Vier aktuelle Projekte wurden in Bochum vorgestellt
Anfang Dezember 2016 lud das Bochumer Institut für Disability Studies (BODYS) zu einem eintägigen Workshop, in dem es um die Dokumentation und die Darstellung der Geschichte der emanzipatorischen Behindertenbewegung im deutschen Sprachraum ging.
Einleitend hielt Theresia Degener einen Rückblick: Ausgehend vom Krüppeltribunal 1981, in dem AktivistInnen neun Anklagepunkte zu Menschenrechtsverletzungen an behinderten Kindern und Erwachsenen öffentlich vortrugen, berichtete sie über Meilensteine der nationalen und internationalen Behindertenpolitik bis heute.
Degener betonte, dass die Darstellung und Analyse der Geschichte der Behindertenbewegung im Sinne von Disability History wichtige Bestandteile der Disability Studies sind. In diesem Sinne seien die aktuellen Initiativen zur Dokumentation und zur Archivierung bzw. zum Aufbau eines Gedächtnisses der Behindertenbewegung außerordentlich zu begrüßen.
Vier aktuelle Projekte wurden in Bochum anschließend vorgestellt:
1. Archiv Behindertenbewegung
Im Archiv Behindertenbewegung werden folgende Zeitschriften der Behindertenbewegung aus Deutschland online als pdf Dokumente zur Verfügung gestellt:
- Luftpumpe – Zeitung zur Emanzipation Behinderter und Nichtbehinderter
- Krüppel-Zeitung – Zeitung von Krüppel für Krüppel
- die randschau – Zeitschrift für Behindertenpolitik
- Mondkalb – Zeitschrift für das Organisierte Gebrechen
- newsletter Behindertenpolitik – vierteljährliche Beilage der Zeitschrift „BioSkop“
Siehe auch BIZEPS-Bericht vom September 2016.
2. Archiv der behindertenpolitischen Selbsthilfe
In diesem Archiv, das aktuell noch nicht online ist, werden Materialien zur Geschichte und zu Aktivitäten der Behindertenbewegung in Deutschland von 1973 bis 2004 online gestellt. (Noch im Aufbau)
3. Bifos Zeitzeug*innen
Im Projekt Bifos Zeitzeug*innen stehen Porträts von AktivistInnen der Selbstbestimmt-Leben-Bewegung in Deutschland im Mittelpunkt, mit denen ausführliche biografische Interviews geführt wurden. Das daraus entstandene Material wird auf der Internet-Seite des Projekts langfristig zur Verfügung gestellt.
4. Geschichte der Selbstbestimmt Leben Bewegung in Österreich
Das Projekt rekonstruiert und analysiert auf der Grundlage von vertieften Interviews mit AktivistInnen der Selbstbestimmt Leben Bewegung die Geschichte der emanzipatorischen Behindertenbewegung in Österreich seit Ende des zweiten Weltkriegs.
Materialien und Analysen, u.a. eine ausführliche Zeitleiste mit ergänzendem Archivmaterial, werden im März 2017 an der Universität Salzburg öffentlich präsentiert und im Internet langfristig zur Verfügung gestellt. (Noch im Aufbau)
BIZEPS wird dazu aktuell berichten.
Podiumsdiskussion
Den Abschluss der Veranstaltung in Bochum, an der etwas mehr als 120 Personen aus Deutschland und Österreich teilnahmen, bildete eine Podiumsdiskussion, an der neben Martina Puschke, Otmar Miles-Paul und Sigrid Arnade für Österreich Volker Schönwiese teilnahm.
Franz Dotter
20.01.2017, 11:29
Liebe Leute,
Super Initiative. Aber: bitte vergesst nicht die Gehörlosengemeinschaft. Sie MUSS unter Verwendung der Gebärdensprachen (im deutschen Sprachraum Deutsche, Schweizerdeutsche und Österreichische) unbedingt eingebunden werden. Ansonsten passiert dasselbe, was in der Nichtbehindertengesellschaft auch oft passiert: Weil sie eine visuelle Sprache verwenden, werden die gehörlosen Menschen ausgeschlossen. Bitte nehmt mit den Gehörlosenvertretungen rechtzeitig Kontakt auf. In Deutschland gibt es mit dem „Taubenschlag“ auch eine alte und wichtige Internetinitiative (die Verbände sind da natürlich auch selbst initiativ).
Peter Wehrli
20.01.2017, 10:35
Eine Bewegung ohne Geschichte ist keine Bewegung!
Kürzlich in der Schweiz erschienen:
Eric Bertels: Die schweizerische Behindertengleichstellung – Entstehung, Entwicklung, Auswirkung
Für Forschende ebenfalls von Interesse ist die Homepage http://www.freierzugang.ch
Sie enthält eine vollständige Dokumentation über die Geschichte hinter der schweizerischen Volksinitiative „Gleiche Rechte für Behinderte“.