Ja, in Sachen Pflege wurde in Österreich zu lange weggesehen. Den Schluss, den viele ExpertInnen und JournalistInnen jetzt ziehen, dass mobile Pflege Vorrang vor stationärer Pflege haben muss, muss man allerdings ergänzen. Wir müssen uns fragen, wie wir durch höhere Lebensqualität Pflege möglichst vermeiden können. Ein Kommentar.

Wie so oft wird in Österreich die Internationale Diskussion auch in der Frage des Älterwerdens nicht berücksichtigt. Österreich beteiligt sich nicht einmal.
Im Kern geht es bei der Diskussion um das Älterwerden ja darum, dass Menschen nicht nur länger leben möchten, sondern länger gesund, aktiv und teilnehmend sein wollen. Es geht darum, „nicht nur dem Leben mehr Jahre hinzuzufügen, sondern auch den Jahren mehr Leben und Lebensqualität zu geben“.
Dies bedeutet für den Einzelnen in einer lebenslangen Sichtweise insbesondere: besser und länger gesund zu bleiben, lange autonom und selbstbestimmt zu sein, gut sozial vernetzt zu sein und zu bleiben, sowie an der Gesellschaft aktiv teilnehmen und teilhaben zu können.
Isolation, Einsamkeit, Vernachlässigung und Ausgrenzung
Einige der größten Bedrohungen für den Menschen – und das nicht nur im Alter – sind Isolation, Einsamkeit, Vernachlässigung und Ausgrenzung.
In vielen Regionen müssen wir heute feststellen, dass sie keine Geschäfte mehr haben, um den täglichen Bedarf zu decken, keine Schulen, keine Gasthäuser, kein ausreichendes Wirtschaftsleben und dass sie über keine Verkehrsversorgung verfügen.
In diesen Gemeinden wird, wenn über ältere Menschen gesprochen wird, die Zielgruppe der „SeniorInnen“ nur im Zusammenhang mit Tourismus angesprochen, aber nicht als BewohnerInnen mit persönlichen Bedürfnissen.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat festgestellt, dass physische und soziale Umweltbedingungen zu den Hauptfaktoren gehören, die bestimmen, ob Menschen im Alter gesund, unabhängig und selbstbestimmt bleiben können. Dafür müssen sie durch Anpassungen der täglich erlebten Situationen altersfreundliche Lebensbedingungen bieten.
Kommunale Ebene hat eine ganz besondere Bedeutung
Damit kommt der kommunalen Ebene eine ganz besondere Bedeutung zu. In ihrer kollektiven Verantwortung ist die Kommune am besten in der Lage, viele Akteure und Kräfte zu mobilisieren und zu koordinieren und kann damit etliche Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten austarieren und Menschen das Gefühl vermitteln, dazu zu gehören.
Aber hierfür benötigt sie auch eine klare nationale Regionalentwicklungsstrategie, welche die Prinzipien und die Rahmenbedingungen für eine lokale Umsetzung vorgibt, sowie die notwendige regionale Unterstützung und Förderung.
Z.B. sind etwa 75 % des derzeitigen Wohnungsbestandes nach Schätzungen nicht für ein unabhängiges Leben im Alter oder bei Behinderungen geeignet. Hier besteht dringend Handlungsbedarf. Wer nicht mehr in seiner Wohnung leben kann, muss in ein Heim.
Selbstständige Lebensführung, soziale Kontakte erhalten und ausbauen können, kommunikativ vernetzt sein, physische und mentale Fitness erhalten und trainieren können, sowie insgesamt die Lebensqualität erhöhen, kann einer intensiven Gesundheitsversorgung und dem Risiko eventueller Pflegebedürftigkeit vorbauen (wie sie derzeit in Österreich auch von der Bundesregierung ausführlich diskutiert wird).
Unter Fachleuten besteht kaum Zweifel daran, dass sorgfältig überlegte und gut geplante Investitionen zur Anpassung und Verbesserung der Wohn- und Umfeldsituation an die Bedürfnisse älterer Menschen durch Modernisierung mit der Perspektive „Sicherstellung der Zukunftsfähigkeit“ ganz entscheidende Vorteile mit sich bringen:
Neben der angestrebten Verbesserung von Lebensqualität und der Unterstützung der Selbständigkeit der Menschen bedeutet das insbesondere stark reduzierte Unfallrisiken und einen erheblich geringeren Bedarf an Hilfe und Betreuung.
Damit werden auch langfristig Kosten gesenkt und der Druck auf öffentliche Budgets vermindert.
Investitionen in Wohnraum und Umfeld helfen lokaler Wirtschaft
Derartige Investitionen in Wohnraum und Umfeld wirken sich durch die vorwiegend lokal erbrachten Leistungen durch Kleinindustrie und Handwerk sowie durch den oft damit verbundenen Innovationsanreiz sehr positiv insbesondere auf die lokale Wirtschaft aus.
Speziell profitieren davon der Wohnungsbau und damit verbundene Gewerbe, der Sektor medizinischer Versorgung, Technologiebetriebe und personenbezogene Dienstleister.
Die sogenannte „Silver Economy“, also die Wirtschaftsleistungen, welche sich gezielt auf ältere Menschen beziehen – wie spezielle Waren, Produkte und Dienstleistungen – erreichen derzeit bereits einen Wert von über 3.000 Milliarden Euro (= 3 Billionen) – mit stark steigender Tendenz.
Neben weltweiten Initiativen der UN hat auch die EU die Initiative zur Bildung einer „Europäischen innovativen Partnerschaft für aktives und gesundes Altern“ ergriffen.
Prinzipien und Leitlinien für den Umgang mit dem demographischen Wandel entwickeln
Lokale und regionale Behörden, Europäische Nichtregierungsorganisationen von oder für ältere Menschen und andere Gruppierungen der Zivilgesellschaft, Technologieanbieter, Dienstleister, Forschungsinstitutionen, sowie Klein- und Mittelbetriebe arbeiten in einer so genannten „D4 Aktionsgruppe Altersfreundliche Lebenswelt“ mit dem Ziel zusammen, Prinzipien und Leitlinien für den Umgang mit dem demographischen Wandel zu entwickeln, die Betroffenen stärker in Entscheidungsprozesse einzubinden, sowie innovative Ansätze zu fördern, um letztlich die Belastungen öffentlicher Budgets durch das Altern der Bevölkerung möglichst zu reduzieren.
In diesem Netzwerk werden regionale genauso wie kommunale/städtische Politiken und Praktiken analysiert und ausgewertet, Netzwerke aufgebaut, um Bewusstseinsbildung, Dokumentationen und Austausch zu unterstützen, die Zusammenarbeit zwischen Forschung und Praxis unterstützt, um dadurch ein besseres Verständnis der Faktoren und Prozesse guter Altersstrategien zu erreichen, und eine verbesserte Nutzung von Informationstechnologien bei Produkten und Dienstleistungen gefördert.
Die Europäische Kommission hat in diesem Zusammenhang einen sehr interessanten „Führer über exzellente Innovationen für gutes Altern“ in Form eines Rundgangs durch Kommunen, Regionen, Städte, Vereine und Verbände mit beeindruckenden neuen Ansätzen und Lösungen publiziert, die als Anregungen genutzt werden können.
Am Ende des Lebens nur gepflegt?
Von alledem hören wir in der aktuellen Diskussion nichts. Geschieht das nicht, stellt Österreich sicher, dass wir am Ende des Lebens nur gepflegt werden und die Pflegekosten weiterhin in unfinanzierbare Höhen steigen werden.
Christine,
27.01.2019, 10:13
Ich finde es muss unbedingt etwas für die pflegebedürftigen Menschen, gemacht werden.
Das kann es doch nicht sein, dass unsere,, ALTEN“nur mehr von ausländischen,, Personal gepflegt werden, die meisten PflegerInnen sprechen kein bzw gebrochen Deutsch.
Also es findet keine bis wenig Kommunikation statt. Wie soll sich der alte Mensch da zurecht finden. Er versteht die Aussage doch nicht.
Da wird von der häuslichen Pflege gesprochen, aber es gibt vielleicht 1%Österreicher die in der
24 Stunden Pflege arbeiten.
99%sind der deutschen Sprache nicht mächtig.
Was macht die Politik????
Das Geschäft pumpt mit den alten, pflegebedürftigen Menschen.
Haben dass unsere Großeltern, Eltern verdient.
SIE HABEN DOCH SO VIEL FÜR ÖSTERREICH GETAN. Nicht abschieben, abstempeln, usw.
Jetzt soll die Politik für diese Menschen gezielt etwas machen.
Es sollte die Würde des Menschen immer gewahrt werden.
roman,
20.01.2019, 12:29
es ist richtig! … wenn bei diskussionen, gesprächen, planungen von „ortskonzepten“ oder gar regional und überregional die „beamteten spezialisten“ zu wort kommen:
auch „nur“ im wortschatz das wort „pflege“ mit allen möglichen intelligenten und weniger intelligenten ansätzen besprochen wird …. vom LEBEN und und LEBENSQUALITÄT …. sind diese pragmatiker noch mehr als weit entfernt!
danke für diesen gedanklichen ansatz und beitrag