Hostasch: Regierung forciert Behindertenintegration

"Mit der Neuregelung des Behinderteneinstellungsgesetzes wird die Integration weiter ausgebaut. Die Bundesregierung eröffnet mit der Novelle Menschen mit Handicap zusätzliche Chancen am Arbeitsmarkt.

Eleonore Hostasch
ÖAR

Der arbeitsrechtliche Sonderschutz bleibt ebenfalls erhalten“, erläutert Sozialministerin Lore Hostasch die Intentionen der Neuordnung des Behindertengesetzes, die heute auf der Tagesordnung des Ministerrates steht.

Die wichtigsten Neuregelungen betreffen den Ausbau der Arbeitsassistenz, die künftige Nichteinrechnung der Lehrlinge in die Dienstnehmerzahl und die Neuordnung der Ausnahmeregelungen bei der Behinderteneinstellung. Zudem entfallen künftig die Prämien für die Übererfüllung der Beschäftigungspflicht. Der besondere Kündigungsschutz wird ebenfalls geringfügig modifiziert und greift künftig erst nach drei Monaten.

Die Bundesregierung räumt der beruflichen Eingliederung behinderter Menschen einen besonderen Stellenwert ein. Aus diesem Grund werden aus den Mitteln des vom Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales verwalteten Ausgleichstaxfonds laufend Förderungen für die Integration behinderter Menschen ins Erwerbsleben gewährt.

So gelang es allein 1997 in über 4.000 Fällen durch die Leistung von Lohnkostenzuschüssen neue Arbeitsmöglichkeiten für behinderte Menschen zu schaffen oder Arbeitsplätze Behinderter zu erhalten.

Trotz dieser Anstrengungen waren im Jahresdurchschnitt 1997 beim Arbeitsmarktservice in ganz Österreich ca. 37.500 behinderte Menschen als arbeitslos gemeldet. Zugleich waren von insgesamt rd. 68.000 nach den Bestimmungen des Behinderteneinstellungsgesetzes (BEinstG) errechneten sogenannten „Pflichtstellen“, auf denen begünstigte Arbeitnehmer eingestellt werden müßten (derzeit rund 72.000 Begünstigte), ca. 27.000 nicht mit Behinderten besetzt. Auf rund 40 Prozent der für behinderte Menschen vorgesehenen Arbeitsplätze waren demnach keine behinderten Arbeitnehmer beschäftigt.

Um weitere Verbesserungen bei der Eingliederung behinderter Menschen in den allgemeinen Arbeitsmarkt zu erreichen, wird nach eingehenden Gesprächen mit den Sozialpartnern und den Interessenvertretungen eine Neuordnung der Behinderteneinstellung angestrebt.

Die Novelle des BEinstG sieht in diesem Zusammenhang folgende Maßnahmen vor:

  • Ausbau der Arbeitsassistenz: Das Instrumentarium der Arbeitsassistenz wurde vor einigen Jahren in Form von Modellversuchen in Österreich erstmals eingesetzt und hat sich überaus bewährt. Die Arbeitsassistenz verfolgt das Ziel, schwerbehinderten Menschen durch besonders intensive Betreuung und Beratung zu einer dauerhaften Eingliederung in das Erwerbsleben zu verhelfen. Arbeitsassistenten werden aus Mitteln des Ausgleichstaxfonds, des Arbeitsmarktservice und des jeweiligen Landes unter Zuhilfenahme von Geldern aus dem Europäischen Sozialfonds finanziert. Die Arbeitsassistenz soll als Dauereinrichtung etabliert und flächendeckend in Österreich angeboten werden.
  • Nichteinrechnung der Lehrlinge in die Dienstnehmerzahl: Die Zahl der von einem Dienstgeber zu beschäftigenden behinderten Menschen hängt von der Gesamtzahl seiner Dienstnehmer ab. Bisher waren Lehrlinge bei dieser Berechnung voll einzubeziehen. In Zukunft soll das nicht mehr der Fall sein. Dies führt indirekt zu einer Kostenentlastung für die Dienstgeber. Damit soll in Ergänzung zu dem von der Bundesregierung vor kurzem beschlossenen Lehrlingspaket ein weiterer Anreiz zur verstärkten Aufnahme von Lehrlingen in Unternehmen geboten werden.
  • Neuordnung der Ausnahmen für bestimmte Wirtschaftsbereiche und deren Entfall für Gebietskörperschaften: Die nach der derzeitigen Rechtslage für eine Reihe von Wirtschaftszweigen und die Gebietskörperschaften bestehenden Ausnahmeregelungen betreffend die Zahl der zu beschäftigenden behinderten Arbeitnehmer werden neu geregelt. Dazu ist festzuhalten, daß derzeit bereits deutlich mehr behinderte Menschen dem Kreis der begünstigten Behinderten angehören als Pflichtstellen bei sämtlichen privaten und öffentlichen Dienstgebern zur Verfügung stehen. Dies führt dazu, daß bei weitem nicht jedem begünstigten Behinderten eine Pflichtstelle gegenübersteht.
  • Entfall der Prämien für die Übererfüllung der Beschäftigungspflicht: Aufgrund der bestehenden gesetzlichen Regelungen stehen bei Übererfüllung der Beschäftigungspflicht Prämien zu. Diese werden nach einem wenig effizienten „Gießkannenprinzip“ ausbezahlt. Die mangelnde Wirksamkeit dieser Prämie (sie beträgt derzeit monatlich öS 715 S) für die Beschäftigung behinderter Menschen wurde auch von unabhängigen Studien belegt, weshalb sie in der bestehenden Form nicht mehr gewährt werden soll.

    Die freiwerdenden Mittel sollen für gezielte und am Bedarf orientierte Einzelförderungen zur Schaffung und Erhaltung von Arbeitsplätzen für behinderte Menschen eingesetzt werden (z.B. Einstellungsbeihilfen, Ausbau der Arbeitsassistenz). Für diese Förderungsarten können auch verstärkt Mittel des Europäischen Sozialfonds zur Kofinanzierung herangezogen werden.

  • Kündigungsschutz: Zufolge der zunehmend kritischen Betrachtung des erhöhten Kündigungsschutzes für begünstigte Behinderte ist im vorliegenden Novellenentwurf eine geringfügige Modifizierung dieses besonderen Bestandschutzes vorgesehen. Am unverzichtbaren Kern desselben wird dabei aber keine Veränderung vorgenommen.
  • Präventivmaßnahmen: Bisher konnten Förderungen nach dem BEinstG nur zum Einsatz kommen, um die Folgen bereits bestehender Behinderungen zu mildern. Zukünftig sollen die Mittel des Ausgleichstaxfonds auch präventiv für Personen verwendet werden können, denen die Fortsetzung ihrer erlernten oder ausgeübten Beschäftigung nicht möglich ist, da ihnen schwere Gesundheitsschädigungen drohen würden. Diese Förderungen werden ergänzend zu finanziellen Unterstützungen anderer Rehabilitationsträger gewährt, sollen deren Leistungen aber nicht ersetzen.
  • Neue Kriterien für die Einschätzung des Grades der Behinderung: Die Einschätzung des Grades der Behinderung erfolgt derzeit auf der Basis der zum Kriegsopferversorgungsgesetz 1957 erlassenen Richtsatzverordnung aus dem Jahr 1965. Aufgrund des medizinischen Fortschrittes und der Entwicklung der Arbeitsbedingungen in den letzten 30 Jahren erweist sich die Richtsatzverordnung für den Zweck des Behinderteneinstellungsgesetzes als nicht mehr adäquat. Die Erlassung neuer, den heutigen Erfordernissen besser angepaßten Kriterien zur Beurteilung des Grades der Behinderung wird durch die Neuregelung ermöglicht.
  • Verbesserung der Stellung der Behindertenvertrauenspersonen: Die Stellung der Behindertenvertrauenspersonen als Wahrer der Interessen der behinderten Mitarbeiter eines Unternehmens oder eines Konzerns soll weiter gestärkt werden. In Anlehnung an andere betriebliche Interessenvertreter sollen halbjährliche Versammlungen der Vertrauenspersonen zur effektiveren Unterstützung der Belange der behinderten Arbeitnehmer ermöglicht werden.

„Mit der Novelle des Behinderteneinstellungsgesetzes ist uns eine zeitgemäße Adaption gelungen, von der die behinderten Menschen profitieren werden. Ich bin mir sicher, daß wir der Integration behinderter Menschen in den Arbeitsmarkt ein entscheidendes Stück näher gekommen sind“, so Sozialministerin Lore Hostasch abschließend.

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