BG ÜBER DIE NOTARIELLE ERRICHTUNG VON RECHTSGESCHÄFTEN

Text:

§ 1
"Die Giltigkeit der nachbezeichneten Verträge und Rechtshandlungen ist durch die Aufnahme eines Notariatsactes über dieselben bedingt: ...
e) alle Urkunden über Rechtsgeschäfte unter Lebenden, welche von Blinden, oder welche von Tauben, die nicht lesen, oder von Stummen, die nicht schreiben können, errichtet werden, sofern dieselben das Rechtsgeschäft in eigener Person schließen. ..."


Kommentar:

Eine derartige Einschränkung der Wahlfreiheit, in der schriftliche Verträge unter Lebenden rechtswirksam geschlossen werden können, erscheint als eindeutige Benachteiligung ausgewählter Behindertengruppen. Dies insbesondere auch deshalb, weil sogar innerhalb ein und derselben Behindertengruppe - siehe "Taube, die nicht lesen" und "Stumme, die nicht schreiben können" - differenziert wird, wobei hier wohl keinerlei sachliche Rechtfertigung erkannt werden kann. Ebenso lassen sich unschwer gangbare Alternativen finden; so ist es wohl dem behinderten Menschen durchaus zuzumuten, ja sogar sein Recht, die Form, in der er/sie sein schriftliches Rechtsgeschäft schließen möchte, selbst zu wählen. Das heißt aber mit anderen Worten, daß der Grad der Schutzbedürftigkeit von sinnesbehinderten Menschen wohl selbst bestimmt werden kann. Um dem Schutzbedürfnis des Gesetzgebers genüge zu tun, wäre wohl eine Kompromißlösung denkbar, die wenigstens alternative Vertragsformen zuläßt.


Vorschlag:

Etwa wäre vorstellbar, daß neben der Form des Notariatsaktes auch noch die Schließung von Verträgen im Beisein einer bestimmten Anzahl von Zeugen bzw. von Vertrauenspersonen des betroffenen Menschen zulässig wäre. Es ist aber auch zu berücksichtigen, daß eine fortschreitende Technisierung zur Verselbständigung behinderter Menschen geführt hat. Insbesondere im Falle blinder und sehbehinderter Menschen ist hervorzustreichen, daß die Verwendung von adaptierter Computertechnologie dazu führt, daß Schriftstücke nicht nur selbständig angefertigt, sondern auch übergebene Schriftstücke selbständig gelesen werden können.


Gesetzgebung / Initiativen:

bisher keine


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