Hat der ORF überlegt, wie das für gehörlose Menschen erschwinglich ist?

Anlässlich des Beschlusses des ORF-Stiftungsrates vom 10. Dezember, die ZIB 1 ausschließlich im digitalen Bereich in Gebärdensprache zu übersetzen, hinterfragte heute, Montag, ÖVP-Behindertensprecher Abg. Dr. Franz-Joseph Huainigg die Effektivität dieser Maßnahme.
„Mich erinnert das an die Diskussion zum behindertengerechten Bauen.“ Hier sagte man, das Problem seien nicht die Stufen, sondern das Problem sei, dass Rollstühle noch keine Stufen steigen oder fliegen können. „Der ORF schiebt den gehörlosen Menschen das Problem wieder selbst in die Schuhe, indem er sagt, die Gehörlosen sollen sich halt ein Zusatzgerät anschaffen“, sagte Huainigg.
„Aber wie viele gehörlose Menschen sind finanziell tatsächlich in der Lage, sich ein solches Gerät anzuschaffen?“, fragte der ÖVP-Behindertensprecher weiter. Der Receiver für das digitale Fernsehen koste circa 200 Euro, dazu komme noch die monatliche Kabelgebühr. „Das ist für den Großteil der behinderten Menschen nicht erschwinglich“, kritisierte Huainigg. Hier sei der ORF gefordert, initiativ zu werden, um den gehörlosen Menschen einen kostenlosen Zugang zu gewährleisten.
Wesentlich effektiver im Hinblick auf die Erreichung der Zielgruppe sei ein Einsatz der Gebärdensprache im analogen TV. Dies würde nicht nur einen „wesentlichen Beitrag zur Sensibilisierung der Bevölkerung leisten“, sondern sei auch „sehr wichtig für die aktuelle Diskussion über die rechtliche Anerkennung der Österreichischen Gebärdensprache“, sagte Huainigg.
Es sei wichtig, den Österreicherinnen und Österreichern zu zeigen, dass die Gebärdensprache eine vollwertige Sprache darstellt. Er fordere daher den ORF auf, „Mut zu zeigen“ und die ZIB 1 um 19.30 Uhr auf einem Kanal im analogen Fernsehen in Gebärdensprache auszustrahlen. „Gehörlose Menschen dürfen nicht länger von wichtigen Informationssendungen ausgeschlossen werden“, so der ÖVP-Behindertensprecher abschließend.
Manfred Srb,
19.12.2003, 10:22
Lieber Kurt Maier, darf ich eine Kleinigkeit richtigstellen: F.J.H. ist nicht Mitglied der Regierung sondern Abgeordneter zum Nationalrat. Er ist aber Abgeordneter der Regierungspartei ÖVP und deren Behindertensprecher. Als solcher sollte er in erster Linie die Interessen der behinderten Menschen vertreten – von denen er vermutlich auch viele Stimmen bekommen hat – und nicht die Interessen der ÖVP.
Kurt Maier, ZBV, Graz,
18.12.2003, 20:15
Aber Franz-Joseph wie kommt es zur deiner Aussage „Das ist für den Großteil der behinderten Menschen nicht erschwinglich“. Vor Monaten waren wir ja sooooreich, dass aufgrund deiner Aussage für Pflegegeldbezieher die Rundfunk und Fernsehgebühr, und zwar zur Gänze gestrichen wurde – Aussage wie Pflegegeldbezieher mit kleinen Einkommen gilt das nicht – ist eine Lüge! Denn alle MitbürgerInnen mit kleinen Einkommen sind befreit! Schlussfolgerung deiner Aussage „die österreichische Regierung, regiert so „mißerabel“, dass diese und du bist Regierungsmitglied – der Meinung sind „dass wir uns jetzt nichts mehr leisten können“… Leute denkt mal nach!!!!
Obfrau Miteinander leben,
18.12.2003, 12:42
Ich kann die Aufforderung von Dr. Huainigg nur unterstützen, denn eine Institution wie das Fernsehen und auch der Radio müsste Vorreiterrolle sein und auch zeigen wie es geht, Menschen mit einer Behinderung zu integrieren und auch am Bildschirm und Radio sichtbar und hörbar zu machen. Das hat nichts mit zur Schau stellen zu tun, sondern um Mitgestaltung einer Sendung. Es ist eine Schande, dass in unseren Medien Menschen mit einer Behinderung nur unter Maulwurfshügeln arbeiten dürfen und nicht ihr Gesicht zeigen dürfen und auch nicht in jedem Haushalt emfpangen werden kann, denn das könnte wahrscheinlich den Einschaltziffern schaden.
Es ist einfach auch ein Skandal, dass Freak Radio, das hauptsächlich mit Menschen mit Behinderung arbeitet und berichtet immer noch auf Mittelwelle senden muss. Das gehört in Ö1 integriert. Wo es jeder hören kann. Dass man es nun aus dem Internet abrufen kann ist ja schön, jedoch dauert es noch Jahre bis in allen Familien mit Internet kommuniziert wird.
So bleibt mir nur die Hoffnung, dass sich jeder einzelne Verantwortliche von ORF und Radio in ehrliche Auseinandersetzung mit diesem Thema begibt und auch Zeichen setzt.
Gerhard Wagner,
17.12.2003, 22:56
Kann man da nicht rechtlich etwas machen? Wenn der ORF eine Leistung bezahlt haben möchte, dann muss die Leistung für die betreffende Gruppe auch in Ordnung sein. Wenn der ORF jetzt von gehörlosen und schwerhörigen Zuschauern genau so viel verlangt wie von allen anderen, dann müssen sie auch genau so viel verstehen können. Andernfalls sollten Juristen prüfen, ob man die Gebühren nicht zurück verlangen kann. 0,0015% des Betrages könnte sich der ORF dann einbehalten, das ist der Prozentsatz seines Programms mit Gebärdensprache, nämlich eine halbe Stunde pro Woche in einem von zwei Programmen.
Lukas Huber,
16.12.2003, 15:09
Ich halte es für ganz richtig, die Einblendung von Gebärdensprachdolmetscher im ORF-TV NICHT erst vom digitalen Kanal abhängig zu machen. Sondern: jetzt auch im analogen Kanal anbieten!!! Das fordern wir, da zudem die Gebührenbefreiung für Gehörlose und Schwerhörige gestrichen wird.
Der erste digitale Feldtest des ORF wird erst demnächst in Graz durchgeführt, dann ist es wohl zu erwarten, dass im Jahr 2005 oder 2006 in ganz Österreich auf digital umgestellt wird. So lange können nicht alle warten und es besteht Gefahr, dass eine Zweiklassengesellschaft entsteht.
Zudem müsste man auch während der Übergangszeit zusätzlich eine D-Box 1 oder 2 dazukaufen, um digitale Programme vom analogen Anschluss empfangen zu können.
erwin riess,
16.12.2003, 12:30
franz-joseph hat vollkommen recht! die gebärdensprache muß ins analoge programm und sie muß anerkannt werden