Inklusions-Enquete – Kern: Jeder Mensch hat ein Recht auf Chancen und Perspektiven

Stöger: Gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen – Aktion 20.000 und „Selbständig Leben Daheim“ umsetzen

Christian Kern und Ulrike Königsberger-Ludwig
SPÖ

Bundeskanzler Christian Kern hat am 29. Mai 2017 beim zweiten Teil der Enquete des SPÖ-Parlamentsklubs „Worauf warten? Inklusion jetzt!“ klargestellt, dass „alle Menschen die Chance auf ein geglücktes Leben haben müssen“. Politik und Gesellschaft seien gefordert, die notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen, damit „die Chancen und Risiken einer Gesellschaft gerecht verteilt sind.“

Wollen wir in einer Wettbewerbsgesellschaft leben, „in der das Recht des Stärkeren gilt“ und Schwächere auf Almosen angewiesen sind oder in einer Gesellschaft, in der es „soziale Integration auf Basis von Chancengerechtigkeit“ gibt, fragte der Kanzler. Behindertenpolitik sieht er als Querschnittsmaterie, das Prinzip gerechter Chancenverteilung müsse sich durch die gesamte Politik ziehen und umfasse etwa auch Frauen, ältere Menschen, Arbeitslose oder Menschen mit Migrationshintergrund.

Auch Sozialminister Alois Stöger betonte: „Die Marktwirtschaft wird nicht alle Probleme lösen.“ Es brauche daher alternative Antworten „für die Menschen, die keinen Markt haben.“

Der wichtigste Faktor für Chancengerechtigkeit besteht für Kanzler Kern im Zugang zu Bildung. Im Rahmen der Schulreform werde daran gearbeitet, „alle bestmöglich zu integrieren“, dabei gehe es um Kinder mit Behinderung genauso wie etwa um jene mit Migrationshintergrund. Ziel sei es, dass „die Förderung aller im Rahmen des Regelschulbetriebs“ stattfinden kann. Es dürfe nicht vom Zufall bzw. vom Elternhaus abhängen, ob ein Kind gefördert werde.

Eine große Chance biete die Digitalisierung dabei, die Lebensbedingungen von Menschen mit Behinderung zu verbessern, so Kern. Auch das Thema Flexibilisierung der Arbeitszeit und des Arbeitsplatzes – Stichwort Home-Office – müsse „aus der Perspektive der Emanzipation“ betrachtet werden. Ein weiteres großes Thema betrifft die Vielzahl unterschiedlicher Regelungen zum Beispiel in Bezug auf Bauordnungen zur Barrierefreiheit. Hier fordert Kern „den Föderalismus einzubremsen“ und das ersparte Geld etwa in die Bildung und Arbeitsmarktmaßnahmen zu investieren.

Die Politik müsse die Gesellschaft abbilden. Es sei wichtig, alle Menschen einzubeziehen. Hier gebe es in der Politik Nachholbedarf, räumte Kern ein. Er will bei der Listenerstellung zur Nationalratswahl daher einen Fokus darauf legen, dass Menschen mit Behinderung stärker berücksichtigt werden.

Behindertenanwalt Hansjörg Hofer stellte ebenfalls klar: „Es geht um Partizipation und Selbstbestimmung und vor allem darum, diese Anliegen öffentlich zu machen und zu diskutieren.“ Hofer fordert dazu auf, „zuerst den Menschen zu sehen und nicht eine seiner Eigenschaften oder seine Behinderung.“ Es brauche Best-Practice–Beispiele, man müsse die Menschen teilhaben lassen, „dann ändert sich auch der Blick auf sie.“

Alois Stöger und Ulrike Königsberger-Ludwig
SPÖ

Zur Frage, was die Politik konkret tun kann, nannte Sozialminister Stöger drei Vorhaben: Jobs zu schaffen, etwa im Rahmen der Aktion 20.000, von der auch ältere  Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen profitieren würden. Die Chance auf Umsetzung des Projekts hält Stöger für realistisch. Im Rahmen dieser Aktion soll auch das Projekt „Selbständig Leben Daheim“ gestartet werden, bei dem Menschen, die auf Pflege angewiesen sind, zu Hause unterstützt werden und das gleichzeitig Arbeitsplätze schafft.

Außerdem gelte es, die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention voranzutreiben und diese immer wieder zu überprüfen. Dasselbe gelte für den Nationalen Aktionsplan zur Behindertenpolitik. Vieles sei eine Herausforderung und fordere ein Umdenken, sagte Stöger. Es sei wichtig, „die Themen zu lokalisieren, wo mehr getan werden muss“, Fragen zu stellen und Lösungen zu suchen. Dass Menschen Hilfe erhalten, wo sie nötig ist, sei in einer Gesellschaft ein „wertvolles Gut“, es gelte, „kollektive Sicherheiten“ zu gewährleisten, auf deren Basis sich individuelle Freiheiten entwickeln können. „Inklusion ist ein Menschrecht. Es gibt das Recht auf Teilhabe an der Gesellschaft und auf ein möglichst selbstbestimmtes Leben.“

Die heutige Enquete sei ein weiterer wichtiger Schritt im Diskussionsprozess rund um den Plan A von Bundeskanzler Kern, um Lösungen für die Themen zu finden, die bisher noch zu wenig Berücksichtigung gefunden haben, so Stöger.

Service: factsheets_inklusion zu den Ergebnissen der ersten Workshops zu den Themen Arbeit & Soziales, Bildung und Wohnen gibt es hier: https://klub.spoe.at/file/inklusions-enquete-mai-2017

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3 Kommentare

  • Was nützen die schönsten Enqueten, solange Menschen in Tagesstätten ihre Arbeit lediglich als „Sozialhilfe“ verrichten „dürfen“, dafür über keinerlei eigene sozialrechtliche Absicherung verfügen und für Ihre Arbeit einen monatlichen „Anerkennungsbeitrag“ von knapp 75 Euro bekommen?
    Das dritte Vorhaben (UN-Behindertenkonvention und NAP) hätte schon längst umgesetzt werden können und müssen – es gäbe eine einfache Lösung, die lediglich daran scheitert, dass in Österreich der Föderalismus über den Menschen- und damit auch den Behindertenrechten steht!
    Wo ist übrigens BIZEPS, wenn es um diese Sache geht?

  • Der Behinderten- und Sozialbereich gehört den Ländern ebenso aus der Hand genommen wie die Barrierefreiheit (Föderalismus in diesen Bereichen „einbremsen“ ist zu wenig!) und von Chancengleichheit sind wir noch meilenweit entfernt (siehe Oö. sogenanntes „Chancengleichheitsgesetz“, das die reinste Abzocke von Menschen mit Behinderungen ist)! Vielleicht könnte BK Kern hier ein klares Wort mit seiner SP-Parteikollegin reden, die für den Behinderten- und Sozialbereich (was in OÖ eh fast dasselbe ist) zuständig ist.