Hungerstreik im Parlament

Vier Monate danach - was nun?

Bis heute kommt es noch vor, daß mich Leute, Nachbarn, Kollegen auf der Uni und manchmal auch Fremde, fragen: „Na, was ist denn raus’kommen? Was habt’s erreicht mit eurem Streik?“ Ich atme dann mal tief durch und sage meist: „Es wird nicht mehr zehn Jahre dauern, sondern vielleicht fünf – wenn wir Glück haben.“ Und dann kommen mir all die Gedanken, wie es begonnen hat.

Alle, die zu uns in die Säulenhalle wollten, mußten sich beim Portier ausweisen und wurden mit Namen, Anschrift und Ausweisnummer in einer Liste festgehalten. Wir merkten auch, daß die Führungen immer seltener bis zur Säulenhalle gebracht wurden, und wenn sie bis dorthin gelangten, dann wurden sie bereits am Eingang abgewimmelt. Sicher sollte die Besucher/innen nicht mit einem „Sonderprogrammpunkt“ überfodert werden. Was hätte man ihnen auch sagen sollen, etwa, daß behinderte Bürger/innen um ihre Menschenrechte kämpfen? Doch zwei oder drei Gruppen hatten es bis zu uns geschafft. Es waren Schüler/innen, und es ergaben sich einige gute Gespräche.

Am Wochenende gehörte das Hohe Haus uns allein. Sie Säulenhalle nannten wir inzwischen „unser Wohnzimmer“, und die immer zahlreicher kommenden Solidaritätstelegramme und -briefe hängten wird auf eine Schnur von Säule zu Säule.

Am Samstag Abend stand plötzlich Nationalratspräsident Fischer da. Die Diskussion mit ihm verlief wie die meisten, die noch später folgten, etwa mit Nationalratspräsident Lichal, Clubchef Neisser …

ich mir die Menschen, die mir helfen, selbst wählen und selbst bezahlen. Ich will einfach selbstbestimmt leben.

Die folgende Woche begannen wir mit einer Pressekonferenz, und Zeitungen, Rundfunk und Fernsehen unterstützen uns mit ihren Beiträgen. Und so wie die sogenannten Behindertensprecher der drei Großparteien sich in den ersten Tagen des Hungerstreiks durch Schweigen und Ignorieren auszeichneten, begannen sie dann ihre miesen parteipolitischen Spielchen auf unsere Kosten auszutragen. Unsere Aktion wurde ins grüne Eck gedrängt und als Spinnerei des Abgeordneten Srb abgetan. Da konnten wir wieder einmal sehen, wie ernst uns unsere angeblichen „Vertreter“ wirklich nehmen. Sie finden es nicht einmal nötig sich mit uns auseinanderzusetzen und sind dazu auch zu feige.

Diese Ignoranz der Politiker/innen machte, und macht mir noch immer am meisten zu schaffen. Es ist so lähmend zu wissen, daß man nur als Subjekt behandelt wird. Ja, nicht einmal das, es wird einfach geschwiegen, wenn es unangenehm wird.

Nach dem Hungerstreik bin ich überzeugter denn je, daß nur wir Betroffenen selbst etwas bewirken können. Wir dürfen nicht mehr länger dulden, daß ausschließlich Nichtbetroffene unsere Politik machen. Wir sind für unsre Politik verantwortlich.

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