Jugendamt wollte zu einer Cochlea-Implantation zwingen – Gericht lehnte dies nun ab

Im Jänner 2019 ging nun ein vielbeachteter Rechtsstreit in Deutschland zu Ende. Ein Jugendamt hatte in einer Ablehnung einer Cochlea-Implantation eine Kindeswohlgefährdung gesehen. Nun hat das Amtsgericht Goslar entschieden.

Richterhammer und deutsche Flagge
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„Im vorliegenden Fall geht es um die Frage, ob die Kindeseltern eines hörgeschädigten Kindes durch den Entzug von Sorgerechtsteilen dazu gezwungen werden können, eine Cochlea-Implantation bei ihrem Kind, die zu Hörvermögen führt, durchführen zu lassen“, ist dem Beschluss des Amtsgerichts Goslar (Deutschland) vom 29. Jänner 2019 zu entnehmen.

Doch wie kam es überhaupt zur Klage? „Im Jahr 2017 hat ein Ereignis die Gehörlosen- und Gebärdensprachgemeinschaft in Deutschland und auch international erschüttert. Sowohl das Klinikum Braunschweig als auch das Jugendamt Goslau hat den tauben Eltern (sie haben ein taubes Kind ohne Cochlea-Implantat) eine ‚Kindeswohlgefährdung‘ unterstellt“, erinnert Lukas Huber vom Österreichischen Gehörlosenbund.

Aufgrund der Anzeige des Chefarztes einer HNO-Klinik hatte eine Richterin über die beidseitige Implantation eines zweijährigen gehörlosen Kindes gehörloser Eltern zu entscheiden. Die Konsequenz wäre gewesen, dass die Eltern gezwungen werden, bei ihrem Kind eine Cochlea-Implantation durchführen zu lassen. Der Anwalt des Klinikums schrieb damals, eine Implantation solle, um irreparable Schäden abzuwenden, am besten in den nächsten Monaten erfolgen – notfalls gegen den Willen der Eltern.

Entscheidung der Eltern gefährdet Kindeswohl nicht

Die Richterin hielt im Beschluss fest, dass durch die Entscheidung der Kindeseltern keine Cochlea-Implantation bei ihrem Kind vornehmen zu lassen, keine Kindeswohlgefährdung vorliegt.

„Man kann nur hoffen, dass es der erste und letzte Fall vor Gericht war, der sich mit dieser Thematik beschäftigt“, hält Gebärdensprachdolmetscherin Karin Kestner fest. Sie hatte den Verlauf des Prozesses von November 2017 bis Jänner 2019 auf ihrer Homepage genau dokumentiert und die Eltern unterstützt.

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2 Kommentare

  • Der Entscheidung des Gerichts sind schwer zu beantwortende Fragen vorausgegangen und es hat hierbei wirklichen Mut bewiesen. Ich gratuliere auch den Eltern.

    Aber auch das Jugendamt hat seinen Job gemacht.