Aussonderung muss durch Selbstbestimmung ersetzt werden

Der aktuell bekanntgewordene Inzestfall in Oberösterreich zeigt in erschreckender Weise, dass Frauen, aber auch Männer mit Behinderungen noch immer ein hohes Risiko haben, Opfer sexueller Gewalt zu werden. Fachleute gehen davon aus, dass Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung die am häufigsten von Missbrauch betroffene Bevölkerungsgruppe ist.
In einer Studie aus dem Jahr 1996 (!) – „Weil das alles wehtut mit Gewalt“ – gaben 64 Prozent der befragten Frauen an, einmal oder mehrmals in ihrem Leben sexuelle Gewalt erfahren zu haben.
„Es ist unbedingt notwendig, eine neue Studie zu diesem Thema durchzuführen, um das Thema aus der Versenkung zu holen.“, fordert Helene Jarmer, Behindertensprecherin der Grünen. „Die in den Medien auftauchenden Fälle stellen nur die Spitze eines Eisberges dar.“
Die Diskussion über Gewalt und Missbrauch, insbesondere im privaten und familiären Bereich, ist mit einem gesellschaftlichen Tabu belegt. Wenn es um Frauen mit Behinderung geht, kommt noch das Tabuthema Behinderung dazu.
Aufgrund von Aussonderung von wesentlichen Gesellschaftsbereichen wie etwa Bildung haben Menschen mit Behinderung vielfach ein schlecht ausgebildetes Bewusstsein für ihre eigenen physischen und psychischen Grenzen. Mangelnde Sexualerziehung hat für sie dramatische Auswirkungen.
„Österreich hat sich durch die Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention dazu verpflichtet, alle geeigneten Gesetzgebungs-, Verwaltungs-, Sozial-, Bildungs- und sonstigen Maßnahmen zu treffen, um Menschen mit Behinderungen vor jeder Form von Ausbeutung, Gewalt und Missbrauch zu schützen. Dazu gehören neben einem inklusiven Schulsystem auch der bedarfsgerechte Ausbau von Persönlicher Assistenz, um den Menschen die Chance auf ein Leben in Selbstbestimmung zu ermöglichen“ erläutert Jarmer.
Gerhard-Norbert Ludwig,
31.08.2011, 10:18
Opfer von sexueller Gewalt fühlen sich häufig unverstanden, schämen sich und vermissen sofortige aktive Hilfe durch die Behörden (Polizei).
Die eigene Familie überschüttet mit Vorwürfen (selber Schuld, Animation usw.)und ist keine Hilfe. Bedauerlich dabei ist auch, dass Betroffene schon massiv vorgeschädigt durch „Familiäre Gewalt und Terror“ sind. Ein besonders leichtes Spiel haben Angehörige/Freunde bei Menschen mit narzisstischen Persönlichkeitsstörungen – wie wir bei unseren Beratungen feststellen mußten. Soforthilfe nach einer Vergewaltigung ist in allen Bereichen unbedingt erforderlich!
Gerhard-Norbert Ludwig, Behindertensprecher d. Bed.d.Stadt Wien
anna wolfesberger,
30.08.2011, 10:17
Wir, Verein Senia, arbeiten in diesem Bereich und leisten intensiv Sensibiliesierungsarbeit für Frauen und Männer mit Beeinträchtigung, egal welcher Art. Präventionsarbeit ist wichtiger, als „nacharbeiten“ und dazu gehört auch die Arbeit mit Eltern und Betreuungspersonal. Daher veranstalten wir am 6. Okt. 2011 im Volkshaus Solarcity einen Fachtag zum Thema „Liebe, Sex und Zärtlichkeit … isozertifiziert?“ Bei Interesse schauen sie bitte auf unsere Homepage:www.senia.at