Kein WC auf Zugfahrt – ÖBB versagen in Sachen Barrierefreiheit

Als der freischaffende Journalist Luca Kielhauser mit einem Zug der ÖBB fuhr, musste er auf ein wichtiges Grundbedürfnis verzichten. Die Geschichte dieser Zugfahrt zeigt, wie die ÖBB in Sachen Barrierefreiheit versagt.

Ein rotschwarzer ÖBB Railjet steh in einem Bahnhof. Im Vordergrund sieht man auch den Bahnsteig.
Bild von Kaffee Kraftwerk auf Pixabay

Es ist der 13. Juni 2022 als der freischaffende Journalist Luca Kielhäuser mit dem Zug von Graz nach Wien fährt. Der Einstieg in den Zug funktioniert noch problemlos. Erst im Zug wird ihm ein ganz anderes Problem bewusst, nämlich dass das einzige Rollstuhl-WC im Zug wegen eines Defektes gesperrt ist.

Auch das Erreichen anderer Toiletten ist nicht möglich, denn aufgrund der Platzverhältnisse sind andere Waggons und damit auch andere Toiletten mit dem Rollstuhl nicht erreichbar.

Luca Kielhäuser sagt dazu in seinem Bericht auf meinbezirk.at: ,,Hierbei spielt es keine Rolle, ob es sich um einen manuellen Kinderrollstuhl oder einen großen elektrischen Rollstuhl handelt, die Türen sind einfach zu schmal.“

Eine peinlich berührte Zugbegleiterin erzählt Kielhäuser dann, dass sie das kaputte WC bereits vier Tage zuvor, also am 9. Juni 2022 gemeldet hatte.

Eine Unverschämtheit

Für Kielhauser ist die Verweigerung dieses Grundbedürfnisses aufgrund mangelnder Barrierefreiheit verständlicherweise ein unzumutbarer Zustand. ,,Wenn man nun berücksichtigt, dass einige Rollstuhlfahrer:innen aufgrund ihrer Erkrankung bestimmte Zeiten für den Toilettengang einhalten müssen, beziehungsweise ein Aufschieben nur sehr schwer möglich ist, ist dieser Zustand unzumutbar.“

Kielhauser musste vier Stunden ohne Toilettengang bewältigen. Für Rollstuhlfahrer:innen mit einer längeren Fahrtzeit hätte das bedeutet, noch länger ohne Toilette auskommen zu müssen.

Barriere nicht behoben

Am 14. Juni 2022 wollte Kielhauser dann am Nachmittag mit dem Zug von Wien nach Graz zurückreisen. Leider erwischte er wieder dieselbe Garnitur und das WC war immer noch defekt.

,,Der Umstand, dass bei einer erneuten Fahrt von Graz nach Wien am 16. Juni immer noch derselbe kaputte Waggon im Einsatz war und die Fehlermeldung der Zugbegleiterin zu diesem Zeitpunkt bereits mehr als eine Woche zurück lag, lässt auf eine umfangreiche Ignoranz und ein falsches Prioritätensetzen der ÖBB gegenüber Grundbedürfnissen von behinderten Menschen schließen“, so Kielhauser.

Ein weiterer Beweis dafür, dass der Vorfall von den ÖBB als unwichtig wahrgenommen wird, ist der weitere Umgang mit dem Sachverhalt. Auf die Beschwerde von Kielhauser, die detailliert und schriftlich erfolgte, reagierten die ÖBB zunächst nicht.

Monate später erscheint auf seiner ÖBB-App aber ein Gutschein für vier Sitzplatzreservierungen ohne Ticket. Doch eine Sitzplatzreservierung ohne Ticket ist bereits beim Kauf eines Rollstuhltickets bei der Anmeldung über das Mobilitätsservice inkludiert. Für Kielhauser ist diese Form der versuchten Wiedergutmachung verständlicherweise ein Hohn.

Dieses Beispiel aus dem Alltag eines Menschen mit Behinderung zeigt, wie viel die ÖBB in Sachen Barrierefreiheit und Inklusion noch dazulernen müssen. Denn mit dieser kann es nicht weit her sein, wenn man einem wichtigen Grundbedürfnis, das man mit jedem anderen Menschen teilt, als Mensch mit Behinderung nicht nachgehen kann.

Schmerzensgeld bei der Deutschen Bahn

Dass man auch anders mit dem Thema umgehen kann, zeigt ein ähnlicher Fall der in der Deutschen Bahn passiert ist. Ein Mann suchte 2006 in einem Zug vergeblich nach einer benutzbaren Toilette. Alle Toiletten waren wegen Wassermangels nicht benutzbar. Die einzige funktionstüchtige Toilette war verschlossen.

Später klagte der Mann gegen die Bahn und bekam Schmerzensgeld. Auch wenn dieses Verfahren die Barriere nicht beseitigt, ist es doch besser als gar keine Reaktion. In Österreich hätte Luca Kielhauser zumindest die Möglichkeit einer Schlichtung.

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2 Kommentare

  • Wo erleichtert man sich dann?

  • Auch ich hatte so einen Vorfall auf der Strecke Wien Innsbruck.
    Mir bot die ÖBB ein Taxi von Linz nach Innsbruck an. Mein Zugsbegleiter und die ÖBB haben sich in meinem Fall sehr vorbildlich verhalten. Habe dies jedoch abgelehnt, denn mein Rollstuhl ist so schmal und der Schaffner führte mich immer in ein normales WC.