleichbehandlungsgesetz oder das Behindertengleichstellungsgesetz auch durch den Klagsverband zur Durchsetzung der Rechte von Diskriminierungsopfern.“

Die ausführliche Stellungnahme des Klagsverbands können Sie im pdf-Format und word-Format nachlesen.

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