Es war einmal (zehn Jahre lang) eine Blindenführhundprüfung, über die sich immer wieder verschiedene Leute ärgerten:
- Blindenführhundefirmen
– wenn Hunde wegen gesundheitlicher Probleme zurückgewiesen wurden
– wenn Hunde die Prüfung wiederholen mußten, weil sie unzureichend ausgebildet oder mangelhaft mit dem neuen Führer zusammengeschult waren
– wenn Hunde von den „bösen“ Behörden ohne Prüfung überhaupt nicht bezahlt wurden
– wenn das Sozialministerium die von einer Firma vorgeschlagene Prüfungsordnung nicht an Stelle der von der unabhängigen Prüfungskommission ausgearbeiteten akzeptieren wollte
– wenn nicht die von einer Firma gewünschten und geschulten „Gespannprüfer“ die Führteams beurteilen durften - Das Sozialministerium
– wenn wieder einmal eine Beschwerde von einer Führhundefirma wegen der Prüfung kam
– wenn wieder einmal ein Ansuchen der Betroffenen kam, die Prüfung doch endlich gesetzlich zu regeln und die Prüfer durch das Ministerium zu ernennen - Manche Hundeführer, die wohl viel und gerne in ganz Europa herumzureisen behaupten, aber sich nicht in der Lage fühlen, die Prüfung in Wien abzulegen. …
Am 1. September 1999 trat ein Gesetz (§ 39a Bundesbehindertengesetz) in Kraft, in dem der Begriff Blindenführhunde und deren Prüfung geregelt wird. Die zugehörigen Richtlinien des Bundesministeriums für soziale Sicherheit und Generationen lassen sehr viel Platz für Interpretationen.
Der Österr. Blinden- und Sehbehindertenverband unter seinem neuen Präsidenten, der noch nie einen Blindenführhund hatte, führt nunmehr die Prüfung nach den Wünschen zweier Firmen (aus insgesamt vier) durch. Jetzt sind (fast) alle glücklich:
- Die Führhundfirmen
– die sich endlich nicht mehr bei der Auswahl der Hunde in gesundheitlicher Hinsicht bemühen müssen
– die bei der Ausbildung endlich kompliziertere Disziplinen weglassen dürfen
– die sich endlich nicht mehr mit einer unabhängigen und sachlich kompetenten Prüfungskommission herumschlagen müssen
– die endlich eine Prüfungsordnung durchgesetzt haben, die in keiner Weise transparent und nachvollziehbar ist - Die neuen Prüfungskommissionsmitglieder
– die ohne Vorkenntnisse nach eineinhalb Stunden Berieselung durch die Führhundfirmen und ihrem Anhang wunderbarerweise zu Sachverständigen mutieren
– die höchstens ein- bis zweimal im Jahr eingesetzt werden, damit sie nicht mit Erfahrungen „überfrachtet“ werden und so vielleicht zu viele Fachkenntnisse gewinnen oder gar die Arbeit der Lieferfirmen kritisch betrachten könnten - Manche Hundeführer (siehe oben) oder solche, die im Vertrauen auf ihre Selbsthilfeorganisation glauben, daß der bis Ende 1999 geltende Standard ohnehin gewahrt bleibt.
- Ganz besonders glücklich ist eine frisch gebackene Tierärztin. Sie hat den ultimativen Traumjob: eine nagelneue Ordination mit Geheimnummer auf dem Areal einer Blindenführhundefirma. Sie bildet weiterhin Blindenführhunde aus, schult mit den neuen Führern zusammen, beurteilt die Hunde, die sie für ihre Firma ausbildet, teilweise im Hinblick auf deren Gesundheit und bestimmt das Prüfungsergebnis als neue Koordinatorin der Blindenführhundeprüfungen beim Österr. Blinden- und Sehbehindertenverband.
- Am allerglücklichsten jedoch sind die zuständigen Beamten des Sozialministeriums, weil sie alles ausgelagert haben und so zuversichtlich auf Ruhe hoffen.