Holzinger: „Warum gehen wir den Weg der Novelle des Heimopferrentengesetzes nicht zu Ende?“

Liste Pilz trägt den gemeinsamen Antrag mit, fordert allerdings noch Nachbesserungen und eine zusätzliche Stelle für die Volksanwaltschaft

Daniela Holzinger-Vogtenhuber
Parlamentsdirektion / PHOTO SIMONIS

„Natürlich tragen wir die überparteiliche Gesetzesänderung zum Heimopferrentengesetz aus grundsätzlichen Erwägungen mit. Aber für uns sind noch Punkte offen, die wir bis zur Parlamentsentscheidung kommenden Mittwoch klären wollen“, so Daniela Holzinger, Sozialsprecherin der Liste Pilz.

In der Novelle des Gesetzes bekommen Betroffene von Gewalt in Heimen und Krankenanstalten, die durch das alte Gesetz von 2017 von einer Heimopferrente ausgeschlossen waren, nunmehr eine Rente zugesprochen. Ein Beispiel dafür sind die sogenannten Malariatherapieopfer, die im Gesetz auch ausdrücklich erwähnt werden.

Hier wurde Kleinkindern und Jugendlichen Ende der 1960er Jahre in der „Klinik Hoff“ in Wien unter Zwang der Malariavirus gespritzt, woraufhin sie wochenlang Fieberschübe bekamen. Da das Virus nur im menschlichen Körper überleben kann, wurde es direkt von Jugendlichem zu Jugendlichem übergeben. Junge Menschen wurden so als lebende Wirte missbraucht.

Diese Behandlung hatte medizinisch gar keinen Sinn, sie hat auch nichts geheilt. „Das war schlicht Folter, die sich bei einigen uns bekannten Fällen noch in anschließenden Elektroschock- und Insulintherapien fortgesetzt haben. Ich habe hier nicht den Eindruck, dass die Faktenlage ausreichend aufgeklärt ist. Warum wurde beispielsweise diese Behandlung durchgeführt? Wer hatte in Wien ein Interesse an frischen Malariaviren? Deshalb rege ich seriöse Forschungsprojekte zur Aufarbeitung der Gewaltexzesse in staatlichen, privaten und kirchlichen Heimen und Krankenanstalten an“, so Holzinger. 

In diese Projekte sind die Erfahrungen der Betroffenen bei der Auswertung der Akten und Dokumente miteinzubeziehen. Dieser unrühmliche Teil in der Geschichte unseres Landes wird nämlich mit dem Gesetzesbeschluss nicht vergehen.

„Das Thema ist nicht vom Tisch. Allen Parteien muss klar sein, dass die zusätzliche Rente von 300 Euro monatlich lediglich eine symbolische Kompensation für das Leiden und das Unrecht an den Heimopfern ist. Schließlich waren sie wehrlos und ohne eigene Schuld in geschlossenen Systemen eingesperrt, die über einen langen Zeitraum hinweg Gewalt ausgeübt haben“, führt Holzinger aus. 

Das hat Existenzen vernichtet, und zwar bevor die Betroffenen überhaupt die Chance hatten, ihr Leben in die eigenen Hände zu nehmen.

„Wir haben mit der Novelle nicht nur den Kreis der Anspruchsberechtigen ausgeweitet, sondern auch den Zugang zum Antrag erleichtert, um nicht zusätzliche Hürden aufzubauen. Außerdem werden bislang abgelehnte Anträge von Amtswegen neu aufgerollt. Es ist daher völlig unverständlich, dass die Regierungskoalition sich bislang weigert, die Rentenkommission personell ausreichend auszustatten. Sie hatten vier befristete Stellen, im Moment sind es nur mehr drei Stellen. Das Parlament gibt der Volksanwaltschaft mehr Arbeit, also muss die Regierungskoalition auch das Geld für eine zusätzliche Stelle bereitstellen. Hier geht es ja nicht um Unsummen. Ich finde diese Weigerung einfach unwürdig“, kritisiert Holzinger.

Bislang erhalten rund 1700 Personen eine Heimopferrente, nach der Novelle könnten es bis zu 2500 Personen werden. „Ich bedanke mich bei allen Fraktionen, den Referentinnen und Referenten der Parlamentsklubs und auch bei den Expertinnen und Experten aus dem Sozialministerium für ihre gewissenhafte Arbeit an der Novelle“, meint Holzinger.

Allerdings gibt es noch einen Punkt im Gesetzestext, der für die Liste Pilz problematisch ist: „Warum von Gesetzes wegen der Zugang zum Verbrechensopfergesetz verwehrt wird, kann ich nicht nachvollziehen.“

Nach dem Verbrechensopfergesetz können Betroffene Verdienstentgang einklagen, weil die Folgen der Verbrechen, denen sie in der Kindheit und Jugend ausgesetzt waren, ihre Lebenschancen deutlich minimiert haben. Die rechtlichen Voraussetzungen sind streng, aber im Erfolgsfall steht den Opfern viel Geld zu – als Ausgleich für ein ohne eigene Schuld verpfuschtes Leben.

„Ich möchte den Weg zum Verbrechensopfergesetz wieder frei machen. Denn für die Opfer kommt es einer nachträglichen Bestrafung gleich, wenn ihnen die Klagen nach diesem Gesetz verwehrt bleiben, sobald sie eine Heimopferrente beziehen. Die Geschichte jedes und jeder Betroffenen ist ein Einzelfall. Und jeder Einzelfall sollte das verfassungsmäßige Recht haben, für seine Rechte zu kämpfen. Das Risiko, vor Gericht zu verlieren ist hoch. Das ist mir klar. Und die emotionale Belastung auch. Doch wer sind wir, als Gesetzgeber, um hier ausgerechnet diesem Personenkreis Vorschriften zu machen?“, fragt Holzinger abschließend.

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Ein Kommentar

  • Wer hatte in WIEN Interesse an frischen MALARIAVIEREN ?

    Die Ärzte die an einem Impfstoff geforscht haben und an Medikamenten…..
    Die Wiener Universitätsklinik wollte damals das „Rennen“ gewinnen bei „Eredication of Malaria“ das weltweit lief an vielen Einrichtungen. Es gab auch jede Menge Gelder für Forschung dafür.
    In den USA hat man an Gefängnisinsassen und auch an Waisenkindern geforscht.In Australien und England ebenso.Steht aber inzwischen alles auf wikipedia zum Nachlesen für Interessierte.
    Jetzt forscht halt BILL GATES in Entwicklungsländern weiter…… Der will jetzt das Rennen machen und damit in die Geschichtsbücher als Bezwinger der Malaria eingehen,um damit doch noch zu einem Nobelpreis zu kommen.
    Einige Anläufe hat er ja schon gestartet. Aber das steht ebenfalls alles im Internet und ist auch auf Videos zu sehen. Einige „seiner“ Versuche sind ja fehlgeschlagen bisher.
    Man muß ihm nur aufmerksam zuhören,er erzählt ja alles auf Videos freimütig und stolz. „We made already progress…“