Huainigg: Verfassungsrechtliche Anerkennung der Gebärdensprache vor elf Jahren

Inzwischen hat die Österreichische Gebärdensprache in vielen Bereichen ganz selbstverständlich Eingang gefunden.

Franz-Joseph Huainigg
Christian Müller

„Auf den Tag genau vor elf Jahren, am 6. Juli 2005, fiel der Beschluss zur Anerkennung der Österreichischen Gebärdensprache (ÖGS) in der Verfassung. Dies war nicht bloß ein symbolischer Formalakt, sondern ein gesellschaftspolitisches Momentum mit Impetus. Seither ist die ÖGS stärker ins Bewusstsein gelangt, ein Paradigmenwechsel wurde angestoßen. Man redet nicht mehr von ‚taubstumm‘, sondern von ‚gehörlos‘ – gehörlose Menschen sind keineswegs stumm, sie sprechen auf sehr ästhetische und kunstvolle Weise mit ihren Händen. Vielmehr ist die Community der Gehörlosen eine Sprachminderheit denn eine Gruppierung behinderter Menschen, wie sie selbst sagen“, erklärt Abg. Franz-Joseph Huainigg, ÖVP-Sprecher für Menschen mit Behinderung.

Huainigg weiter: „Ich erinnere mich gut – damals war von ‚Herumfuchtelei‘ die Rede, und die ÖGS sei keine vollwertige Sprache. Ich versuchte, meinen Kolleg/-innen im Parlament das Gegenteil zu beweisen, indem ich meine Plenarreden und damit verbunden schwierige Begriffe, Namen oder Witzchen dolmetschen ließ. So haben die Kolleg/-innen erkannt, dass mit der Gebärdensprache genauso jede Emotion, jeder Name, jeder Fachbegriff ausgedrückt werden kann. Damit gelang mir wichtige Überzeugungsarbeit im Hinblick auf die Verankerung der ÖGS in der Verfassung.“

Inzwischen hat die ÖGS in vielen Bereichen ganz selbstverständlich Eingang gefunden. So werden die Parlamentsreden gedolmetscht, es gibt eine gehörlose Nationalrätin, die Nachrichten im öffentlich-rechtlichen Fernsehen werden gedolmetscht, Veranstalter nehmen Rücksicht darauf u.v.m.

„Viel ist bereits geschehen, viel bleibt noch zu tun – beispielsweise in der vorschulischen und schulischen Bildung, damit einhergehend in der Pädagog/-innenausbildung, wo es um bilingualen Unterricht geht. Ganz generell sind wir noch nicht so weit, dass wir auf Sensibilisierungsmaßnahmen zum Thema Behinderung verzichten könnten. Dennoch bin ich überzeugt davon, dass die Verfassungsverankerung der Gebärdensprache sehr viel angestoßen hat. In diesem Sinne wäre es auch längst an der Zeit, die Menschenwürde in der Verfassung zu verankern – als Richtwert und Grundlage all unseres Handelns“, betont Huainigg abschließend.

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