Hoffnung auf Gerichtsentscheidung

Seit Wochen kämpft Wasilios Katsioulis darum, dass sein neunjähriger Sohn Lucas weiterhin die Europäische Schule in Brüssel besuchen darf.

Lucas Katsioulis vor der Schule
Katsioulis, Wasilios

Dem Jungen mit Autismus wurde vor einigen Wochen die weitere Beschulung aufgrund seiner Behinderung verweigert. Nun hofft Wasilios Katsioulis auf eine positive Entscheidung des Gerichtes, wie er im Interview mit den kobinet-nachrichten erklärte.

kobinet-nachrichten: Seit einigen Wochen kämpfen Sie um die Beschulung Ihres Sohnes Lucas, der autistische Störungen hat. Wie sieht es derzeit aus?

Wasilios Katsioulis: Die von Dr. Tolmein eingereichte Klage beim für die Europäische Schule zuständigen Gericht „Complaints Board of the European Schools“ ist noch nicht entschieden worden. Wir hoffen sehr, dass das Gericht unserer Auffassung Recht gibt, dass eine Inklusion von Lucas nur unter Anwendung der für ihn besonders geeigneten Adaption applied behaviour analysis (ABA) Sinn macht, worauf wir die Schule von Anbeginn an hingewiesen haben. Die Schule hatte sich geweigert, diese Adaption umzusetzen, was wiederum sehr schnell zu Schwierigkeiten bei Lucas Integration führte. Trotzdem besucht uns die eine oder andere Familie aus Lucas Klasse hier zu Hause und die Kinder spielen miteinander, was Lucas und uns wieder etwas Mut macht.

kobinet-nachrichten: Was heißt das konkret für Ihre Situation? Sie sind ja erst vor kurzem von Hamburg nach Brüssel umgezogen, um in Ihrem neuen Job dafür zu sorgen, dass das Europäische Parlament barrierefreier wird.

Wasilios Katsioulis: Der Job im Europäischen Parlament leidet natürlich darunter, aufgrund der Tatsache, dass ich ein behindertes Kind habe, das an meinem Arbeitsstandort Brüssel nicht so wie Kinder ohne Behinderung beschult werden „kann“. Wie andere Familien in ähnlicher Situation fühlen auch wir uns durch die Ablehnung unseres behinderten Kindes sehr belastet und werden zeitlich außerordentlich mit der Betreuung unseres Sohnes zu Hause beschäftigt, nachdem die Schule plötzlich „ausgefallen“ ist. Trotzdem ist unser Team im Europäischen Parlament mit Hochdruck weiter dabei die Barrierefreiheit im Parlament voranzubringen, um es behinderten Besuchern und Abgeordneten zu ermöglichen, an allen Aktivitäten teilzunehmen, die das Parlament anbietet.

kobinet-nachrichten: Wie schätzen Sie die Situation generell ein. Sind Ihre Erfahrungen eher ein Einzelfall oder haben auch andere Eltern mit derartigen Benachteiligungen zu kämpfen?

Wasilios Katsioulis: Das Problem, das wir erleben, ist schon seit vielen Jahren bekannt und betrifft immer wieder Familien mit behinderten Kindern, die im Ausland tätig sind. Alle Europäer, mit Ausnahme der Französisch oder Niederländisch sprechenden, können hiervon in Brüssel betroffen sein, da ihre Kinder trotz einer Behinderung auch in eine belgische Schule gehen könnten. Meiner Einschätzung nach ist diese Handhabe bei behinderten Kindern im Ausland durch die fehlerhafte Einschätzung entstanden, es komme bei diesen Kindern nicht darauf an, sie in ihrer Heimatsprache zu beschulen. Aber gerade dies trifft auf diese Kinder gerade nicht zu, denn die Behinderung führt oftmals dazu, dass es diesen Kindern noch viel schwerer fällt als Kindern ohne Behinderung, eine neue Sprache am Arbeitsort ihrer Eltern zu erlernen. Aktuell ist mir eine weitere Familie bekannt geworden, die von einem solchen Schulausschluss betroffen ist, diesmal allerdings bei der Deutschen Schule in Brüssel. Auch diese Familie weiß nicht, wie es weitergehen soll.

kobinet-nachrichten: Sie sind zwar selbst noch mitten im Kampf, aber was würden Sie anderen Eltern empfehlen, denen es ähnlich ergeht, wie Ihnen?

Wasilios Katsioulis: Auf keinen Fall darf man diese Diskriminierungen in sich „hineinfressen“, denn das macht krank! Ich hatte auch großes Glück, dass mein Arbeitgeber, das Europäische Parlament uns als Familie seit Entstehung dieses Problems sehr unterstützt hat. Es ist auch wichtig die Öffentlichkeit auf diese Probleme aufmerksam zu machen, damit die Politik das Problem erkennt und so Lösungen geschaffen werden. Weiterhin ist es wichtig, alle rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen und einen kompetenten Anwalt zu suchen, der sich mit Behindertenfragen auskennt. Meiner Einschätzung nach wird die UN-Konvention für Menschen mit Behinderungen diese Lücke in der Beschulung behinderter Kinder im Ausland schließen, wenn es nicht die Politik schon vorher tut.

kobinet-nachrichten: Danke für das Interview und toi, toi, toi für Ihre Familie.

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