„Haupts schlimmste Niederlage“ – und wir alle verlieren mit

Unter dem Titel "Haupts schlimmste Niederlage" analysierte die Journalistin Eva Weissenberger in der "Presse" die Erfolge und Misserfolge von Sozialminister Mag. Herbert Haupt (FPÖ).

Herbert Haupt
FPÖ

„Sensibilisiert durch seine eigene Krankengeschichte, hatte sich der Freiheitliche als Parlamentarier in der Tat stets besonders für behinderte Menschen eingesetzt.“, begründet Weissenberger den starken Bezug des Sozialministers zu Behindertenthemen.

Es ist wahrlich so, dass Haupt spüren lässt, dass ihm Politik für behinderte Menschen wirklich ein Anliegen ist. Er lässt sich bei wichtigen Sitzungen nicht vertreten, sondern es ist nicht unüblich, dass er selbst daran teilnimmt. Ein Umstand, der im höchst positiv anzurechnen ist und von seinem Einsatz zeugt.

Doch nun droht Haupt ein schwerer Rückschlag, wie die Presse aufzeigt: „Zunächst hatte Haupt versprochen, dass das Gleichstellungsgesetz Ende des Vorjahres beschlossen werden würde – die Frist verstrich ungenützt. Im März legte er dann einen Entwurf vor, streng konnte man diesen allerdings nicht mehr nennen. Von ‚Behinderung‘ bis ‚Barrierefreiheit‘ wurde viel definiert, festgelegt aber nichts. Es hängt am Geld. Jedes neue, konkrete Detail, macht die Sache teurer. Alleine der Umbau aller alten Gebäude in Wien würde nach Schätzungen über hundert Millionen Euro verschlingen. Kein Wunder, dass sich die Wirtschaft aber auch die anderen Ministerien wehren. Nicht einmal diesen schwammigen Entwurf hat Haupt bisher durchgebracht.“

So unrichtig ist der Befund nicht. Zuerst haben Haupt und das Sozialministerium den Gesetzwerdungsprozess – mangels Interesse der anderen Ministerien – an sich gezogen. Dann folgten Verhandlungen mit den Behindertenorganisationen.

Als sich – nicht überraschend – herausstellte, dass die Behindertenorganisationen wirklich ein umfassendes Gesetz haben wollen, erkannte das Sozialministerium, dass es ohne Mithilfe der anderen Ministerien dieses Ziel niemals erreichen könnte. Es wurden in Folge die meisten Ziele des Regierungsübereinkommens zur Schaffung eines umfassenden Behindertengleichstellungsgesetzes über Bord geworfen.

Im Jänner 2004 (und nicht, wie in der Presse zitiert, im März) trat das Sozialministerium daher die Flucht nach vorne an. Ohne mit den Betroffenen rückzusprechen – wie es immer in der Öffentlichkeit versprochen, aber im Alltag sehr selten gemacht wird – verschickte Haupt einen schwachen Vorbegutachtungsentwurf. Es waren kaum noch Rechte enthalten; einzig klagen – dies dafür bundesweit – hätte man noch können.

Sogar dieser schwache Entwurf erfuhr massive Ablehnung, besonders durch die Länder. Statt sich einer grundlegenden Diskussion zu stellen, versuchte man jene Punkte zu finden, die unbestritten sind. Es ist nun zu befürchten, dass der schwache Entwurf vom Jänner 2004 nochmals zusammengestrichen werden soll und nur mehr unbestrittene Punkte und Worthülsen übrig bleiben werden.

Dieser kleinste gemeinsame Nenner wird – so ist aus heutiger Sicht zu befürchten – in eine Begutachtung geschickt und dann dem Parlament zugeleitet.

Was da überbleibt ist dann nicht ein „Gesetz das seinen Namen auch verdient“ – wie Haupt sein Ziel für ein Behindertengleichstellungsgesetz genannt hat -, sondern nur mehr eine Alibi-Aktion.

Haupts Niederlage wäre nicht, dass er die anderen Ministerien nicht zur Mitarbeit bewegen konnte. Dies wäre vor allem die Aufgabe des – nicht nur in dieser Frage schweigenden und ablehnend agierenden -Bundeskanzlers Dr. Wolfgang Schüssel (ÖVP).

Seine Niederlage wäre, dass er schlussendlich dieses unbrauchbare Gesetz in Begutachtung geschickt hat und so behinderte Menschen um ihre berechtigten Hoffnungen auf ein gutes Gesetz enttäuscht hat.

Es wird zwar einige Zeit dauern, bis die behinderten Menschen bemerken, wie schlecht das Gesetz ist, aber die Enttäuschung wird umso größer sein.

Doch noch wäre die Möglichkeit einen blamablen Entwurf zu verhindern. Noch könnte Bundesminister Haupt jenen Einsatz zeigen, der an ihm geschätzt wird. Noch hat er es in der Hand aus einem reinen Überschriftengesetz ein wirklich kraftvolles Gesetz zum Schutze vor Diskriminierung zu machen.

Der große Staatsmann Sir Winston Spencer Chuchill sagte: „Niederfallen ist keine Schande, liegenbleiben aber schon.“

In diesem Sinne: Die Vorbegutachtung war – gemessen an den Reaktionen – ein Bauchfleck. Nur sollte man nicht weiterrobben und „irgendwas“ in Begutachtung schicken, sondern sich sammeln und besinnen, warum man dieses Gesetz überhaupt beschließen wollte.

Wenn Haupt sich nicht JETZT zu einem Machtwort in der Koalition für behinderte Menschen durchringt, wäre dies seine größte Niederlage. Und – wir alle würden mit ihm verlieren.

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