Wollen wir eines außer Streit stellen: Sie haben es gut gemeint, die Leute, die die "Aktion Mensch" voller Tatendrang ins Leben gerufen haben und uns im Sommer-Werbe-Loch mit einer sonderbaren Kampagne beglückten. (aus:Betrifft Integration Sept. 91)
Immerhin ist den zwei Wiener Gemeinderäten, die dem Unternehmen vorstehen, manch politischer Erfolg der letzten Jahre zu danken:
Die eine, Maria Rauch-Kallat, brachte seinerzeit mit einem Entschliessungsantrages des Bundesrates den ersten legistischen Stein in Sachen Schulintegration ins Rollen.
Der andere, Hans König, war als Vorsitzender der Behindertenkommission der Gemeinde Wien entscheidend für das bis dato richtungsweisende Konzept der 1000-Wohnplätze der Gemeinde.
Beide wissen aus persönlicher Erfahrung, was Leben mit Behinderung bedeutet.
Und trotzdem. Selten ging etwas so daneben wie jene Kampagne, die uns da von tausenden Werbewänden, aus ungezählten Radio- und TV-Spots und in der Kinowerbung entgegenstrahlt. Enterische Flöten-töne auf dem Weg durch das Farn des Waldes: Gerade so, wie man sich den „Psycho“ landläufig ohnedies angstvoll vorstellt. Blütenblätter und Wasserfallrauschen, unbeschriebene Blätter und letzte Worte!
Schön, wie bewegt die Innenwelt dieser Krüppel ist. Es darf gespendet werden, am besten gleich nebenan bei den Kollegen von der Aktion Kinderhilfe, weil Licht ins Dunkel ist erst wieder zu Weihnachten.
Abgesehen von zweitklassiger Werbeästhetik der 70er Jahre – was geht eigentlich in den Köpfen der Kreativen einer renommierten Agentur wie GGK vor, wenn sie an Personen mit Behinderung denken? – ist das alles Schnee von gestern. „(Behindert) und trotzdem (Mensch)“, als ob die letzten 20 Jahre keine Bürgerrechtsbewegung stattgefunden hätte.
Sehen muss man die Leute, in normalen Lebenssituationen, und nicht in Hirngespinsten von Werbeleuten.
Gut gemeint. Und trotzdem: Gar nicht gut.