Für nicht zweckmäßig und nicht zu Ende gedacht hält der Sprecher des ÖVP-Parlamentsklubs für Menschen mit Behinderung, Abg. Dr. Franz-Joseph Huainigg, den steirischen Vorschlag, das Pflegegeld in eine Sachleistung umzuwandeln.
„Das Pflegegeld als Geldleistung hat sich bestens bewährt. Es gibt den Betroffenen Flexibilität und ermöglicht ihnen, individuell und ihrem Bedarf entsprechend Pflege und Betreuung zu organisieren“, sagte Huainigg heute, Montag.
Eine Umwandlung in eine Sachleistung sei nicht nur unfinanzierbar, sondern bevormunde pflegebedürftige und behinderte Menschen und dränge sie in Institutionen. „Der Wunsch der Betroffenen ist es, im eigenen familiären Umfeld selbstbestimmt leben zu können, und das muss der Ansatzpunkt in einer lösungsorientierten Diskussion sein“, so der ÖVP-Behindertensprecher.
„Die derzeitigen Rahmenbedingungen in den Pflegeheimen sind oft nicht mehr ganz zeitgemäß und entsprechen vielfach nicht mehr den Bedürfnissen der Betroffenen und deren Streben nach Integration und selbstbestimmtem Leben“, so Huainigg weiter. Es brauche ein breites Angebot an regionalen stationären, teilstationären und mobilen Betreuungs- und Pflegemöglichkeiten sowie eine weitere Verbesserung der Unterstützungsmaßnahmen für pflegende Angehörige.
„Behinderte und ältere Menschen möchten selbst entscheiden, wie sie leben und alt werden möchten. Dafür müssen wir die geeigneten Rahmenbedingungen schaffen. Bewährtes, wie das Pflegegeld, sollte nicht in Frage gestellt werden“, schloss Huainigg.
günter,
01.07.2007, 16:36
Mit großen Entsetzen lese ich schon wieder besonders in der Steiermark das es einige Politiker gibt die Nachdenken das Pflegegeld in eine Sachleistung um-zuwandeln.
Ich hoffe sehr das Sie sich weiter für eine Geldleistung einsetzen oder zumindest eine freie Auswahl. Bitte lassen Sie uns Behinderten noch diese kleine Menschenwürde, dass wir frei entscheiden können ob Organisation oder jemand aus der Familie. Bitte! Habe große Zukunftsängste das mir meine Eigenständigkeit genommen wird!!
Gerhard Lichtenauer,
23.05.2007, 13:46
Sehr geehrter Herr Dr. Huainigg, danke für die Absage an die immer wiederkehrenden Phantasien von Sachleistungen. Ihre Beurteilung der Unzeitgemäßheit von so genannten „Heimen“ ist leider zu sanft ausgedrückt.
Ihre Aussage über die Bewährung des Pflegegeldes als „Geldleistung“ trifft zwar dem Sinn nach zu, in der Praxis jedoch schon lange nicht mehr, weil der ursprünglichen Intention des Gesetzgebers nach einem „bedarfsorientierten Pflegegeld“ durch verantwortungslose Politik der letzten 14 Jahre – auf Bundes- und Länderebene – kontinuierlich entgegengehandelt wurde.
Die inflationsbedingte Entwertung seit Einführung des Pflegegeldes beträgt bereits mindestens 18 %. Alleine schon dadurch wurde den Pflegebedürftigen bisher etwa das Pflegegeld eines gesamten Jahres (!) zum Stopfen von Budgetlöchern abgezweigt. Bei schwacher Lobby und Stillhalten der Medien kann man das schon machen, ohne politisch den Kopf zu riskieren.
Der Sinn des Pflegegeldes (§1 BPGG) wurde scheibchenweise demontiert. Maßnahmen wie der Abschlag von der erhöhten Familienbeihilfe, Kostenexplosion bei Pflegedienstleistern, Streichung des Sonderausgabenfreibetrags, unverhältnismäßige Kostenbeiträge für Tagesstrukturen, sowie viele andere Selbstbehalte und vom Pflegegeld abzudeckende Kosten (sogar HKP, entgegen dem Gesetz), haben zusammen mit den Nichtvalorisierungen insgesamt einen (meiner Einschätzung nach, gesetzlich nicht gedeckten) Kahlschlag am Pflegegeld verursacht, welcher die Hauptursache der heutigen Pflegemisere ist.
Die Aussage „ihrem Bedarf entsprechend Pflege und Betreuung zu organisieren“ träfe nur zu, wenn das Pflegegeld eben bedarfsgerecht dotiert wäre, was bekanntermaßen schon lange nicht mehr zutrifft. Betroffene und pflegende Angehörige hatten und haben dies zu verkraften, womit haben sie das verdient?
Wolfgang Mizelli,
23.05.2007, 10:27
Wir würden gerne selbstbestimmen, aber bei den Beträgen von Selbstbestimmung zu reden, ist ein Scherz, zynisch und beleidigend für mindestens 350.000 Staatsbürgerinnen und Staatsbürger. Wir sollten da eher von Folter, unwürdiger Behandlung und ständiger Verletzung von Menschenrechten reden.