Am 24. November 2024 verstarb Ing. Günther Ertl unerwartet im 84. Lebensjahr. Ein Versuch einer Hommage an Günther Ertl aus dem Blickwinkel eines langjährigen Mitstreiters.
Günther Ertl ist erstmals an mich herangetreten mit der Idee der Realisierung einer taktilen Leitlinie entlang der Bahnsteigkante, im Interesse der Verkehrssicherheit blinder und schwer sehbehinderter Benutzer der Wiener U-Bahn.
Er war der Impulsgeber, es war seine Idee
Gemeinsam entwickelten wir dann auf dieser Grundlage ein Pilotprojekt in der Taubstummengasse und eine Feldstudie in Heiligenstadt. Wir haben Neuland betreten. Außer einigen Pilotprojekten in Japan gab es damals weltweit nichts Vergleichbares.
Er hat unsere gemeinsam mit den Blinden- und Sehbehinderten Organisationen gewonnenen Erkenntnisse erstmals in einem Stand der Technik, der ÖNORM V2102 ertabliert und mich als Planungsingenieur der Wiener U-Bahn in die Lage versetzt, ein taktiles Leitsystem erstmals in Europa im U-Bahn-Neubau zu implementieren und im U-Bahn-Grundnetz über Folgeprojekte umzusetzen. Das war ein Meilenstein in der Geschichte der Barrierefreiheit, der inzwischen in ganz Europa Schule gemacht hat.
Doch wir beließen es nicht dabei, sondern entwickelten auf dieser Grundlage zahllose Folgeprojekte, die alle aufzuzählen den Rahmen einer Hommage sprengen würde.
Nur vielleicht soviel: Als ich dann neben meiner Tätigkeit als Planungsingenieur der Wiener U-Bahn begann, Forschungsprojekte auf die mit Günther Ertl geschaffene Grundlage aufzusetzen, führte ein weiterer Entwicklungsschub über Projekte wie POPTIS, ein Pre-On-Post-Trip-Informationssystem, eine App zum selbstbestimmten Navigieren von blinden und schwer sehbehinderten Fahrgästen durch das Wiener U-Bahn-Netz, oder MofA (Mobilität für Alle), eine Prüfmethode zur Feststellung der Barrierefreiheit in Stationsbauwerken, zu weiteren Leuchtturmprojekten.
Auch wenn ich ad personum Projektleiter war, weil diese Angelegenheiten in meinem Aufgabenbereich fielen, ist es mir ein Anliegen festzuhalten, dass ich Günther Ertl und auch die Experten der Behindertenorganisationen stets in all meine Projekte als Projektpartner einbezogen habe.
Abschließend möchte ich mich nicht wichtig machen, sondern nur formell Bericht erstatten. Im Jahr 2023 wurde mir als Planungsingenieur der Wiener Linien für meine Leistungen das „goldene Verdienstzeichen“ der Stadt Wien verliehen.
Anläßlich des Ablebens von Günther Ertl, und zuvor bereits von Eduard Riha, möchte ich diese Auszeichnung diesen Impulsgebern sowie den Experten aller Behindertenorganisationen widmen, die Günther Ertl und mich stets unterstützt haben, oder durch lautstarke Protestaktionen Menschen wie uns in die Lage versetzt haben, Projekte im Interesse der Barrierefreiheit in Angriff nehmen zu können.
Liebe letzte Grüße an dich lieber Günther, danke für alles.
Die Beisetzung findet am 12. Dezember 2024 um 10 Uhr am Friedhof Mauer statt