Huainigg: Bildungsreform bringt Verbesserungen für Kinder mit Behinderungen

Antrag zur Qualitätssicherung der Ausbildung von ÖGS-LehrerInnen eingebracht

Franz-Joseph Huainigg
Christian Müller

Im Zuge der heutigen Plenardebatte zur Bildungsreform geht Abg. Franz-Joseph Huainigg, ÖVP-Sprecher für Menschen mit Behinderung, insbesondere auf die Verbesserungen ein, die behinderte Kinder betreffen: „Ein freiwilliges 10. und 11. Schuljahr für entwicklungsverzögerte Jugendliche wird nun auch an Regelschulen möglich, nicht mehr nur an Sonderschulen. Die schulische Beratung für Eltern behinderter Kinder soll mehr und mehr entkoppelt werden von den Sonderschulen, sprich wird an die neu entstehenden Bildungsdirektionen verlagert. Das freiwillige Ausführen medizinischer Tätigkeiten an Schüler/innen mit Pflegebedarf durch Lehrer/innen war bislang ein Graubereich, wird nun ins Gesetz aufgenommen und klärt somit die Haftungs- bzw. Versicherungsfrage. Meine Forderung, dass diese freiwillige Hilfeleistung gleichermaßen Schulassistent/innen möglich sein muss, bleibt aufrecht. Die neu geschaffene Möglichkeit der Clusterbildung sehe ich als Chance zur verstärkten Zusammenarbeit zwischen Sonder- und Regelschulen.“

Zudem greift Huainigg jenen Entschließungsantrag auf, wonach die Pädagogischen Hochschulen anzuweisen sind, die Aus- und Weiterbildungsangebote für Lehrkräfte in Österreichischer Gebärdensprache (ÖGS) zu klassifizieren und das erreichte Sprachniveau entsprechend auszuweisen.

„Damit wird die Verankerung der ÖGS in der Pädagog/innenaus- und weiterbildung forciert und standardisiert. ÖGS ist die Muttersprache gehörloser Kinder, und jedes Kind soll das Recht darauf haben, in der eigenen Muttersprache geschult zu werden. Denn inzwischen weiß man aus der Sprachforschung, dass eine weitere Sprache nur dann gut erlernt werden kann, wenn es eine gute muttersprachliche Basis gibt. Der alte Streit Lautsprache versus Gebärdensprache sollte längst der Vergangenheit angehören, die Zukunft liegt in der Bilingualität, wovon hörende Kinder genauso profitieren wie gehörlose“, erklärt Huainigg und führt weiters aus, „dass Lehrende mit Behinderungen in ihrer authentischen Vorbildwirkung nicht zu unterschätzen sind, weshalb die Angebote noch intensiver zu bewerben wären. Berufskolleg/innen mit Behinderung sind eine große Bereicherung für das soziale Lernen aller. Die körperliche Eignung als Voraussetzung für ein Lehramtsstudium wurde inzwischen gestrichen, nun liegt die Herausforderung darin, Menschen mit Behinderung für den Beruf des Lehrers / der Lehrerin zu begeistern und vor allem zu ermutigen“.

Eine Vorreiterin ist Frau W., die diese Ausbildung durchlaufen hat und nunmehr in ihrer Muttersprache ÖGS unterrichtet. Mit großer Sorge und Unverständnis reagierten Elternvertreter/innen als es plötzlich hieß, ab Herbst gäbe es keine schulische Einsatzmöglichkeit mehr für sie.

„Ich kenne Frau W. schon seit Jahren, habe ihren lebendigen Unterricht miterlebt und war genauso entsetzt, dass sich der Wiener Stadtschulrat von einer derart engagierten und empathischen Lehrerin überraschend verabschieden wollte. Umso mehr freut es mich, dass der Stadtschulrat einlenkte und Frau W. nun weiterhin vollzeitbeschäftigt in der bilingualen Klasse ihrer bisherigen Schule unterrichten und ihr Vertrag als Sonderschulpädagogin unbefristet verlängert wird! Zudem wird ein Standort gesucht, um eine bilinguale Klasse in Wien dauerhaft einzurichten“, zeigt sich Huainigg erfreut.

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3 Kommentare

  • Schön, dass es wieder einige positive Schritte gibt. Was die Qualitätssicherung bezüglich „Aus- und Weiterbildungsangebote für Lehrkräfte in Österreichischer Gebärdensprache“ betrifft, muss ich leider anmerken: Eine Ausbildung – nämlich so wie für Lehrer_innen anderer Sprachen – gibt es in Österreich nicht, nur ein paar Kurse in ÖGS für Interessierte. Die Menschen würden sich schön bedanken, wenn z.B Englisch von Personen mit so wenig Ausbildung in Englisch unterrichtet würden (dafür braucht man ein ganzes Studium). Solange ÖGS nicht als Unterrichtssprache eingeführt wird, wird diese Misere auch anhalten. Das bedeutet nicht, dass ich die jetzigen Lehrer_innen demotivieren will: Wir müssen ihnen dankbar sein, dass sie sich für die gehörlosen Kinder, ÖGS und bilingualen Unterricht interessieren. Aber Sprachunterricht muss einheitlich organisiert sein und sich in Ausbildung, Lehrplan usw. an die üblichen Standards halten. Die völlige Angleichung von ÖGS als Sprache in Bildung und Ausbildung wäre eigentlich Sache des Gesetzgebers (= Parlament), der seit der Anerkennung der ÖGS in der Verfassung dazu säumig ist. Das Bildungsministerium und das Parlament reden sich gegenseitig darauf aus, dass der jeweils andere ja noch keinen Gesetzesvorschlag eingebracht hat (und das seit 2005). Was soll man von solchen Politiker_innen und Hohen Beamt_innen halten, die mit Bewusstsein die Gehörlosen diskriminieren und darauf vielleicht auch noch stolz sind? Der Präsident des Kärntner Landesschulrats, Rudolf Altersberger, hat das Parlament schon 2014/15 aufgefordert, tätig zu werden.

  • 1. Es ist erfreulich, dass Jugendliche weiter in die SChule gehen dürfen, aber wo ist die Bildungspflicht bis 18 geblieben?
    2. Jedes Kind, das einen von der Schulpsychologie gemessenen IQ von mehr als 69 hat, erhält keinen „sonderpädogischen Förderbedarf“ mehr. Das bedeutet im Klartext, dass dieses Kind keinen Anspruch mehr auf eine ordentliche I-Klasse mit 2 Lehrern hat. Die armen Kinder!! Man nimmt ihnen eine ganz große Chance und zerstört ein System, das jetzt jaqhrzehntelang gut funktioniert hat, nachdem es Eltern vor mehr als 30 Jahren bitter erstritten hatten!

  • franz joseph huainigg schafft es, die „reform“ zu loben und erwähnt mit keinem wort, daß die sonderschulen weiter ausgebaut werden. wenn ich mich recht erinnere, steht in der uno-behindertenkonvention, daß jegliche sonderschule abgeschafft werden soll. man weiß nicht, ist es frotzelei oder bewußtes verschweigen. so sehr ich fj huainigg früher schätzte (seinen einsatz gegen euthanasie, p.A. und tw. auch „licht ins dunkel“) – was er mit der abschaffung des besonderen schutzes für behinderte arbeitnehmer zerstörte, war schon schlimm. und jetzt das! wenn das die neue qualität einer konservativen bewegung ist, da kann ich nur sagen: alt schauen wir aus, sehr alt. und von franz joseph hätte ich gern gehört, was er zum fortbestehen und zum ausbau der sonderschulen sagt.