Kärnten: Inklusive Bildung vs. Sonderschulen

Die ORF-Kärnten - Sendung "Streitkultur" widmete sich am 9. Dezember 2013 dem Thema Inklusion in Schulen. Anlass dafür war die zuletzt emotional geführte Diskussion um die Schließung der Sondererziehungsschule Harbach in Klagenfurt.

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Aus für die Sonderschule?„, war die Frage, die den teilnehmenden Diskutantinnen und Diskutanten gestellt wurde. Erneut stellte sich heraus, dass Sonderschulen – wenngleich jene in Harbach 2015 geschlossen werden soll – in Kärnten noch Zukunft haben.

Der „Streitkultur“-Diskussion rund um die Schließung der Sonderschule Harbach stellten sich Dagmar Zöhrer (Landesschulrat Kärnten), Gilda Geiss (betroffene Mutter), Doris Trattnig-Sax (Diakonie Kärnten), Isabella Scheiflinger (Behindertenanwältin Kärnten) und Stefan Sandriesser als Personalvertreter der Lehrerinnen und Lehrer.

Klar herausgekommen ist in dieser Diskussion, dass es in Kärnten ein klares Bekenntnis zur Weiterführung einer Segregation im Bildungsbereich gibt, obwohl von der Mehrheit der teilnehmenden Personen Inklusion durchaus befürwortet wird. Bei der Deutung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, die in Artikel 24 inklusive Bildung vom Kindergarten bis zur Universität fordert, gingen die Diskutantinnen und Diskutanten mit der Unterrichtsministerin konform, wonach „Sonderschulen neben einem voll ausgebauten inklusiven System als zusätzliche Angebote bestehen dürf(t)en“ (vgl. Petra Flieger, 2012).

Gemäß Unterrichtsministerin Schmied ist die „durchgehende Integration nur einer von vielen Aspekten der schulischen Förderung behinderter Kinder“ und ihrer Meinung nach „steht es den Staaten grundsätzlich frei, wie sie ihre Schwerpunkte zur Ereichung der Ziele der Konvention setzen wollen.“ Sie steht auf dem Standpunkt, „entscheidend ist, dass die gesetzten Schritte konkret, glaubhaft und nachvollziehbar sind und die Lage behinderter Kinder sukzessive verbessert wird“ (vgl. Parlamentarische Anfragebeantwortung Nr. 9900/J-NR/2011).

Wahlfreiheit ist grundsätzlich schon OK, aber meiner Meinung nach geht es den politisch Verantwortlichen hier nicht so sehr um Wahlfreiheit, sondern um Beibehaltung eines derer Meinung nach „bewährten Systems“. Wind in die Segel dafür gibt es selbstverständlich von der Elternschaft, wie auch in der gestrigen Debatte durch die betroffene Mutter und eine Anruferin bestätigt wurde. Was natürlich aus mehreren Gründen auch verständlich ist, da ja einerseits die für eine inklusive Bildung nötigen Ressourcen weder in materieller noch personeller Hinsicht zur Verfügung stehen, zudem Eltern ihre behinderten Kinder gut versorgt wissen wollen, und andererseits Therapie, Unterricht und Nachmittagsbetreuung an einem Ort natürlich auch sehr praktisch ist.

Spannend ist der Ansatz der Diakonie. Bezüglich der Weiterführung der Sonderschule Harbach gibt es gemäß der dort zuständigen Bildungsreferentin Trattnig-Sax ein inklusives Konzept. Inklusiv wird dabei allerdings eher als aus der Tourismuswerbung bekanntes „All inclusive-Angebot“ verstanden. Es war nicht klar erkenntlich, was das neue Konzept vom bisherigen unterscheidet, jedenfalls handelt es sich dabei um eine Rundum-Betreuung, die eigentlich alles enthält außer den für die Inklusion essentiellen gemeinsamen Unterricht behinderter und nichtbehinderter Kinder.

In der Diskussion erwähnt wurde auch, dass Kärnten das durch die Schließung bzw. nicht in den Ausbau bestehender Sonderschulen frei werdende Geld in Inklusionsmaßnahmen investiert. Kärnten geht hier ja einen eigenen Weg, indem sukzessive regionale Inklusionszentren in den Bezirken entstehen. Die Verantwortlichen werden hier nicht müde, zu betonen, dass es sich hierbei lediglich um Übergangslösungen auf dem Weg zu einem inklusiven Bildungssystem handelt.

Aus Perspektive des Unterrichtsministeriums scheint dies auch legitim zu sein, stellt es doch eine Verbesserung für die behinderten Schülerinnen und Schüler dar, da diese nun kürzere Wege zu ihrer „Sonderschule“ haben. Inklusionszentren sind jedoch Sonderschulen, auch wenn sie an Regelschulen verortet sind. Ein Lokalaugenschein im Inklusionszentrum Kühnsdorf durch den Gleichstellungsbeirat der Landeshauptstadt Klagenfurt im September 2013 hat dies klar verdeutlicht. Der gemeinsame Unterricht behinderter und nichtbehinderter Kinder beschränkt sich auf gemeinsame Feiern und auf einen montäglichen gemeinsamen Gesangsunterricht.

Es bleibt zu hoffen, dass die Kärntner Übergangslösung mit den Inklusionszentren wirklich nur eine Übergangslösung bleibt und nicht zur Dauerlösung mutiert.

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