Huainigg: „Behinderte Kinder kein Schadensfall“

Neue Hartheim-Publikation thematisiert aktuelle Fragen der Behindertenpolitik

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Heute, Montag, wird im Lern- und Gedenkort Schloss Hartheim das Buch „Lebensbilder. Menschen mit und ohne Behinderung“ präsentiert. Die Publikation erscheint als erster Band der Reihe „Gesellschaftspolitische Texte des Lern- und Gedenkorts Schloss Hartheim“. 18 AutorInnen, unter ihnen ÖVP-Behindertensprecher Abg. Dr. Franz-Joseph Huainigg, gewähren Einblick in den Alltag von Menschen mit Behinderung und beziehen Stellung zu aktuellen Fragen der Behindertenpolitik.

Huainigg stellt in seinem Beitrag die Normen und Werte unserer Gesellschaft in Frage, die zunehmend vom Fortschrittsgedanken geprägt werden. Behindertes Lebens werde dabei immer öfter als „Störfaktor“, als „vermeidbares Übel“ gesehen. „Das beginnt bereits vor der Geburt. Ein Kind sollte möglichst dem vorherrschenden Ideal entsprechen. Alles, was nicht in die Norm passt, wie Behinderungen, wird in Frage gestellt“, sagt Huainigg und legt dies anhand von zwei OGH-Urteilen dar: In einem Fall klagte die Mutter nach der Geburt ihres Kindes mit Down-Syndrom den behandelnden Gynäkologen auf Schadenersatz. Ihre Forderungen wurden zunächst in zwei Instanzen abgewiesen, der OGH hob diese Entscheidung jedoch auf – was letztlich eine Verurteilung des Arztes auf Kostenersatz des gesamten Lebensunterhaltes des Kindes bedeuten kann.

Fast zur gleichen Zeit entschied der OGH in einem ähnlichen Fall – nur handelte es sich diesmal um ein nicht behindertes Kind, das durch einen Beratungsfehler bei der Sterilisation unerwünscht zur Welt kam. Das nicht behinderte Kind stellt in den Augen der OGH-Richter keinen Schaden dar, der Gynäkologe wurde dementsprechend nicht zu Schadenersatz verurteilt.

„Anhand dieser unterschiedlichen OGH-Rechtssprechung wird deutlich, dass behindertes Leben als minderwertig oder zumindest als nicht gleichwertig eingestuft wird – ein klarer Verstoß gegen die Verfassungsbestimmung, der zufolge niemand aufgrund seiner Behinderung benachteiligt werden darf“, kritisiert Huainigg und hält abschließend fest: „Es gibt kein Recht auf ein gesundes Kind! Ein behindertes Baby ist kein Schadensfall und es wird Zeit, dass die Gesellschaft zur Kenntnis nimmt, dass auch Menschen mit Behinderung ein erfülltes und selbstbestimmtes Leben inmitten der Gesellschaft leben können.“

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