Konradinum: Das laaaaaange Schweigen der Politik

BIZEPS hat wiederholt Medienberichte über schwere Missstände im Konradinum, einem vom Land Salzburg betriebenen Behindertenwohnheim in Eugendorf, aufgegriffen. Der verantwortliche Landeshauptmann-Stellvertreter und Gesundheitsreferent Christian Stöckl (ÖVP) empfindet dies als einseitig, zieht es nun aber doch lieber vor, kritische Fragen von BIZEPS nicht zu beantworten. Ein Kommentar.

Kind versteckt Augen hinter den Fingern
such mich von greensheepred / CC BY-SA 2.0

Am 9. März 2016 bedankt sich Landeshauptmann-Stellvertreter und Gesundheitsreferent Christian Stöckl (ÖVP) für die Zusendung eines Belegexemplares von BIZEPS-INFO, in dem unser erster Artikel zum Konradinum erschien.

„Ich bin einigermaßen erstaunt darüber, mit welch hartnäckiger und geradezu künstlicher Einseitigkeit der Bericht in einer Zeitschrift, die sich INFO nennt, erscheinen kann. Gerade von einer Informationszeitschrift hätte ich mir erwartet, dass vor der Veröffentlichung eines Artikels unvoreingenommen und ordentlich recherchiert wird“, kritisierte uns Landeshauptmann-Stellvertreter Stöckl und zeigte sich aufgebracht, da er unsere Berichterstattung als „Negativ-Kampagnisierung“ betrachtet.

Er übersandte uns Links zu alten Pressemeldungen des Landes Salzburg und schrieb: „Ich hoffe und gehe davon aus, keine Fehlbitte zu leisten, wenn ich ersuche und erwarte, dass Sie in der nächsten Ausgabe der BIZEPS-INFO eine Klarstellung unter Berücksichtigung der Sichtweisen des Landes Salzburg veröffentlichen.“

Da wir die Sicht des Landes Salzburg und die von Landeshauptmann-Stellvertreter Stöckl in unserer Online-Berichterstattung zu diesem Zeitpunkt schon mehrfach erwähnt und die Aussendung des Landes Salzburg ebenfalls mehrfach verlinkt haben, antworteten wir am 16. März 2016: „Gerne bieten wir Ihnen – wie bei uns üblich – die Gelegenheit, Ihren Standpunkt im BIZEPS-Interview darzulegen. Wir übersenden Ihnen daher folgende Fragen mit der Bitte um schriftliche Beantwortung.“

Unsere Fragen an Landeshauptmann-Stellvertreter Stöckl: 

Konkret stellten wir Landeshauptmann-Stellvertreter Christian Stöckl folgende Fragen:

  • Ihnen liegen die Ergebnisse der Expertenkommission der Volksanwaltschaft nach dem Besuch im Konradinum vor. Wie bewerten Sie die Ergebnisse?
  • Mehrfach hat die Bewohnervertretung (VertretungsNetz) Missstände im Konradinum an das Gericht übermittelt. Es liegen auch Entscheidungen des Gerichts vor. Warum sind diese bisher nicht umgesetzt worden? Bis wann werden diese vom Land Salzburg umgesetzt?
  • Warum betreibt das Land Salzburg dieses Heim?
  • Ist angedacht, das Heim einem privaten Träger zu übertragen?
  • Sie haben angekündigt, das Heim nun neu bauen zu wollen. Obwohl das einige der Probleme beheben könnte, sind doch viele der Missstände ohne baulichen Bezug, wie beispielsweise inadäquate Betreuung, an denen ein Neubau nichts ändern würde.
  • Im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention widerspricht dieses Heim eklatant dem Gedanken des Artikel 19 der Konvention. Welche Maßnahmen (WGs oder ähnliches) würden Sie zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention für die Bewohnerinnen und Bewohner anstreben?
  • Wie erklären Sie sich, dass die Kontrolle des Landes Salzburg bisher diese Missstände nicht erkannt hat? Wie werden Sie Ihre Aufgaben für Menschen mit Behinderung, Bürgerinnen und Bürger Ihres Bundeslandes, im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention konkret wahrnehmen?  Wie sieht die Zusammenarbeit mit Herrn Landesrat Dr. Heinrich Schellhorn konkret aus?

Stöckl möchte nun doch nicht befragt werden

Sehr schnell erhielten wir eine schriftliche Reaktion von Landeshauptmann-Stellvertreter Christian Stöckl.

Statt allerdings auf die Fragen konkret einzugehen, hielt er am 18. März 2016 per Mail plötzlich fest: „Vielen Dank auch für Ihr Schreiben und die direkte Kontaktaufnahme. Da Ihre gestellten Fragen viele – auch politische – Entscheidungen enthalten, die zum gegebenen Zeitpunkt gefällt werden, ersuche ich um Verständnis, dass ich diese zum jetzigen Zeitpunkt nicht kommentieren werde.“ Er kneift vor den Fragen und zieht es vor, doch nicht zu antworten. Weiters verwies er wiederholt auf alte Presseaussendungen.

Wir mailten am gleichen Tag an Landeshauptmann-Stellvertreter Christian Stöckl und drückten unser Bedauern über seinen Rückzieher aus, dass er nun doch keine konkreten Antworten geben will bzw. sich außerstande sieht, Fragen derzeit zu beantworten.

„Der Verweis auf die Aussendungen des Landes ist verständlich, beantwortet aber unsere Fragen nicht. Falls wir da was übersehen haben sollten, bitten wir um konkreten Hinweis, welche Aussage welche Frage konkret beantworten soll“, hielten wir fest. 

Schlussendlich stellten wir im Mail an ihn klar, dass wir noch ein wenig auf diese Hinweise oder Antworten warten und baten ihn nochmals zu überlegen, ob es ihm möglich ist, die Fragen (zumindest teilweise) zu beantworten, weil wir auf jeden Fall darüber berichten werden. Es folgte eine vielsagende Funkstille, die nun schon beinahe 8 Wochen anhält.

Glaubt er wirklich, dass er diesen Skandal einfach durchtauchen kann? Oder glaubt er, dass er in kindlicher Art verstecken spielen kann? Man wird sehen. Wahrscheinlich ist es nicht, da sich der Salzburger Landtag auf Antrag der SPÖ in den nächsten Tagen mit der Causa beschäftigen wird.

 

 

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