Gusenbauer: Neust@rt für die SPÖ

Am 28. und 29. April 2000 fand in Wien der Bundesparteitag der SPÖ statt.

Bundesparteitag der SPÖ
SPÖ

Das beherrschende Motto „Neust@rt“ spiegelte sich in vielen Reden. Zentrales Ereignis war die Wahl des neuen SPÖ-Parteivorsitzenden Dr. Alfred Gusenbauer. Was könnte dies für die Behindertenbewegung und ihr Verhältnis zur SPÖ bedeuten?

Ein Resultat der langen Regierungstätigkeit war – so Gusenbauer -, daß man beim Formulieren der Ziele oft die Perspektive der Bürokratie eingenommen habe. Damit hat er meiner Meinung nach jene Probleme angesprochen, welche die SPÖ auch in ihrem Verhältnis zur Behindertenbewegung hatte. Forderungen nach Gleichstellung, Selbstbestimmten Leben oder Integration wurden seitens der SPÖ nicht als Grundwerte und Rechte, sondern nur als Kostenfaktor eingestuft. Das Verhältnis war dementsprechend unterkühlt.

Als optimistisches Anzeichen könnte man es daher ansehen, daß Gusenbauer klar aussprach, man müsse sich in diesem Zusammenhang genauer ansehen, was man richtig und was man falsch gemacht habe. Erstes Zeichen dieser neuen Denkweise war die SPÖ-Erklärung „Zur Aufarbeitung des NS-Erbes in der Zweiten Republik“, wo von Gusenbauer klar formuliert wurde, daß für einen Menschen wie dem NS-Arzt Gross „nie Platz in der SPÖ und nie Platz in einer medizinischen Anstalt der Zweiten Republik“ sein hätte dürfen.

Sehr negativ aufgefallen ist mir eine Parteitag-Wortmeldung des burgenländischen Landeshauptmannes Stix, der behauptete, daß das Sparpaket 1996 ein „Meisterwerk“ des damaligen Finanzministers Klima war! „Sozial ausgewogen“ sei es gewesen – so Stix. Zur Erinnerung: Das war jenes Sparpaket, das besonders viele Grauslichkeiten für behinderte Menschen enthielt, u. a. die Kürzung des Taschengeldes für Menschen in Heimen um 50 % !

Der Parteitag:
Am Parteitag ist aufgefallen, daß die Reden von GebärdensprachdolmetscherInnen gedolmetscht wurden. Sicherlich ein guter Anfang, wenn man seine Oppositionspolitik „glaubwürdig“ machen will. In diesem Zusammenhang muß aber auch erwähnt werden, daß die SPÖ bis jetzt keine nennenswerten Verbesserungen bei der baulichen Situation der Parteizentrale gesetzt hat. Die SPÖ-Zentrale ist noch immer nicht barrierefrei zugänglich. Leider gibt es auch keine Anzeichen, daß sich etwas ändert.

Die Sozialistische Jugend forderte in einem Antrag, daß das Behinderteneinstellungsgesetz geändert wird. Die Ausgleichstaxen sollten erhöht und das Personalverhältnis von 25 zu 1 auf 15 zu 1 geändert werden. Kritisiert wird auch, daß „Behinderte auch in bezug auf Ausbildung ghettoisiert“ werden.

Gusenbauer erinnerte „an unseren Grundwert der Gleichheit. Es geht um die Gleichheit der Chancen und Entwicklungsmöglichkeiten, die wir allen in unserer Gesellschaft eröffnen wollen.“ Dies wäre – wenn es in Zukunft in die SPÖ-Politik einfließt – eine starke Unterstützung in unseren Integrations- und Gleichstellungsforderungen.

Der neue Parteivorsitzende wies auch darauf hin, daß es von Wichtigkeit sei, neue Leute zur Mitarbeit zu gewinnen. Wie wahr. Gerade hier hat die SPÖ großen Nachholbedarf. Weder im Parlament noch in den neun Landtagen hat die SPÖ – unserer Information nach – behinderte Abgeordnete.

Wenn die SPÖ einen Neust@rt anstrebt, dann ist es unbedingt notwendig, endlich behinderte Menschen sich selbst vertreten zu lassen und die StellvertreterInnenpolitik im Behindertenbereich zu beenden.

Am Parteitag wurden vor allem vom neuen SPÖ-Parteivorsitzenden Gusenbauer positive Signale ausgesendet, die hoffentlich in der Tagespolitik ihren Niederschlag finden werden.

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