In der Serie "barrierefreies Internet leicht gemacht" haben wir dieses Mal Mag. Johannes Reiss von "kommunikationskultur.at - Kultur im Netz" interviewt.
Mag. Johannes Reiss ist seit 1997 im Bereich Webentwicklung tätig und hat sich seit 2003 auf Webstandards und Zugänglichkeit spezialisiert.
Wir haben mit ihm folgendes Interview geführt und ihn gebeten, unsere Sätze zu vervollständigen.
BIZEPS-INFO: Barrierefreies Internet bedeutet für mich …
Johannes Reiss: eine Notwendigkeit, ohne die das Web nicht funktionieren kann, will man es in seiner sozialen und soziokulturellen Funktion begreifen und es verantwortungsvoll (mit)gestalten.
Barrierefreies Internet bedeutet den entscheidenden Schritt hin zum idealen Web. Es reicht heute schon längst nicht mehr, virtuelle Räume am Menschen vorbei zu (er)schaffen. Gestalter (genau so wie Entscheidungsträger) müssen sich die Frage gefallen lassen, ob es ihnen gelingt, ihre ethische Verantwortung gegenüber den (ganz und gar nicht-virtuellen) Benutzern wahrzunehmen. Die Wahrnehmung dieser Verantwortungen bedeutet barrierefreies Internet.
BIZEPS-INFO: In diesem Zusammenhang halte ich es für besonders wichtig …
Johannes Reiss: … dass ein barrierefreies Webprojekt von Beginn an in einen Prozess der Bewusstseinsbildung eingebunden ist. Nur ein ernsthaft geführter Dialog unter allen Beteiligten kann notwendige Identität mit dem Projekt schaffen und barrierefreies Internet möglich machen. Ziel dieser Bewusstseinsbildung ist das Begreifen, dass Barrierefreiheit in höchstem Maße mit kommunikativer und kultureller Kompetenz zu tun hat.
BIZEPS-INFO: Bei meinen bisherigen Aufträgen hat sich gezeigt, dass …
Johannes Reiss: die Menschen durchaus verstehen, dass barrierefreies Internet allen zugute kommt und allen nützt. Der Mythos vom 2-klassigen Internet (hier Internet für Menschen mit und da Internet für Menschen ohne Behinderung) kann in der Praxis nach meinen Erfahrungen entzaubert werden. Das stimmt optimistisch.
BIZEPS-INFO: Manches Mal gibt es Schwierigkeiten bei ….
Johannes Reiss: der Bezahlung 😉 Ich formuliere das jetzt einmal bewusst provokant. Gemeint ist aber, dass insbesondere im öffentlichen (meist subventionierten) Bereich der Webauftritt ganz allgemein als nicht notwendiger Luxusartikel betrachtet wird, für den man ungerne zahlt.
Das hat aber zunächst nichts mit Barrierefreiheit zu tun. Funktioniert jedoch der oben angesprochene Prozess des Dialogs nur unzulänglich oder gar nicht, wird Barrierefreiheit als beliebige Sache empfunden. Ein Projekt ist in meinen Augen dann von Beginn an zum Scheitern verurteilt, weil die Wertigkeiten nicht mehr stimmen.
BIZEPS-INFO: Wir danken für das Interview.
Referenzprojekte
- Das Österreichische Jüdische Museum (Gewinner eines BIENE-Award in Bronze im Jahr 2005)
Kontakt
kommunikationskultur.at – Kultur im Netz
johannes.reiss@kommunikationskultur.at