Gleichbehandlungsgesetz im Ausschuss mit ÖVP-FPÖ-Mehrheit angenommen

ÖVP-FPÖ-Abänderungsanträge bringen bessere Strukturierung der Gesetze

Parlament
BIZEPS

Bei der heute am Nachmittag stattfindenden Sitzung des Gleichbehandlungsausschusses befassten sich die Abgeordneten abermals mit der Umsetzung von EU-Antidiskriminierungsrichtlinien, die Änderungen in den Gleichbehandlungsgesetzen sowohl für den Bund als auch für die Privatwirtschaft notwendig machten.

Mitte März hat dazu bereits ein ausführliches Expertenhearing stattgefunden, dem noch außerparlamentarische Verhandlungen zwischen der Opposition und den Regierungsfraktionen gefolgt sind. In der heutigen Sitzung wurde dann ein ÖVP-FPÖ-Abänderungsantrag vorgelegt, der aber nach Ansicht der MandatarInnen von SPÖ und der Grünen viele Einwände nicht berücksichtigte und auch keine ausreichende Umsetzung der europäischen Vorgaben garantiert.

Die beiden Gesetzentwürfe wurden schließlich unter Berücksichtigung von jeweils einem Abänderungsantrag mit ÖVP-FPÖ-Mehrheit angenommen. Ein weiterer Antrag, der sich auf die Weisungsfreiheit der Gleichbehandlungsanwaltschaft sowie der Rechtsschutzbeauftragten bezog und im Plenum die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit benötigt, wurde im Ausschuss ebenfalls mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ angenommen.

Bei den Gesetzesmaterien steht vor allem die Ausweitung des Gleichbehandlungsgebotes auf die Gründe der Rasse oder ethnischen Herkunft, der Religion oder Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Diskriminierung im Vordergrund. Der Diskriminierungstatbestand der Behinderung wird in einem eigenen Behinderten-Gleichstellungsgesetz geregelt. Ebenso wie im Bereich des Bundes müssen auch im privatwirtschaftlichen Sektor die zwei EU-Antidiskriminierungsrichtlinien umgesetzt werden. Aus Gründen der Rechtssicherheit und der besseren Lesbarkeit erfolgt dabei die Umsetzung in zwei Gesetzen. (285 d.B. und 307 d.B.)

Abgeordnete Elisabeth Scheucher-Pichler (ÖVP) war überzeugt davon, dass mit den Vorlagen und den Abänderungsanträgen die EU-Richtlinien voll und ganz umgesetzt werden können. Sodann erläuterte sie die Eckpunkte der ÖVP-FPÖ-Abänderungsanträge, die u.a. dazu beitragen, dass die Gesetze nun besser strukturiert und lesbarer gestaltet sind.

Als wichtigste Neuerungen bezeichnete die Rednerin die Beteiligung der NGOs im gerichtlichen Verfahren (Nebenintervention), die Verlängerung der Frist für die Geltendmachung von Ansprüchen aus sexueller oder geschlechtsbezogener Belästigung von 6 Monaten auf 1 Jahr, die Einführung einer Untergrenze beim Schadenersatz, die Begründungspflicht des Gerichts, wenn das Urteil von einem Gutachten der Gleichbehandlungskommission abweicht, die Veröffentlichung der Entscheidungen im Internet sowie die Teilung des Gender-Bereiches von den übrigen Diskriminierungsregelungen. Außerdem wurde auch eine geänderte Beweislastregelung festgelegt, die den Beklagten zur Beweisführung verpflichtet, hob Scheucher-Pichler hervor.

Die Vertreter der Regierungsparteien haben sich zwar dazu bereit erklärt, nach dem Expertenhearing im März mit der Opposition weiter zu verhandeln, räumte Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) ein, allerdings wurde vielen Forderungen ihrer Fraktion nicht entsprochen, wie dies auch der vorliegende Abänderungsantrag beweise. Aus diesem Grund können die Sozialdemokraten den Vorlagen nicht zustimmen.

Heinisch-Hosek bedauerte grundsätzlich, dass die EU-Richtlinien in ein einziges Gesetz verpackt werden, was ihrer Meinung nach nicht sinnvoll sei.

Auch die Vertreterin der Grünen, Abgeordnete Terezija Stoisits, übte Kritik am Entwurf von ÖVP und FPÖ. Vor allem bedauerte sie die „kleinmütige und kleinherzige“ Herangehensweise an diese Materie, da man nicht einen Millimeter über die Vorgaben der EU hinausgegangen sei. Im Besonderen bemängelte sie, dass kein einheitlicher Standard bezüglich des Schutzes der einzelnen Diskriminierungstatbestände festgelegt wurde. Außerdem komme es ihrer Meinung nach zu keiner echten Beweislastumkehr und es fehle noch immer das Instrument der Verbandsklage. Auch die NGOs seien weiterhin von den Verfahren ausgeschlossen, urteilte Stoisits.

Abgeordnete Elke Achleitner (FPÖ) bedauerte, dass die Opposition das Verhandlungsergebnis so negativ sehe, zumal einige wichtige Änderungen im Vergleich zum ursprünglichen Entwurf vorgenommen wurden. Ein großes Anliegen war ihr die infrastrukturelle Ausstattung der Gleichbehandlungsanwaltschaft. Sie hoffe, dass sich Ministerin Rauch-Kallat dafür einsetzen wird, dass die personellen Ressourcen verbessert werden. Für die Freiheitlichen sei es auch von großer Bedeutung, dass die Gleichbehandlungsanwaltschaft sowie die Rechtsschutzbeauftragten weisungsfrei gestellt sind, was auch Inhalt eines entsprechenden Antrags sei.

Abgeordnete Gertrude Brinek (ÖVP) bedankte sich bei allen Beteiligten für das gute Ergebnis, das eine solide Umsetzung der EU-Richtlinien gewährleiste. Sollten sich auf europäischer Ebene Weiterentwicklungen ergeben, dann werde man das Gesetz entsprechend adaptieren.

Den Regierungsparteien sei es nur darum gegangen, EU-Richtlinien umzusetzen und nicht darum, ein Anti-Diskriminierungs- bzw. Anti-Rassismus-Gesetz zu erlassen, bemängelte Abgeordnete Barbara Prammer (SPÖ). Ihre Fraktionskollegin Abgeordnete Bettina Stadlbauer machte darauf aufmerksam, dass bereits bestehende Institutionen zwar zusätzliche Aufgaben erhalten, aber keine zusätzlichen Ressourcen.

Abgeordnete Elisabeth Grossmann (SPÖ) konnte sich nicht der Meinung von Scheucher anschließen, dass es zu einer massiven Beweislasterleichterung gekommen ist. In der Praxis entstehe nämlich eine Pattsituation und die betroffene Person sei dadurch gezwungen, den Vollbeweis anzutreten, was praktisch kaum möglich sei. Die Abgeordneten Heidrun Walther und Walter Posch (beide SPÖ) beklagten zudem, dass die NGOs in die Verfahren nicht ausreichend eingebunden werden.

Abgeordnete Brigid Weinzinger (GRÜNE) wiederholte noch einmal den Standpunkt der Grünen und verwies u.a. auf die Ungleichbehandlung der Diskriminierungsopfer. Sie könne sich nicht vorstellen, dass dies verfassungskonform sei.

Ein Jurist des Verfassungsdienstes des BKA nahm sodann Stellung zur vorgesehenen Umsetzung der EG-Richtlinien in nationales Recht. Er gab zunächst zu bedenken, dass im Zusammenhang mit dem Gleichheitssatz immer Wertungsfragen einfließen, die letztlich nur vom Verfassungsgerichtshof geklärt werden können. Bereits der europäische Gemeinschaftsgesetzgeber sehe eine unterschiedliche Behandlung von Diskriminierungen vor, die einerseits die Rasse bzw. die ethnische Herkunft und die andererseits die restlichen Tatbestände betreffen.

Dies sei wohl auf die unterschiedlichen gesellschaftlichen Hintergründe, die unterschiedlichen Lebensbereiche und die unterschiedlichen Auswirkungen zurückzuführen. Außerdem gehe man gerade bei erstmaligen Regelungen von einem sehr umfassenden rechtspolitischen Gestaltungsspielraum aus, führte der Jurist weiter aus, weshalb er meine, dass die Regelungen gerechtfertigt sind.

Auf die Ungleichbehandlung ging nochmals Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) ein und brachte namens ihrer Fraktion einen Vertagungsantrag ein, der im Rahmen der Abstimmungen von den beiden Regierungsparteien abgelehnt wurde.

Bundesminister Martin Bartenstein wies in seiner Wortmeldung u.a. darauf hin, dass es bei der Beweislastumkehr „Bewegung“ gegeben habe, dass bei der Nebenintervention Fortschritte erzielt wurden und dass der Schadenersatz neu bemessen wurde.

Seine Regierungskollegin Maria Rauch-Kallat zeigte sich froh darüber, dass die Frist für die Geltendmachung von Ansprüchen aus sexueller oder geschlechtsbezogener Belästigung auf 12 Monate verlängert wird, bewertete die Beweislastumkehr positiv und sprach im Zusammenhang mit personellen Ressourcen davon, dass es gegebenenfalls eine Vermehrung der Planstellen geben könnte.

Die Verwaltungsstrafen sollen „spürbar sein und weh tun“, meinte GRÜNE-Abgeordnete Terezija Stoisits, was von der vorliegenden Regelung über die Strafhöhe nicht behauptet werden könne. Auch warf sie den beiden Regierungsfraktionen vor, ihnen ginge es nicht „um die Sache“, sondern eher um politisches Kleingeld.

Im Zusammenhang mit dem vorliegenden § 27-Antrag erinnerte ÖVP-Abgeordnete Maria Fekter, die Obfrau des Justizausschusses ist, daran, dass im Rahmen der Debatte über die neue StPO von den Beamten des Ressorts darauf hingewiesen wurde, dass eine Weisungsfreiheit von Rechtsschutzbeauftragten „mit größter Wahrscheinlichkeit“ verfassungskonform sei.

Hinsichtlich der geschlechterneutralen Formulierung trat Fekter dafür ein, dass sich auch die publizierenden Medien an das Gebot der Gleichbehandlung zu halten hätten, denn diese Medien könnten „gleichheitswidrig formulieren, ohne dass ihnen etwas passiert“, während man bei den Unternehmern die Strafe hinaufsetze.

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