Im Rollstuhl durch die Welt

Barrierefreier Tourismus - wo gibt es den? Erfahrungen einer Rollstuhlfahrerin aus Urlauben der letzten zehn Jahre

Roosevelt Statue (im Rollstuhl), daneben Brigitte Haberstroh
Straßenzeitung Eibisch-Zuckerl

Um es vorwegzuschicken: Ich bin weder den Jakobsweg mit dem Rollstuhl gefahren, noch war ich trampen durch Indien. Solche Extremtouren überlasse ich lieber jenen behinderten Menschen, die gerne Bücher über ihre Erlebnisse schreiben. Ich bin auch keine besonders sportliche Rollstuhlfahrerin – ich reise nur gerne, und das wollte ich mir auch durch die Behinderung nicht nehmen lassen.

Mühsam aber machbar

Im Prinzip gilt: Nichts ist unmöglich, nur manches ist mühsamer und etliches auch um einiges teurer. Und die Planung erfordert einiges an Organisationstalent, denn 08/15-Buchungen über Reisebüro oder Internet kann ich vergessen. Aber ich plane gerne. Schon im Winter durchforste ich das Internet, und von Monat zu Monat werden meine Vorstellungen konkreter und die Vorfreude wird größer.

Meiner Erfahrung nach sind dabei die näheren Ziele nicht die einfacheren punkto Reisegestaltung. Österreich – wie übrigens Deutschland auch – ist ein Entwicklungsland, was barrierefreien Tourismus betrifft. Viel leichter hat man es da im englischsprachigen Raum. Großbritannien und auch Irland sind viel besser auf behinderte Menschen eingestellt, und USA ist hier überhaupt Vorreiter.

Zum Glück liegen einige unserer Traumziele genau in diesen Staaten, und so konnte ich schon von der Freiheitsstatue hinunter- und zu den Niagara-Fällen hinaufblicken, ich war in Boston Wale, in Kanada Bären und in Louisiana Aligatoren beobachten. Man kommt mit dem Rollstuhl genauso in die irischen Pubs wie zu den schottischen Highlandgames oder in Kanada zu einem echten Pow-Wow.

Das Transportproblem

Auch hier gilt: „Je größer die Entfernung desto leichter“. Ein Flug in das Urlaubsland lässt sich noch am leichtesten bewältigen. Flughäfen sind auf Reisende mit Behinderung eingestellt, und nur manchmal gibt es organisatorische Probleme mit dem Personal, das einen zum Sitzplatz bringen muss.

In den USA ist selbst ein Leihwagen, der für Rollstuhlfahrer umgebaut ist, einfach zu buchen. Reisen in näherer Umgebung sind nur dann einfach, wenn man im eigenen Auto unterwegs ist. Busreisen kann man mehr oder weniger vergessen. Nur Linienbusse wie die in Wien oder Wiener Neustadt sind mit einer Rollstuhlrampe versehen. Mit dem Zug kann man nur in bestimmte Bahnhöfe fahren, die mit einer Hebebühne versehen sind.

Welches Hotel?

Das richtige Quartier zu finden, erinnert schon manchmal an die Herbergssuche, nur dass es viel teurer ist. Hier bei uns sind oft nur die teuren Hotelketten auf diesen Kundenkreis eingestellt, und selbst in dieser Preiskategorie ist es nicht selbstverständlich, das richtige Hotel am gewünschten Ort zu finden. Was brauche ich so Besonderes, dass es so selten zu bekommen ist?

Eigentlich wäre es nicht unlösbar, vor allem wenn ein Hotel neu gebaut wird: Das Zimmer muss stufenlos erreichbar sein, der Platz neben dem Bett muss für den Rollstuhl reichen, das Bett sollte nicht zu niedrig sein. Das Bad darf nicht zu eng sein, das WC sollte über einen Haltegriff verfügen, das Waschbecken unterfahrbar (sprich nicht verbaut) und die Dusche im Optimalfall befahrbar sein.

Selbst wenn ein Hotel von sich behauptet, rollstuhlgerecht zu sein, heißt es also besser nachfragen, um böse Überraschungen vor Ort zu vermeiden. Es kann sonst schon passieren, dass der Hotelangestellte meint, „die paar Stufen“ könnten ja kein Problem sein, „wir helfen ja gerne“!

Nicht ohne Internet

Das wichtigste Hilfsmittel für meinen Urlaub ist und bleibt das Internet. Mit den richtigen Suchbegriffen habe ich schon in den entlegensten Regionen und in den kleinsten Frühstückspensionen passende Zimmer gefunden. Auch die meisten Sehenswürdigkeiten bieten schon auf ihrer Webseite Informationen für ihre Gäste mit Behinderung. Und was an Auskunft fehlt, kann meist problemlos per Email nachgefragt werden. Da ist es viel schwieriger, der Agentur des Reisebüros Informationen über die Zimmerausstattung eines Hotels zu entlocken. Dort heißt es nur fast zynisch: „Buchen Sie zuerst, dann schicken wir Ihnen die Details“.

Paradebeispiel Steiermark

Zum Glück gibt es Dank engagierter Betroffener Ausnahmen. Leo Pürrer von der Behindertenselbsthilfegruppe Hartberg hat schon vor einigen Jahren begonnen, Hotels in der Steiermark persönlich zu besuchen und hat daraus eine Broschüre mit über 40 Betrieben herausgegeben, die rollstuhlgerechte Zimmer oder Ferienwohnungen anbieten.

Inzwischen hat er sein Angebot auf Freizeiteinrichtungen und Gastronomiebetriebe ausgeweitet und hat seine Sammlung auch ins Internet gestellt. Und so profitieren alle Beteiligten davon: Der Rollstuhlfahrer weiß, dass er sich auf die Informationen von Leo verlassen kann, und der Betrieb hat einen Kundenkreis dazugewonnen.

Wien hat da im Vergleich noch einiges aufzuholen. Eine Broschüre gab es zwar, sie ist aber inzwischen vergriffen. Die Informationen auf der Tourismusseite www.wien.info beschränken sich auf ein paar unattraktiv gestaltete Textdateien. Die Sehenswürdigkeiten in Wien sind größtenteils schon auf den Kundenkreis eingestellt, nur die Gastronomie hinkt noch wie in ganz Österreich nach. Stufenlos erreichbare, geräumige WC-Anlagen sind in Österreich noch immer eine Seltenheit.

Pläne für zukünftige Urlaube

Und so wird es mich weiterhin eher in die Ferne ziehen. Kanada und USA werden weiterhin immer wieder auf meiner Wunschliste stehen, es gibt dort noch so viel zu sehen! Australien war mir bis jetzt noch zu weit, wäre aber sehr interessant und soll auch sehr rollstuhlgerecht sein. Angebote gibt es genug: von der Safari in Afrika bis zum Trekking im Himalaya – alles ist auch im Rollstuhl möglich, es ist nur eine Frage des Preises …

Aber wenn das Bankkonto gegen eine weite Reise spricht oder wir nur eine kurze Auszeit brauchen, kann ich immer noch auf die Hotelsammlung von Leo zurückgreifen und ein paar Tage in der Steiermark genießen.

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