Integration

In unserer Gesellschaft werden Menschen in Gruppen eingeteilt, und die mächtigste dieser Gruppe erklärt sich selbst zur Norm und die anderen zu Randgruppen.

Ich werde auch einer „Randgruppe“ zugeordnet, nämlich den „Behinderten“ unter diesen zu den Körperbehinderten. Früher war Integration ein Fremdwort für mich. Ich glaubte, daß ich zu den „normalen Menschen“ gehören würde. Aber zu Schulbeginn wurde mir klar, daß diese Annahme ein Irrtum war.

Mein Schulanfang fing normal an.

Meine Mutter und ich gingen in die Schulmesse. Nach der Messe fuhren wir in die Schule und begannen meinen Namen zu suchen. Doch zu unserem Schock stand mein Name nirgends. Meine Mutter und ich gingen zum Direktor. Der Direktor behauptete, es sei eine Zumutung, wenn ein behindertes Kind am Unterricht teilnehmen würde. Der zweite Grund war, es wäre den anderen Schülern und Schülerinnen nicht recht, da ich vielleicht bei manchen Dingen länger Zeit gebraucht hätte, um sie zu verstehen. So kam ich in die Sonderschule und blieb dort drei Jahre.

Diese Zeit war die schlimmste in meinem Leben.

Ich war damals noch zu klein, um zu verstehen, was mit mir geschah. Nach Jahren harten Kampfes kam ich in die Volksschule. Ich verstand mich sehr gut mit meinen Klassenkolleginnen. Von diesen Zeitpunkt an wurde ich integriert.

In den letzten Jahren merkte ich immer deutlicher, daß auch andere Menschen Schwierigkeiten haben, so wie sie sind, anerkannt und geschätzt zu werden oder Hilfestellung für ihre Entwicklung zu bekommen. Krasse Beispiele dafür sind haftentlassene Menschen, Drogensüchtige oder Obdachlose.

Um in ein Eck der Gesellschaft gedrängt zu werden, genügen aber auch geringe „Makel“, wenn jemand arm ist oder arbeitslos wird, oder wenn jemand nicht in Österreich geboren wurde oder eine andere Sprache besser kann. Manchmal denke ich mir, nicht einmal Kinder sind in unserer Gesellschaft wirklich integriert, auch alte Menschen nicht.

Gottseidank werden immer mehr behinderte Kinder in der Schule integriert.

Aber es wissen noch nicht alle Lehrer und Lehrerinnen, wie sie diesen am besten helfen können. Ich hatte einmal eine gehörlose Freundin in der Klasse, die in vielen Gegenständen die Erklärungen nicht nur gesprochen, sondern gebärdet gebraucht hatte. Allein konnte sie am besten lernen, wenn sie von den LehrerInnen schriftliche Stundenzusammenfassungen bekam. Ich selbst bin froh, wenn ich Schularbeitsangaben (z. B. Buchhaltung) auf einer Diskette bekomme.

Die Integration Behinderter ist aber genau so wichtig, wenn es um einen Arbeitsplatz geht.

Es sollte eigentlich egal sein, ob jemand länger für etwas braucht oder schneller ist, am Schluß bekommt jeder etwas fertig und freut sich darüber, und es ist wieder eine Arbeit erledigt. Ein weiterer sehr wichtiger Bereich ist das Wohnen. Ich habe mir am Montag einen Vortrag über das Wohnen angehört und wieder einmal gemerkt, wie schwer es mir gemacht wird, später einmal selbständig nach meinen Vorstellungen wohnen zu dürfen – in den nächsten zwei Jahren muß ich viel vorbereiten und organisieren.

Ein anderes Problem sind die Verkehrsmittel. Kürzlich konnte ich einen Hublift ausprobieren und bin somit zum ersten Mal im Leben mit meinem E-Rolli alleine in einen Bus eingestiegen. Da habe ich mir gedacht, vielleicht ziehe ich später einmal nach Deutschland, weil es dort schon viele solche Busse und Straßenbahnen gibt. Ich werde sehen, was ich wirklich mache.

Vielleicht ziehe ich zuerst mit meiner Freundin in eine Wohnung und später zu einem Freund. Auf jeden Fall möchte ich ein Kind haben. Und allen Kindern, die behindert oder sonstwie anders geboren werden, wünsche ich, daß sie nie im Leben ausgesondert werden, dann brauchen sie auch nicht integriert zu werden.

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