Ist ein behinderter Mensch ein Schadensfall?

Schockierender Zeitgeist: Schadenersatz für "mangelhaften" Menschen?

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Gerichtsurteil: Das Oberlandesgericht und der OGH haben die Kärntner Krankenanstalten-Betriebsgesellschaft verurteilt, den gesamten Unterhalt eines Kindes, rückwirkend seit der Geburt zu bezahlen, weil beim Organscreening des Embryos die Anzeichen auf eine Behinderung übersehen wurden, so heißt es im Artikel des ORF am 5. März 2008.

Als Mensch, der weiß, was behindert sein bedeutet, beziehe ich mich auf diese Pressemeldung und möchte ganz entschieden festhalten, wie betroffen und traurig mich dieses Urteil stimmt.

Ich genieße mein Leben

Ich wurde mit einer Behinderung geboren, die mir vieles nicht erlaubt, dennoch liebe und genieße ich mein Leben über alles. Das Leben ist ein Geschenk und ich bin davon überzeugt, dass jeder auf dieser Welt den richtigen Platz findet, an dem sein Wirken wertvoll und fruchtbar ist.

Die unterschwellige Botschaft dieser Presseaussendung ist atemberaubend schockierend! Man/frau könnte meinen, es dürfe nur Menschen geben, die auf Grund von „tadellosen“ Voraussetzungen wie vollständiger Leistung, Gesundheit und/oder Schönheit eine Berechtigung zu leben haben.

Weit verbreitetes Phänomen

Leider ist es ein weit verbreitetes Phänomen unserer Zeit, jegliche Art von Behinderung als großes Schreckgespenst zu propagieren. Dem kann ich nur entschieden widersprechen! Das hier gefällte Urteil von höchster Stelle vermittelt uns ÖsterreicherInnen den Eindruck, in unserem Lande eine Behinderung als „unrecht“ gegenüber gesunden Menschen zu sehen.

Das Bild, das sich nichtbehinderte Menschen von einem Leben mit Behinderungen machen, stimmt selten mit der Wirklichkeit und dem Selbstverständnis behinderter Menschen überein. Behinderungen werden fast nur mit Leiden, Schmerzen und Unglück identifiziert, eben mit negativen Elementen. Die Lebensfreude, der Erfolg, Glück und Dankbarkeit, das Positive und Schöne, das im Leben von behinderten Menschen genauso seinen Platz hat, wird wenig wahrgenommen.

Die Fortschritte der Gentechnik, insbesondere in der Humangenetik und Biomedizin entfachen eine gesellschaftliche Dynamik. Sie hält eine längst überwunden geglaubte Wunschvorstellung wach – den Traum vom perfekten Menschen und einer leidfreien Gesellschaft. Er produziert nur selbst immer neues Leid und missachtet die Würde aller Menschen, die seiner Vorstellung nicht entsprechen – ob dies behinderte Menschen sind oder alte, sozial benachteiligte, gesellschaftlich nicht (mehr) „voll funktionsfähige“.

Der Mensch zerstört den solidarischen Zusammenhalt einer humanen Gesellschaft. Gerade die Vielfalt in unserer Welt macht sie lebendig und aufregend. Wir sollten uns dessen bewusst werden, was es bedeutet, Mensch auf dieser Welt zu sein und uns auf die wichtigen Werte unseres Lebens beziehen, wie Nächstenliebe, Respekt und Demut vor dem Leben.

Als Menschen sollten wir nicht zulassen, dass andere Werte unser Handeln dominieren.

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