Evaluierung des gelockerten Kündigungsschutzes für Menschen mit Behinderung wird einzuschlagenden Weg aufzeigen
„Die Anzahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, ab der je eine Mitarbeiterin bzw. ein Mitarbeiter mit Behinderung eingestellt werden muss, von 25 auf 16 zu senken, halte ich nicht für die geeignete Maßnahme, um die Beteiligung von Menschen mit Behinderung am Arbeitsmarkt zu forcieren. Viel eher braucht es ein stärkeres Bewusstsein dafür, dass Menschen mit Behinderung leistungsfähig und einsatzbereit sind. Auch über die Förderangebote, die es derzeit gibt, muss verstärkt informiert werden. Wir brauchen also eine Image- und eine Informationskampagne, für deren Umsetzung die Wirtschaftskammer wesentlich verantwortlich ist“, sagt die SPÖ-Sprecherin für Menschen mit Behinderung, Ulrike Königsberger-Ludwig, zu den Änderungsvorschlägen im Bereich Behinderten-Einstellungsgesetz, die der derzeitige Behindertenanwalt Hansjörg Hofer im Morgenjournal vorgeschlagenen hat.
Dass die Arbeitslosenzahlen unter Behinderten steigen, obwohl der besondere Kündigungsschutz für behinderte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gelockert wurde – er greift nun erst nach vier Jahren statt nach sechs Monaten – wundert Königsberger-Ludwig nicht: „Dass durch die Änderung beim erhöhten Kündigungsschutz mehr Menschen mit Behinderung einen Arbeitsplatz in der Wirtschaft finden, habe ich schon immer bezweifelt. Durch die nun bekannt gewordenen Zahlen sehe ich mich in meiner Ansicht bestätigt“, betont Königsberger-Ludwig.
Und weiter: „Hinsichtlich der Lockerung des besonderen Kündigungsschutzes für Menschen mit Behinderung plädiere ich dafür, die Evaluierung, die bis Mitte des Jahres fertig gestellt werden wird, abzuwarten und danach je nach Ausgang eine Entscheidung über den einzuschlagenden Weg zu treffen. Eine eventuelle Rücknahme der Lockerung oder eine Neuregelung des besonderen Kündigungsschutzes muss aber auf jeden Fall mit den Behindertenorganisationen und vor dem Hintergrund einer möglichen Erhöhung der Ausgleichstaxe diskutiert werden“, so Königsberger-Ludwig.
„Zynisch“ findet Königsberger-Ludwig die Aussage von Martin Gleitsmann, Leiter der Abteilung für Sozialpolitik und Gesundheit in der Wirtschaftskammer Österreich, nach der zu wenig begünstigt behinderte Personen auf dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stünden. Die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber könnten ihre Pflichtzahlen gar nicht erfüllen.
„Diese Aussage ist für viele betroffene Menschen ein Schlag ins Gesicht, da viele monate- und jahrelang Arbeit suchen. Einmal mehr sollte sich die Wirtschaft überlegen, wie sie Menschen mit Behinderung die Teilhabe am Arbeitsleben ermöglichen kann. Mehr Förderungen und die Lockerung der Schutzbestimmungen zu fordern, wird an der Situation nichts ändern. Erst wenn der eindeutige Wille der Wirtschaft, Menschen mit Behinderung einzustellen, erkennbar ist, wird sich auch das Bild, das unsere Gesellschaft von den Betroffenen hat, ändern“, schloss Königsberger-Ludwig.