Darstellung des Lift für das Konzentrationslager Mauthausen

KZ-Gedenkstätte Mauthausen baut Lift und erntet Kritik

In der Gedenkstätte des ehemaligen Konzentrationslagers Mauthausen wurde ein Lift gebaut. Das sorgt für Diskussionen. BIZEPS ist dem nachgegangen und hat nachgefragt.

Konzentrationslager Mauthausen
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Der Falter veröffentlichte am 18. Juli 2018 den Artikel „Sie haben einen Turm gebaut“. In dem Bericht zitiert Falter Redakteurin Nina Horacek verärgerte Personen, die Wochenzeitschrift veröffentlichte Baustellenfotos.

„Die haben uns einen Turm mitten ins Konzentrationslager gepflockt. Das gibt es auf der ganzen Welt nicht“, hält Willi Mernyi, Vorsitzender des Mauthausen Komitees, im Falter Artikel fest.

„Wäre ich als Wissenschaftler gefragt worden, hätte ich sicher Nein zu so einem Bau gesagt, weil es sich um eine unverhältnismäßige Intervention handelt“, schließt sich Betrand Perz, Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirats der KZ-Gedenkstätte, der Kritiken an.

Warum wurde der Lift gebaut?

Der kaufmännische Leiter der Gedenkstätte Jochen Wollner hält dem entgegen: „Der Lift wurde gebaut, nachdem wir über Jahre von Besuchern die Mitteilung erhalten hatten, dass der barrierefreie Umweg so weit ist.“ 

Wurde der Denkmalschutz ignoriert? „Es musste eine Lösung sein, die würdig ist für bewegungseingeschränkte Menschen, gerade an einem Ort der Massenvernichtung“, erklärt der zuständige Denkmalschützer, Bernd Euler-Rolle.

Konzentrationslager Mauthausen
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BIZEPS hat nachgefragt 

BIZEPS ist dem nachgegangen, fragte in der KZ-Gedenkstätte Mauthausen nach und erhielt von Jochen Wollner, dem kaufmännischen Leiter der Gedenkstätte, folgende Antworten:

BIZEPS: Was war der Ausgangspunkt der Überlegungen, diesen Lift zu bauen?

Jochen Wollner: Zum Ersten fühlt sich die Gedenkstätte, als öffentlicher Gedenk- und Lernort, den Grundsätzen der Barrierefreiheit verpflichtet. Der Lift ermöglicht es Menschen mit Einschränkungen jedweder Art, einen ums vielfache kürzeren Weg in die Gedenkstätte zu nehmen und ohne die starke Steigung durch den Denkmalpark bewältigen zu müssen.

Hier haben wir ein deutliches Potential gesehen, die Barrierefreiheit an der Gedenkstätte auszubauen. Zum Zweiten haben uns über Jahre hinweg zahlreiche Kommentare von BesucherInnen erreicht, die eine mangelnde Barrierefreiheit an der Gedenkstätte bemerkten.

BIZEPS: Welche Überlegungen gab es bezüglich sensibler Einbettung in die Gedenkstätte?

Jochen Wollner: Ein sensibler Umgang mit dem Ort und dem Thema steht für uns als Gedenkstätte im Zentrum unserer Arbeit, so auch bei diesem Lift-Bau. Es wurden mehrere Varianten, zusammen mit der Burghauptmannschaft und dem Bundesdenkmalamt, gegeneinander abgewogen.

BIZEPS: Stimmt es, dass der Denkmalschutz keine Einwände hatte?

Jochen Wollner: Die Planung sowie der Bau wurden selbstverständlich mit dem Bundesdenkmalamt abgestimmt. Die jetzige Variante eines freistehenden Liftes greift am wenigsten in die Bausubstanz ein. Das Fundament wurde im Vorfeld archäologisch untersucht und so gewählt, dass es jederzeit wieder rückgebaut werden kann.

BIZEPS: Warum wurden der wissenschaftliche Beirat der KZ-Gedenkstätte und der Präsident des Internationalen Mauthausenkomitees vorab nicht informiert?

Jochen Wollner: Die Burghauptmannschaft Österreich (BHÖ) hat bereits 2016, noch bevor das Gedenkstättengesetz (GStG) in Kraft trat und die Bundesanstalt gründete, den Bau eines Lifts beschlossen. Zum Zeitpunkt als die Entscheidung fiel, gab es also noch keinen wissenschaftlichen und auch keinen internationalen Beirat.

BIZEPS: Wir danken für das Interview.

So wird der Lift nach Fertigstellung aussehen

Darstellung des Lift für das Konzentrationslager Mauthausen
Burghauptmannschaft / DI Helmut Neumayer
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10 Kommentare

  • Dass der Fahrstuhl ein wenig wie „reingepflanzt“ aussieht, ist richtig. Hier gebe ich Axel Kreutzfeldt recht, dass eine Glasummantelung sicher weniger auffällig gewesen wäre. Aber: ein KZ war kein Wohlfühlort und sollte es auch heute nicht sein. Aus diesem Grunde schliesst sich für mich auch aus, dass ein Fahrstuhl, sich dort optisch einfügen muss.

    Und ich bin auch sehr froh, dass er eben nicht – passend zur Architektur – mit Steinen, ähnlich der stehenden Gebäude, verkleidet wurde. Es ist die Architektur der Nazis – eine Architektur der Mörder*innen.

    Auch 250.000-300.000 behinderte Menschen wurden systematisch durch sie getötet. Ich will ganz sicher keinen Fahrstuhl nutzen, der sich um einer zweifelhaften Ästhetik willen dem Geschmack der Täter*innen anpasst.

  • Gratulation an alle Beteiligten, die sich für den Bau des Aufzugs eingesetzt und somit auch im Sinne des BGStG gehandelt haben. Sie setzen damit das richtige Zeichen in einer Zeit der Ignoranz und Rücksichtslosigkeit.
    Der Aufzug ist in seiner klaren Formensprache wirklich als gelungen anzusehen. Er ist schlicht, stellt sich klar als eigenes Element dar und hält dadurch Abstand zu allen Bauwerken in seiner Umgebung. – Meiner Meinung nach wäre es völlig falsch den Aufzugschacht durch eine Steinverkleidung zu „behübschen“.
    Allen Nörglern sei noch gesagt: „Die Hunde bellen, die Karawane zieht weiter“

  • Zu Kreutzfeldt und den anderen Postern, die eine Gestaltung bevorzugen würden, die sich mehr dem vorhandenen Ensemble angleicht: ich meine, dass gerade die jetzt gewählte Form des Lifts besser unterstreicht, dass dies k e i n komfortabler Bestandteil der Anlage war, sondern dass dieser für einen barrierefreien Zugang geschaffen wurde. Man kann also auch argumentieren, dass hier ein bewusster Kontrast zur Marterstätte gesetzt wurde. Aber über Geschmacksfragen lässt sich bekanntlich trefflich streiten.

    Zu der wenig einleuchtenden Position des ÖGBlers Mernyi könnte es hilfreich sein, wenn ihm der ÖGBler und Präsident des Österreichischen Behindertenrats Pichler einmal ein kollegiales Briefing zuteil werden ließe, was Barrierefreiheit und die damit verbundene Gleichstellung von funktionsbeeinträchtigten Menschen bedeuten. Und wieso Perz in dem Lift aus „wissenschaftlichem Gesichtspunkt“ eine „unverhältnismäßige Intervention“ sieht (- was immer das heißen soll), entzieht sich völlig meinem Verständnis. Vielleicht die beleidigte Reaktion eines glücklicherweise Ungefragten? Oder einfach nur Blabla?

  • Wenn man dann noch das ganze mit Mauersteinen (siehe Umfeld) verblendet fällt der Lift überhaupt nicht auf.
    Das schöne an dem Lift ist dann, wieder eine Behinderung weniger für uns.

  • Danke Hr. Kreutzfeldt, Sie haben’s auf den Punkt gebracht.

    Manchmal erscheint mir, dass wenn dann eeendlich ein barrierefreier Zugang gebaut wird, er derartig unsensibel gestaltet wird, dass er einfach abstoßend wirkt und dem Auge weh tut.
    Mir erscheint es auch so beim Theseus-Tempel, wo ich mir etwas Anderes (z.B.)eine leichte Stahlrampe mit Glas) gewünscht hätte.
    Solche Art von Barrierefrei-Nachrüstung sind für zukünftige Wünsche nach derselben fast schon Sabotage zu nennen.

    • Diese Meinung teile ich nicht, da halte ich es eher wie Hannes Wiesinger im obigen Kommentar.

      Bezüglich Theseus-Tempel sehe ich es ähnlich. Man hätte sich auch Beispiele an Antiken Rampen nehmen können.

  • Die Aussenfassade des Lifts sollte man den großen Steinen des Gebäudes anpassen.

  • Zunächst einmal sei zu bemerken, dass Entscheidungsträger, die sich in der heutigen Zeit weigern, Gebäude, die öffentlich zugänglich sind, barrierefrei umzugestalten, offensichtlich nicht das richtige Amt bekleiden.
    Eine temporäre Nutzung eines Rollstuhls würde ihnen wahrscheinlich dabei behilflich sein, ihre Einstellung nochmals zu überdenken.

    Nun aber zu dem konkreten Fall:
    Bei denkmalsgeschützten Anlagen ist die Planung zur barrierefreien Zugänglichkeit und Nutzung äußerst sensibel zu durchdenken.
    Die in der Animation dargestellte, offensichtlich mit Metall verkleidete, Aufzugsanlage zur vertikalen Gebäudeerschließung weist nicht unbedingt eine einfügsame Architektur auf.
    Ein Plattform-Senkrecht-Lift mit einer verglasten Schachtverkleidung wird wahrscheinlich auch den größten Widersacher davon überzeugen, dass der Gesamteindruck der umgebenden Denkmals-Architektur nicht beeinträchtigt wird.

    Hinzu kommen der geringere Platzbedarf und deutlich geringere Erstellungskosten.

    Axel Kreutzfeldt
    architektur ohne barrieren

    Schleusenstraße 25
    24106 Kiel
    0176 / 51 07 22 74
    kreutzfeldt-architekt@gmx.net
    Eine Barriere zu vermeiden kostet in der Planungsphase 10 Euro,
    während der Ausführung 1.000 Euro
    und die Änderung nach der Fertigstellung 10.000 Euro

  • Ich finde es beispielhaft, dass an diesen geschichtsträchtigen Platz auch an Besucher*innen mit körperlichen beeinträchtigungen Rücksicht genommen wird und ein barrierefreier Zugang geschaffen wurde. Vielen Dank an alle Beteiligten!
    Es wird immer Leute geben, die am besten Projekt herumkritisieren müssen, alles Gute madig machen wollen bzw. müssen.
    In diesem Fall noch befremdlicher, da diese Gruppierungen bzw. Komitees bei der Planung und Bewilligung überhaupt noch nicht existierten.
    So nebenbei: Wenn das Bundesdenkmalamt mitgestaltet, ist ein behutsamer Umgang mit der Substanz gewährleistet. Ich bin kein großer Fan vom BDA, da sie oft die unveränderte Erhaltung von Bausubstanz vor der Benutzbarkeit stellen.