Der österreichische Bundespräsident, Dr. Thomas Klestil, hat am 14. Juni 2004 zu Beginn des fünften Theodor Herzl-Symposions im Wiener Rathaus eine kritische Auseinandersetzung mit dem Antisemitismus in der Sprache eingemahnt.
In seiner Eröffnungsrede beschäftigte sich der österreichische Bundespräsident ausführlich mit der Sprache und deren Gebrauch.
„Es ist daher mehr als eine gute österreichische Tradition, wenn ich meine, dass Sprachkritik die Voraussetzung für gelebte Ethik ist. Die Hemmschwelle für rassistische oder antisemitische Äußerungen und Formulierungen darf keinesfalls noch weiter sinken. Nicht in Österreich, nicht in Europa, nirgendwo! Denn Sprache ist nie unschuldig. Sie kann ebenso heilen wie töten, und sie kann unser Leben verwandeln; zum Guten wie zum Schlechten.“ forderte Klestil vehement Wachsamkeit ein, „denn das Gift der Intoleranz hält in allerlei Sprachen seinen Einzug. Aber Sprache ist nicht nur ein Kleid der Gedanken, sie ist auch ein Mittel zur Formung von Menschen. So werden und wurden wir auch tagtäglich Zeugen dafür, dass Ausdrücke aus dem ‚Wörterbuch des Unmenschen‘ keineswegs verschwunden sind“.
„Die Achtung des ‚Anders-Seins‘ ist in der politischen Arena ein Prüfstein jeder funktionierenden Demokratie“ erläutert Klestil und erwähnt in diesem Zusammenhang „Nachbarn, Minderheiten, Kranke und Behinderte“.
„Der 100. Todestag Theodors Herzls fällt in eine Zeit, in der von einem wirklichen Frieden unter den Menschen und Völkern leider keine Rede sein kann“, führte der Bundespräsident aus. Das Erbe Herzls beschränke sich nicht nur auf ein staatliches Territorium, sondern umschließe auch den Auftrag, überall die Feinde von heute miteinander zu versöhnen und die soziale Gerechtigkeit weltweit zu stärken.