Huainigg: Chancengleichheit und Gleichstellung statt Mitleid und Almosen

ÖVP-Behindertensprecher macht am Tag der Chancengleichheit "Persönliche Assistenz" für behinderte Menschen zum Thema

Franz-Joseph Huainigg
ÖVP

Chancengleichheit für behinderte Menschen am Beginn und am Ende des Lebens fordert Abg. Dr. Franz-Joseph Huainigg, Sprecher des ÖVP-Parlamentklubs für Menschen mit Behinderung, heute, Montag, am Tag der Chancengleichheit.

Der Abgeordnete tritt für die Gleichbehandlung von ungeborenen behinderten Leben ein und fordert ein Verbot der aktiven Sterbehilfe im Verfassungsrang. „Weiters plädiere ich für die Fortführung und den Ausbau der Gleichstellungspolitik, um behinderten Menschen ein selbstbestimmtes und gleichberechtigtes Leben zu ermöglichen.“ Besondere Bedeutung komme dabei dem Modell der „Persönlichen Assistenz“ zu, das heute, Montag, Thema eines von Huainigg initiierten Expertendialoges ist.

„Will die österreichische Gesellschaft, dass Hilfe zum Suizid oder andere Formen der Sterbehilfe im Prinzip zulässig sind?“ Mit dieser Frage polarisierte Barbara Helige, die Präsidentin der Richtervereinigung, vergangene Woche in einem Interview für die Tageszeitung „Der Standard“. „Helige rüttelt damit am bestehenden politischen Konsens, der lautet: Sterbebegleitung statt Sterbehilfe. Mir ist das unverständlich, denn der Lebensschutz bis zuletzt hat in Österreich hohen Stellenwert und steht auf breiter Basis“, sagt der Behindertensprecher.

Mit der Hospiz- und Palliativbewegung sowie dem Patientenverfügungsgesetz seien Strukturen geschaffen worden, die die Autonomie des Einzelnen wahren und zugleich ein Sterben in Würde ermöglichen. Huainigg plädiert für die Verankerung der Menschenwürde und für ein generelles Verbot der Sterbehilfe in der Verfassung.

Problematisch sieht Huainigg auch die Selektion behinderten Lebens vor der Geburt. Vor allem Spätabtreibungen im Rahmen der Eugenischen Indikation stellen für ihn eine unerträgliche Situation dar: „Die Möglichkeit, behinderte Kinder bis zur Geburt abzutreiben, ist dringend zu hinterfragen“, sagt Huainigg, der die Fristenregelung dabei außer Frage stellt und sich mehr Unterstützung für betroffene Eltern wünscht: „Diese geraten immer mehr unter Druck und sehen sich mitunter gezwungen, ihre Entscheidung für ein behindertes Kind vor der Gesellschaft zu rechtfertigen. Aufklärungsarbeit, verbesserte Rahmenbedingungen und Beratungen sind hier unerlässlich.“

Nicht nur Fragen zum Beginn und Ende des Lebens drängen. „Am Tag der Chancengleichheit muss die gleichberechtigte und selbstbestimmte Teilhabe behinderter Menschen am Leben ein zentrales Thema sein“, sagt der ÖVP-Behindertensprecher. Ein wichtiges Instrument, um dies zu ermöglichen, ist das Modell der Persönlichen Assistenz. Huainigg diskutiert heute, Montag, mit rund 30 Experten und Betroffenen das Thema „Pflegetätigkeiten durch Laienhelfer und Persönliche Assistenten“.

Im Rahmen dieses Expertendialoges fordert der Behindertensprecher eine Änderung des Gesunden- und Krankenpflegegesetzes (GUK). „Dieses berechtigt Laienhelfer derzeit nur eingeschränkt zur Ausübung von Pflege- und Assistenztätigkeiten. Das Modell der ‚Persönlichen Assistenz‘ setzt jedoch auf individuelle Unterstützung und entspricht so am ehesten dem Bestreben behinderter Menschen nach Eigenverantwortung für ihr Leben. Hier braucht es Laienhelfer, die für die speziellen Bedürfnisse der betreuten Person geschult werden und diese auch ausüben dürfen“, so Huainigg.

Am Modell der „Persönlichen Assistenz“ zeige sich auch der Paradigmenwechsel, der sich in der Behindertenpolitik vollzogen hat:
„Behinderte Menschen fordern heute selbstbewusst ihre Rechte ein – und das zu Recht. Gleichstellung statt Mitleid und Almosen darf kein Lippenbekenntnis sein.“

Chancengleichheit sei keine lästige Pflicht gegenüber Benachteiligten, sondern eine Chance für unsere Gesellschaft: „Wir alle profitieren von einem Leben in Vielfalt, das die gleichberechtigte Teilhabe behinderter Menschen als Bereicherung begreift“, sagt Huainigg abschließend und ergänzt: „Nicht alle Menschen sind gleich, doch jeder hat das gleiche Recht auf ein selbstbestimmtes Leben. Dies zu ermöglichen und die dafür nötigen Rahmenbedingungen zu schaffen, ist Aufgabe der Politik.“

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0 Kommentare

  • Liebe(r) anonym, medizinisches Personal in Krankenhäusern und Arztpraxen, Pensionen, Arbeitslosengeld, Bildung, Verwaltung, Legislative und Exekutive usw. usw. bezahlt auch „jemand“, nämlich wir alle mit unserem „Sozialprodukt“, weil „wir es uns wert sind“! Bei den Forderungen nach bedarfsgerechten Assistenzleistungen für Menschen, die eindeutig der Hilfe für ein menschenwürdiges Leben bedürfen, geht es nicht um „Luxusprobleme“ sondern um existenzielle Bedürfnisse, alltägliche Lebensnotwendigkeiten und berechtigte Forderungen nach Chancengleicheit und Teilhabe. Wer „Persönliche Assistenz“, die effizienteste (!) Form von Hilfe verweigert, stattdessen das Hilfesystem weiterhin auf teureren Sachleistungen und (Aus)Sonder(ungs)Anstalten, einem Relikt des vorletzten Jahrhunderts, aufbauen will, muss sich der politischen und gesellschaftlichen Verantwortung im Sinne der „VERHÄLTNISMÄSSIGKEIT“ stellen!

  • ** Sicher wäre um Menschen wie Stephen Hawking und Dr. Huainigg schade, die kriegen ihre Unterstützungen, und sind produktiv. **

    Ich finde diesen Satz sehr irritierend. Heisst das, dass Behinderte in den Medien oder die laut Ihrer Meinung „produktiv“ sind mehr Unterstützung erhalten soll, als jemand der zB nur in einem Betrieb angestellt ist oder im schlimmsten Fall gar keinen Job hat?

    Und woher wollen Sie, Herr oder Frau anonym, wissen, ob nicht auch andere so produktiv sind? Nur weil sie nicht in den Medien erscheinen? Ich kenne genug behinderte Kollegen, die ebenfalls sehr viel leisten – und das ohne Beifall der Öffentlichkeit. Ich hoffe nicht, dass Sie mit diesem Beitrag bezwecken, dass man Behinderte selektieren sollte, oder?

  • Selnstbestimmung bis zum Schluss – tolle Sache, auch wenn mit den Schwerbehinderten (Kindern oder Erwachsenen) dann Dutzende Pflegepersonen beschäftigt sind, die ja bitteschön auch jemand für ihre Arbeit bezahlen muss. Bei gesunden Menschen ist es mit der Schutzwürdigkeit oft nicht so weit her, Alte, Obdachlose oder einfach nur Bettelarme kriegen nichts, keine Assistenz, kein Geld, die können sich ja selber helfen, so die Mär im sozialen Österreich. In diesem Lande gibt es in der Rechtssprache den Begriff der VERHÄLTNISMÄSSIGKEIT, und den möchte ich manchen BehindertenvertreterInnen gerne ans Herz legen. Sicher wäre um Menschen wie Stephen Hawking und Dr. Huainigg schade, die kriegen ihre Unterstützungen, und sind produktiv. Darf man nicht mehr sagen, dass Andere das Leben halt nicht mehr freut, oder sie nie aktiv daran teilnehmen werden können? Wo anderswo Kinder haufenweise verhungern, oder in den Krieg geschickt werden? Streiten wir uns da nicht um „Luxusprobleme“?