Kommt Gesetzesänderung im pflegerischen Bereich?

Am 4. Februar 2008 hat die ÖVP Vorschläge zur rechtlichen Änderungen "für pflegerische und ärztliche Tätigkeiten für Betreuungskräfte" vorgelegt. Damit ist die Diskussion eröffnet.

Lumpe vergrößert das Wort Recht
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„Zum einen umfasst die Gesetzesinitiative Änderungen im Gesundheits- und Krankenpflegegesetz (GuKG) und dem Ärztegesetz (ÄrzteG). Zudem werden das Hausbetreuungsgesetzes (HBeG) angepasst, indem die erwähnten Tätigkeiten dem Betreuungsbegriff des im HBeG unterstellt werden“, fasste das Bundesministerium für Gesundheit, Familie und Jungend die geplanten Änderungen in einer Aussendung zusammen.

„Wir brauchen ein alltagstaugliches Modell, eine leistbare, unbürokratische und legale Regelung für die Betroffenen und deren Familien“, begründete Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky die Änderungen.

Buchinger einverstanden

Auch Sozialminister Dr. Erwin Buchinger (SPÖ) ist für eine Änderung. „So kann es kommen“, sagte er nach dem SPÖ-Präsidium im Gespräch mit der APA, berichtet der ORF. Er kritisierte, dass diese Änderung erst jetzt erfolge.

Gewerkschaft massiv verärgert

„Vom Einkauf bis zum Arzt-Ersatz sollen die BetreuerInnen alles erledigen. Und das zu Dumpingpreisen und ohne entsprechende Ausbildung. Geht dann was schief, stehen sie mit der Verantwortung allein da“, kritisiert der stellvertretende vida-Vorsitzende Willibald Steinkellner in einer ersten Reaktion.

„Niemand kommt auf die Idee, dass die Reinigungskraft im Haushalt auch den Gaskonvektor zu warten hat. Und das ist gut so. Will man vermeiden, dass die Zahl der Gasexplosionen sprunghaft ansteigt, ist es sinnvoll, ausgebildete Fachkräfte die Wartung vornehmen zu lassen“, ergänzt Steinkellner und befürchtet mittelfristig eine Absenkung der Qualität.

Der ÖVP-Behindertensprecher Dr. Franz-Joseph Huainigg ärgert sich seinerseits über den Vergleich mit „Gaskonvektoren“. „Dieser Vergleich zeigt, dass Herr Steinkellner die betroffenen Menschen und ihre Anliegen nicht ernst nimmt. Darüber hinaus wird deutlich, dass er den Gesetzestext offensichtlich nicht gelesen hat. Sonst wüsste er nämlich, dass die Pflegetätigkeiten von den BetreuerInnen nur nach fachkundiger Anleitung und Delegation durch diplomierte Pflegekräfte oder Ärzte durchgeführt werden dürfen. Zudem gewährleisten eine regelmäßige Überprüfung der Fertigkeiten und eine begleitende Qualitätskontrolle den Standard“, erklärt Huainigg und bedauert, dass „ausgerechnet ein Gewerkschaftsvertreter Reinigungskräften keine Lernfähigkeit zumutet und sie damit diskriminiert“.

Die vida stellt in einer Replik fest: „Eine angemessene Entlohnung und eine gute Ausbildung, das ist für eine Zustimmung unsererseits zum Konzept der 24-Stunden-Betreuung unabdingbar“, so der Gewerkschafter abschließend.

Etablierte Modelle endlich sicherstellen

„Persönliche Assistenz als Dienstleistung setzt Arbeitsverhältnisse voraus, in denen arbeitsrechtliche sowie sozialversicherungsrechtliche Bestimmungen eingehalten werden. Damit ist es Menschen mit Behinderung möglich, gleichberechtigt und selbstbestimmt am Leben teilzunehmen“, halten eine Reihe von Anbietern von Persönlicher Assistenz in einer gemeinsamen Presseaussendung fest und erläutern: „Derzeit bildet das GuKG dem Bedarf dieser selbstbestimmten Unterstützungsform nicht ab, da es vorrangig für den stationären Bereich entwickelt worden ist.“

Daher begrüßen sie die geplanten Gesetzesänderungen, da behinderte Frauen und Männer „eigenverantwortlich darüber entscheiden können, wer diese für sie notwendigen Assistenzverrichtungen erbringt“.

„Auf jeden Fall bedarf es keiner medizinischen oder fachpflegerischen Anleitung, wenn es sich um Verrichtungen des täglichen Lebens wie etwa Körperpflege, Nahrungsaufnahme, etc. handelt“, unterstreicht Mag. Dorothea Brozek für die Assistenzanbieter und meint abschließend: „Für behinderte Menschen und deren Persönliche AssistentInnen müssen die bereits in ganz Österreich etablierten Modelle der Persönlichen Assistenz endlich sichergestellt werden – unabhängig von berufständischen Interessen.“

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  • In der 24-Stunden Betreung geht es nicht um die Betreuung und Pflege von mehreren hilfesuchenden Personen pro Tag, die und deren Bedürfnisse dauernd wechseln. Bei Konzentration auf eine zu betreuende Person braucht man keine 3-jährige intensive Ausbildung mit Diplom um
    – bei der Nahrungsaufnahme zu helfen
    – jemanden zu waschen
    – jemanden bei der Toilette bzw. bei der Inkontinenz zu helfen!

    Jeder, der nicht selbst gesundheitliche Probleme hat, kann obige Tätigkeiten durchführen und tut dies auch für seine Kinder, Eltern, z.B. bei Krankheit, bei Babies etc. Das sind doch ganz normale menschliche Hilfetätigkeiten.

    Gerade jemand, der auf 24-Stunden Betreuung angewiesen ist, ist auf diese Tätigkeiten – Hilfe beim Essen, Trinken und Waschpflege/Toilettenpflege – hauptsächlich angewiesen. Zum Einkaufen, Putzen braucht man keine 24-Stunden Betreuung, da genügen einige Stunden pro Tag. Das ist mir schon bei der Beschreibung zu den erlaubten bzw. verbotenen Tätigkeiten der jetzigen 24-Stunden Pflege ein Dorn im Auge gewesen, dass genau die wichtigsten Tätigkeiten, die für den zu Betreuuenden notwendig sind und die ein jeder durchführen kann, in der Verbotsliste aufscheinen.

    Bei jedem (z.B. Verkehrs-) Unfall sind wir moralisch und tw. gesetzlich verpflichtet, erste Hilfe zu leisten. Das geht von Positionierung der verletzten Person (Stichwort stabile Seitenlage), bis zur Reanimation durch Notbeatmung und Herzmassage. Das ist doch weit anspruchsvoller als jemanden zu waschen oder zu füttern, oder?

    Dasselbe gilt doch auch für ?medizinische? Dienste: ein Demenskranker bzw. verwirrter Hilfesuchender darf die Medikamente selber nehmen, ein Assistent oder Betreuer darf diese nicht verabreichen? Einen Tracheostomierten, der sich nicht selber das Lungensekret absaugen kann, soll sein Leben im Heim verbringen , obwohl jeder das lernen kann, der nicht selbst hilfsbedürftig ist – glaubt mir nach 10-jähriger Erfahrung – auch ohne Diplom.

  • Mindestens ein Jahr zu spät, diese Diskussion engagiert und sachlich zu führen. Es straft alle bisherigen Lobhudeleien des vergangenen Jahres, bereits eine „legale“ Lösung der 24-Stunden-Betreuung oder gar, wie immer wieder behauptet, eine „Pflegelösung“ zu „haben“, der Lüge. Bleibt zu hoffen, dass diesbezüglich eine vernünftige Lösung zustande kommt. Die Frage der Leistbarkeit bleibt aber auch damit noch immer offen.
    Eine Liberalisierung der Alltags-Pflegehandlungen im häuslichen Bereich ist unumgänglich, wie dies von Behindertenvertretern für behinderte Menschen mit Anleitungskompetenz gefordert wird. Jegliche qualitätssichernden Massnahmen für den häuslichen Bereich sollen sich als Angebot (ev. mit Anreiz), jedoch nicht als Pflicht etablieren. Die Haftungsfrage (Haftpflichtversicherung?) ist zur Sicherheit aller Beteiligten zu klären.
    Differenziert zu betrachten und zu regeln – aber nicht unlösbar – ist die Situation bei Minderjährigen und bei Personen mit krankheits- oder behinderungsbedingt reduzierter oder fehlender Eigenkompetenz (z.B. demenzieller Erkrankung) der Pflegebedürftigen.