Inklusion oder ene mene muh?

Es ist seit Jahren, Jahrzehnten, das gleiche menschenverachtende Schauspiel: Irgendwo und zumeist im Juni flammt sie hoch, die Diskussion darüber, ob wir uns und unter welchen Umständen "Integration" in der Schule leisten können.

Tafel mit dem Aufdruck Salzburg
BilderBox.com

Da werden Kinder zu Spielbällen zynischer Diskussionen, da werden Eltern einmal mehr zu BittstellerInnen, da wird über Stundenkontigente und fehlende Budgetmittel gefaselt.

Dass hier (wie aktuell z. B. in Salzburg) von „Integration“ gesprochen wird, ist nur folgerichtig, denn mit „Inklusion“ hat das Geschehen in unserem Schulsystem ohnehin nichts zu tun. Scheinbar wohlmeinende Akteure beginnen dann Milchrechnungen aufzustellen, wieviel Stunden für wen, wann und wo eventuell doch gekürzt oder eben nicht gestrichen werden müssten.

Rührende Stories sollen die Verantwortlichen umstimmen, die kleine Gabi, Susi, Laura, der liebe Hannes, Peter, Drago. Alljährlich ändern sich die Vornamen und die Pressefotos, aber inhaltlich geht garnichts, überhaupt nichts weiter.

Das politische Schmierentheater wird alljährlich angesetzt, als gäbe es keine UN-Konvention, der sich Österreich verpflichtet hat. Große Bedrohung, zynische Diskussion und dann eventuell (am letzten Schultag) ein Landeshauptmann, der dann ein paar Brotkrümmelchen aus seinem Säckel hervorholt und dafür vielleicht auch noch gefeiert wird.

Seit der Einführung der ersten Integrationsklassen wiederholt sich das Spielchen immer wieder: Da wird über die zunehmende Anzahl von Kindern mit erhöhtem Förderbedarf gejammert, über Maßnahmen, die wir uns nicht mehr leisten können und natürlich speziell im Land Salzburg die Ansage: „Wir müssen das, was wir haben, bestmöglich verteilen.“ (Renate Reifenauer, Bezirksschulinspektorin lt. Salzburger Nachrichten). Die ewige Austeritätspfuscherei wird zunehmend menschenschädigend.

Seit vielen Jahren – davon 12 im Landesschulrat als Elternvertreter – wiederhole ich gebetsmühlenartig folgendes Bild: Eine Familie mit vielen Kindern kommt in finanzielle Schwierigkeiten und muss sparen. Was würden wir von den Eltern halten, wenn sie einfach dem Jüngsten der Kinder sagen würden: „Ob wir dich bei uns in der Familie weiter behalten können, wissen wir nicht, das Geld reicht einfach nicht.“ Zynisch, nicht?

Wenn wir dann auch noch erfahren würden, dass die Eltern sich dicke Luxusautos vor die Haustüre stellen, aufwendig in Luxus leben und selbst gar nicht daran denken, zu sparen? Dann wäre das Ganze noch viel zynischer.

Einziger verantwortlicher Weg der Familie: Alle Erwachsenen gemeinsam kürzen ihre eigenen Ausgaben, erstellen einen Ernährungsplan, der ohne Diskussion für alle reicht.



Denn: Ob die Familie zusammen das Leben gestaltet, steht einfach nicht zur Disposition.

Genau das müsste eigentlich auch die Politik machen. Sie dürfte nicht zulassen, dass es alljährlich zu menschenunwürdigen Stories in den Medien kommen muss, weil „Hansi will in der Klasse bleiben“, „Susi müsste kilometerweit pendeln“ etc. Das erniedrigt Menschen zu BittstellerInnen, zu Untermenschen, derer wir uns erbarmen sollten. Das hat nichts mit einer inklusiven Gesellschaft zu tun. Und ob unsere Gesellschaft inklusiv sein soll, darf nicht anhand von Budgetdiskussionen alljährlich zur Disposition stehen.

Alle politisch Verantwortlichen, die unser Schulsystem auf diesem Niveau verhandeln lassen, machen sich eines menschenverachtenden Spiels schuldig:

ene meine muh
raus bist du
raus bist du noch lange nicht
musst erst sagen, ob du behindert bist.

Die Frage an LandesschulratspräsidentInnen wie in Salzburg Johannes Plötzeneder und alle anderen politisch Verantwortlichen darüber, darunter oder daneben lautet daher: Inklusion oder ene mene muh?

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