Die Wirtschaftskammer führt derzeit eine Kampagne zur Verlängerung der Umsetzungsfrist für Barrierefreiheit. Dieser Idee hat der Sozialminister im BIZEPS-Interview aber eine klare Absage erteilt.
Im Behindertengleichstellungsgesetz ist geregelt, dass u.a. Dienstleistungen für behinderte Menschen erreichbar und nutzbar sein müssen. Beim Beschluss des Gesetzes im Sommer 2005 war klar, dass dies nicht von heute auf morgen passieren kann.
Es wurde daher der Wirtschaft eine 10jährige Übergangsfrist eingeräumt, die Ende 2015 abläuft. Die Wirtschaftskammer fordert nun mit Nachdruck eine Verschiebung dieser Verpflichtung.
Hundstorfer: Frist ausreichend
Auf unsere Frage „Werden Sie dem Wunsch der Wirtschaftskammer zur Verlängerung der Übergangsfristen nachkommen?“ antwortete der Sozialminister, Rudolf Hundstorfer (SPÖ), unmissverständlich: „Nein, ich werde diesem Wunsch nicht nachkommen.“
Er begründet dies wie folgt: „Im Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz, das Anfang 2006 in Kraft getreten ist, ist für bauliche Barrieren eine Übergangsfrist von 10 Jahren festgelegt. Ich denke, dass dies für zumutbare Maßnahmen zur Herstellung der Barrierefreiheit grundsätzlich ausreichend sein muss.“
Bund in einer anderen Lage
Aber – so die Wirtschaftskammer – der Bund hätte sich die Frist zur Schaffung von Barrierefreiheit selbst ebenfalls verlängert.
„Ich glaube auch, dass der Bund in einer anderen Situation als die Privatwirtschaft ist. Der Bund hat mehrere tausend Gebäude – darunter sind sehr viele Bauwerke, die unter Denkmalschutz stehen und wo die Umbauarbeiten sehr teuer und aufwendig sind“, zeigt der Sozialminister auf, warum er dies als nicht vergleichbar ansieht. Kurzum: „Meiner Meinung nach ist die Fristverlängerung für den Bund daher sachlich gerechtfertigt.“
Er verweist nochmals auf den Umstand, dass im Behinderterngleichstellungsgesetz nichts Unmögliches vorgeschrieben wird. „Ich möchte noch einmal daran erinnern, dass das Gesetz nur das verlangt, was auch zumutbar ist!“, stellt er klar.
Hundstorfer: Sonderbudget des Sozialministeriums wird nicht kommen
Behindertenanwalt Dr. Erwin Buchinger schlug kürzlich ein 10 Millionen Euro Sonderbudget vor. Diese Idee unterstützt Sozialminister Hundstorfer nicht.
„In vielen Fällen wäre es außerdem gar nicht möglich, den Budgetanteil zu berechnen, der auf Menschen mit Behinderung entfällt. Dazu verweise ich nur auf die Maßnahmen zur Barrierefreiheit, die ja grundsätzlich allen Menschen zugutekommen“, führt der Sozialminister aus.
Deutlich wird, dass er Barrierefreiheit nicht als alleinige Aufgabe des Sozialministeriums sieht: „Menschen mit Behinderung sollen an allen staatlichen Leistungen gleichberechtigt mit anderen teilhaben können. Diesem Grundsatz der Inklusion würde ein Sonderbudget widersprechen.“
Information statt Infokampagne
Die ebenfalls vorgeschlagene Infokampagne vor dem Ablauf der Fristen wird es vom Sozialministerium nicht geben.
„Statt teurer Kampagnen setze ich lieber auf laufende und nachhaltige Information“, stellt der Sozialminister im schriftlichen BIZEPS-Interview klar und ergänzt: „Zu den Themen Gleichstellung und Barrierefreiheit gibt es zahlreiche Broschüren, die sowohl auf der Homepage meines Ressorts, als auch in gedruckter Form zur Verfügung stehen. Bei dieser Informationsarbeit arbeitet mein Ressort gerade auch mit der Wirtschaftskammer Österreich sehr intensiv zusammen.“
Es finden „immer wieder Informationsveranstaltungen zu diesen Themen statt“, so Hundstorfer weiters und er verweist beispielsweise auf den Nationalen Informationstag der ÖAR zum Thema „2016 – der Countdown läuft„.