Inklusion als Gewinn für Unternehmen

Wenn sich ein Zukunftsforscher, ein hochrangiger WKÖ-Abteilungsleiter, der Vorstand des AMS und der Leiter des Karrierecenters des Flughafen Wien einig sind, dann kann es nicht falsch sein: Der Mensch braucht in seiner Lebens- und Arbeitszeit immer wieder unterschiedliche Hilfsmittel.

Blinde Keynote Speakerin Ciara Moser bei der FOKUS WIRTSCHAFT: inklusiv//innovativ - Veranstaltung am 27.09.2018 am Flughafen Wien
Sozialministeriumservice / Agentur CM Creative

Menschen mit Einschränkungen nur danach und nicht nach ihren Fähigkeiten zu beurteilen mindert demnach Zukunftschancen. Die Referenten und Referentinnen beim Kompaktseminar „Fokus Wirtschaft: inklusiv // innovativ“ im NH Hotel Vienna Airport brachten im September 2018 diese Erkenntnis auf den Punkt. Eine Videozusammenfassung finden Sie hier.

Sozialministerin Mag.a Beate Hartinger-Klein eröffnete die Veranstaltung mit einem konkreten Wunsch an die Wirtschaft. „Rund 20 Prozent der Unternehmen kommen heute ihrer Einstellungspflicht nach, 80 Prozent nicht. Unser Ziel ist ganz klar: Es sollten zumindest 30 Prozent sein.“

Das Interesse ist jedenfalls vorhanden, konstatierten der Landesstellenleiter Burgenland und die Abteilungsleiterin sowie der Abteilungsleiter der Landesstellen Wien und Niederösterreich des Sozialministeriumservice (SMS). Besonders die hohe Teilnahme an den Workshops zeige, dass ein Umdenken einsetzt. „Fokus Wirtschaft ist seit 2016 eine gelungene Unternehmensinitiative und gemeinsame Event-Serie des SMS und den Wirtschaftskammern Österreichs.“

Blind, na und ..!

In ihrer Key Note stellte die blinde Bassistin Ciara Moser fest, dass jeder Mensch danach trachtet, mit den für ihn notwendigen Hilfsmitteln ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Da sie von Geburt an blind ist, musste sie sich alle Fähigkeiten hart erarbeiten, was aber ihre Merkfähigkeit, Kreativität und Motivation besonders gefördert hat. Fähigkeiten, die der Zukunftsforscher Univ.-Prof. Dr. Reinhold Popp als für die Zukunft in der Arbeitswelt besonders wichtig erachtet.

„Es geht bei der Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen/Beeinträchtigungen nicht um Mitleid und Humanität, sondern um Produktivität. Denn Menschen mit Beeinträchtigungen können in vielfältiger Weise sowohl zur Produktivität als auch zur Verbesserung des kommunikativen Klimas eines Unternehmens beitragen.“ Es gehe um Fach- und soziale Schlüsselkompetenzen, in jedem Fall müsse aber der Mensch im Mittelpunkt stehen, wenn es um die Zukunft in der Arbeitswelt geht.

Beim Kompaktseminar zeigten einige Unternehmen, wie und warum sie Menschen mit Einschränkungen erfolgreich in ihren Betrieb integriert haben. „Meine gehörlose Mitarbeiterin hat eine besondere Sensibilität bei der Betreuung unserer Kunden und Kundinnen und hat dem Unternehmen auch zusätzliche Kunden und Kundinnen gebracht“, sagte Sabine Forstner-Lindmeier, Inhaberin der Contactlinsenlounge in Wien.

Da bereits 75 Prozent der heimischen Betriebe unter starkem Fachkräftemangel leiden, sei das Know-how von Menschen mit Behinderungen unverzichtbar für die Wirtschaft, stellte Dr. Martin Gleitsmann, Leiter der Abteilung Sozialpolitik und Gesundheit der WKO in seinem Statement fest. „Rund 15 Prozent der Österreicher und Österreicherinnen haben eine Behinderung, das entspricht ungefähr 1,2 Millionen Menschen.“

Und: Der Anteil von Menschen mit Behinderungen werde aufgrund der Alterung der Gesellschaft noch steigen. Für den Flughafen Wien ist es schon jetzt eine Notwendigkeit, eine eigene Organisation innerhalb der Personalentwicklung zu schaffen, die unter anderem das Ziel verfolgt, unternehmensintern Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zu unterstützen und zu vermitteln, wenn sie aus gesundheitlichen Gründen ihre bisherige Tätigkeit nicht mehr ausführen können.

In Kurzvideos und persönlichen Referaten zeigten verschiedene Betriebe aus Wien, Niederösterreich und Burgenland wie vielfältig der Einsatz von Menschen mit Einschränkungen funktionieren kann. Durch die Einführung einer Gleitzeit, durch die Bereitstellung entsprechender Hilfsmittel, aber natürlich auch durch die Inanspruchnahme von Förder- und Unterstützungsleistungen des Sozialministeriumservice, dem Netzwerk Berufliche Assistenz (NEBA) oder auch Angeboten des AMS. Mit dabei waren die Textilpflege Stuhl, die Contactlinsenlounge, Hauswirth Konditor, der Flughafen Wien, die Gartengestaltung Maly, ein Franchisenehmer von McDonald’s sowie REWE International.

Mehr Verständnis entwickeln

Die österreichweite Veranstaltungsserie „Fokus Wirtschaft: inklusiv // innovativ“ wird bereits seit 2016 durchgeführt. Zur Teilnahme angesprochen wurden fast 12.000 Unternehmen, bei den Veranstaltungen in den Landeshauptstädten wurden insgesamt knapp 1.000 Teilnehmer und Teilnehmerinnen registriert.

Neben Informationen zu den Förder- und Unterstützungsmöglichkeiten gab es jeweils auch einen Ausstellungsteil, um mit Experten und Expertinnen erste Kontakte knüpfen zu können. Seit kurzem werden auch Workshops für die Teilnehmer und Teilnehmerinnen angeboten, um mehr über psychische Erkrankungen oder auch Seheinschränkungen – beide Workshops gab es bei der Veranstaltung am Flughafen Wien – zu erfahren und Betroffene besser in ihrem Verhalten verstehen bzw. in der Arbeitswelt besser integrieren zu können. 

Die Best-Practice-Videos mit den Unternehmen Contactlinsenlounge, Hauswirth Konditor und Textilpflege Stuhl finden Sie hier, die barrierefreie Version ist hier verfügbar.

Dieser Artikel erschien zuerst im Access Guide Magazin.

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2 Kommentare

  • Die Latte hat sich „die Wirtschaft“ und Konsorten mit 30 anstatt 20 Prozent Einstellung von behinderten Arbeitnehmer_innen aber nicht hoch gesetzt. Für mich stellt das keinen Grund zu Feiern dar, sondern mehr als einen Auftrag zu arbeiten. Mir hängt das ehrlich gesagt auch schon mit den Best-practice-Beispielen zum Hals heraus. Es kommt mir vor, als würden Menschen mit Behinderungen am Viehmarkt verkauft werden. Es müsste sich eigentlich schon herumgesprochen haben, dass auch behinderte Arbeitnehmer_innen zum Arbeiten da sind und auch was leisten können, wenn sie die notwendigen Rahmenbedingungen und Hilfsmittel bekommen, die sie brauchen.

    Und ich hoffe auch, beim Buffet gab es nicht nur Stehtische (wie es vielerorts in Lokalen momentan üblich ist) sondern auch niedrige sowie zumindest ein barrierefreies WC am Veranstaltungsort. Prost – Mahlzeit!

  • Das ist sicher richtig. Ich habe damit nur ein Problem. Der Frau Sozialministerin geht es nicht ummchsjcen für behinderte, sondern darum Behinderte in Sachen Mindestsicherung und Menschenwürde noch besser unter Druck setzen zu können. Ich weiss wovon ich rede? Wir leben als körperbehindertrs paar selbstbestimmt in einer eigene Wohnung, nicht in einem Lager konzentriert, damit msn uns besser helfen kann. Der finanzielle Druck istbauchnohne zusätzlichen Schikanen enorm. Manchmal ist es wirklich zum verzweifeln und das obwohl wir in einem kleinen Dorf leben und sozial hervorragend integriert sind.