„Konserviert für Dr. Gross“

"Der Bericht, den Polizeioberinspektor Fleischhacker an das Gericht schrieb, war knapp." berichtet Profil.

Opfer der NS-Zeit
Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes

Das Nachrichtenmagazin berichtet in der akutellen Ausgabe: Bei der Beschlagnahme von Gehirnpräparaten, so der Beamte, „wurde hinsichtlich des in einem Nebenraum gelagerten konservierten Kinderkopfes gesprochen. Es handelt sich dabei um Hofer Anna, 27. April 1940 geboren, Todesdatum 22. Jänner 1943.“ Bekannt sei, „dass entweder im Totenprotokollbuch oder Obduktionsbuch vermerkt ist: Konserviert für Dr. GROSZ“.

profil hat den früheren NS-Arzt Heinrich Gross bereits im Herbst 1998 auf die Ungeheuerlichkeit angesprochen, warum Opfern der Wiener NS-Tötungsklinik „Am Spiegelgrund“ posthum nicht nur Gehirne entnommen, sondern eines von ihnen enthauptet wurde. Gross antwortete – so berichtet das Nachrichtenmagazin – damals lapidar: „Das war eine Missbildung wahrscheinlich. Ich hab keine Ahnung.“

„Vor einem Jahr ist am Wiener Straflandesgericht nach nur 40 Minuten der Prozess abgebrochen worden, in dem Gross‘ mutmaßliche Beteiligung am neunfachen Mord in der NS-Kinderklinik Am Spiegelgrund geklärt werden sollte“, erinnert Profil und setzt fort: „Seitdem wurde nichts entschieden, der Fall beschäftigt jedoch so viele Gutachter wie nie zuvor. Der Schweizer Psychiater Volker Dittmann bestätigte im Juni die Diagnose des Sachverständigen Reinhard Haller, die Gross zu Prozessbeginn eingeschränkte Aufnahmefähigkeit konstatiert hatte (Kostenpunkt der zwei Gutachten: je rund 50.000 Schilling). Derzeit ist Dittmann mit einer neuerlichen Untersuchung des greisen Gross beauftragt.“

Verdacht ausgeweitet

Auch die Gerichtsmedizin Innsbruck arbeitete an einem zweiten umfangreichen Auftrag des Wiener Gerichts, berichtet Profil. „Eine erste Analyse auf Medikamentenüberdosis war an 47 Leichenteilen durchgeführt worden und in die Anklage eingegangen (Kostenpunkt des Gutachtens: 500.000 Schilling). Da gegen Gross derzeit Voruntersuchung wegen des Verdachts der Beteiligung an weiteren „Euthanasie“-Morden geführt wird, ließ man im vergangenen Herbst Leichenteile von 122 Kindern nach Innsbruck bringen. Jetzt liegt das Ergebnis vor, und damit wird auch die Beschlagnahme der sterblichen Überreste aufgehoben, die nun endlich bestattet werden sollen.“

Ernst Klee, Autor zahlreicher Bücher über NS-„Euthanasie“, sieht laut dem Nachrichtenmagazin beispielsweise in den gerichtsmedizinischen Analysen nur einen Zweck: „Aus meiner Sicht waren das Akte, um Zeit zu gewinnen.“ Kriminologisch seien die aufwändigen Untersuchungen nicht notwendig gewesen. Klee: „In Deutschland gab es NS-‚Euthanasie‘-Verfahren bis Mitte der achtziger Jahre. Aber in keinem forderte das Gericht eine Beweisführung, dass Menschen vergiftet worden sind, denn das ist bekannt.“

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